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2.2.3 Räumlichkeit und Temporalität in Lernergrammatiken

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Sehen wir uns nun ein paar Grammatiken an, die sich mit Temporalität und Räumlichkeit beschäftigen.

Abbildung 2.8:

Auszug aus Hammer’s German Grammar zu Zeitausdrücken (Durrell & Hammer 2011: 204)

Abbildung 2.9:

Auszug aus Hammer’s German Grammar zu Zeitausdrücken (Durrell & Hammer 2011: 71)

Die Hammer’s German Grammar versucht eigentlich, Sprache in aktuellen, auch umgangssprachlichen Gebrauchskontexten darzustellen. Sie wendet sich dabei an Sprecher des Englischen und geht daher oft explizit oder implizit kontrastiv vor. In diesem Ausschnitt behandelt sie die Verwendung von Zeitausdrücken aus einer implizit anglophonen Perspektive. Die Frage, ob ein Artikel verwendet wird oder nicht, könnte ansonsten auch relativ nachgeordnet sein. Für Lerner mit der L1 Englisch stellt sie aber ein großes Erwerbsproblem dar. Bei der Darstellung der Tempora nimmt die Grammatik – wie oft – direkten Bezug zum Englischen, in der Annahme, dass diese Kenntnis ein Erwerbsvorteil für Sprecher des Englischen sein könnte. Die spezifischen Unterschiede der Sprachsysteme werden ebenfalls in der Hoffnung herausgestellt, damit Transferfehler zu vermeiden. Insofern ist diese Grammatik eine Mischform unterschiedlicher Ansätze: kontrastiv, gebrauchsorientiert, mit authentischem Sprachmaterial arbeitend und auf die Bedürfnisse der Lerner ausgerichtet. Sie ist damit aber gleichzeitig auch eine Grammatik, die sich sehr an den strukturellen Formen der Sprache ausrichtet und die funktionalen Aspekte in den Hintergrund stellt. Auf kognitionslinguistische Prinzipien geht die Grammatik verständlicherweise nicht ein.

Abbildung 2.10:

Darstellung des Tempussystems in Hammer’s German Grammar (Durrell & Hammer 2011: 183)

Abbildung 2.11:

Darstellung des Tempussystems in Grammatik mit Sinn und Verstand (Rug & Tomaszewski 2013: 26)

Abbildung 2.12:

Auszug aus Minigrammatik Deutsch als Fremdsprache (Roche & Webber 2009: 20)

Die beiden Grammatiken verstehen sich als Lernergrammatiken, sind also explizit an den vermeintlichen Progressionen der Lerner ausgerichtet. Diese sind jedoch nicht empirisch ermittelt worden, sondern beziehen sich auf Vereinfachungsstrategien und Plausibilitäten, die sich aus der Lehrerfahrung der Autoren ergeben. In gewisser Weise werden damit spätere Erkenntnisse der kognitiven Linguistik vorweggenommen. Beiden Grammatiken ist gemeinsam, dass sie die Komplexität des Tempussystems, d.h. des Formeninventars, dadurch reduzieren und transparent machen wollen, dass sie zu den kommunikativen Grundlagen des Systems, nämlich dem Ausdruck der Temporalität, zurückkehren. Dabei stellt sich heraus, dass Temporalität unterschiedlich ausgedrückt werden kann: mit gleichen Formen (z.B. Präsens), durch Adverbiale (lexikalisch) oder durch den Kontext. Die Funktionen stehen also im Vordergrund. Gleichzeitig werden aber auch Wege aufgezeigt, wie die Grammatik im Tempussystem differenziert werden kann. Im Bereich der Wechselpräpositionen zeigt die Minigrammatik, dass sie Ansätzen der kognitiven Linguistik verwandt ist, da sie zumindest in diesem Bereich auf Bildschemata zurückgreift, wie sie parallel in der kognitiven Linguistik beschrieben wurden.

Abbildung 2.13:

Auszug aus der Textgrammatik von Weinrich (Weinrich 2005: 184)

Dieser kurze Auszug aus der Textgrammatik illustriert einige Besonderheiten textlinguistischer Ansätze. Zum einen findet Sprache nicht in Silben, Funktionswörtern (wie Artikeln), Wörtern oder Sätzen, sondern immer in Texten statt. Auch wenn diese kurz sind. Hierzu gehört, dass es in der Sprache keine namenlosen Sätze gibt, sondern Sprecher bestimmte Rollen übernehmen: hier deutlich gemacht durch die Sprecherrolle, die Adressatenrolle und die Referenzrolle. In der Tabelle werden dazu die wichtigsten formellen Merkmale zugeordnet. Interessant ist ferner, dass sich diese Textgrammatik im pragmalinguistischen Sinne folgerichtig als Signalgrammatik versteht. Sprecher und Adressat geben sich über sprachliche Symbole Signale zum Austausch ihrer unterschiedlichen Wissensbestände. So wird das Partizip Perfekt zu einer Anweisung an den Adressaten, nach bekannter Information im Vorwissen zu suchen (Rück-Partizip). Wann immer dieses Partizip auftaucht, verweist es also auf vorbekannte oder vorgenannte Information. Auch dieser textlinguistische Ansatz ist in vielerlei Hinsicht ein Vorläufer der kognitiven Grammatik und mit ihr im Unterricht kompatibel. Auch hier stehen die Transparenz, die Funktionalität und die Einfachheit/Plausibilität und Erfahrbarkeit im Vordergrund.

Experiment

Sie sind nun Versuchsleiter und wollen unterschiedliche Lernkonzepte der Zeit- und Raumdarstellung an Ihren Lernern erproben. Formansätze kennen Sie vermutlich schon. Probieren Sie also mal funktionale und textlinguistische Verfahren. Wie gehen Sie vor, was stellen Sie fest?

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