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Kapitel 11

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Einige Stunden zuvor folgten Lord Marzo und die anderen angeheuerten Söldner der Botschafterin Venxarija, die sie in aller Frühe aus den Betten gescheucht hatte. Bleierner Nebel hing schwer zwischen den Bäumen Stahlbruchs, in der grauen Düsternis war das leise Murmeln eines Baches zu hören. Seit endlosen Stunden schon ritten sie durch den ächzenden Wald. Eine Gestalt schälte sich aus dem grauen Zwielicht. Einige der Söldner griffen nach ihren Waffen, der bedrohliche Atem dieses einst so wundervollen Landes hatte sich wie Gift in ihren Geist gefressen. Venxarija hob die Hand und der Zug von Reitern hielt inne. Es war jener junger Mann, den man unter dem Namen Oliver kannte, ein Informant aus den Reihen der Bruderschaft.

„Was hast du zu berichten?” Der junge Mann zuckte zusammen, als die Argos ihn mit schnarrender Stimme ansprach. Niemand konnte ihren Blick auf Dauer standhalten, Venxarija wusste dies, doch sie alle hatten nicht gesehen, was sie gesehen hatte. Oliver blickte auf, seine Augen halb verborgen unter seinem breiten Hut. Ein Lächeln huschte über das jüngliche Gesicht.

„Hallstade meine Dame, nur eine halbe Meile von hier.”

Von einem Augenblick auf den nächsten war ein reißender Wind aufgekommen. Der Nebel lichtete sich und gab den Blick frei auf ein enges Tal. Ärmliche Hütten scharten sich um den Dorfanger, auf dem eine uralte Eiche wuchs, ihre Äste gewunden und kaum ein Blatt, das nicht von den heftigen Herbststürmen fortgerissen worden war. Die Reiter näherten sich, Waffen blitzten hell im Licht der Sonne, die in eben diesem Moment durch die graue Wolkendecke brach.

Eine Menschenmenge hatte sich auf dem Marktplatz Hallstades versammelt, blickte voll Furcht den näher kommenden Gestalten entgegen, ihre Kleider überzogen vom Schmutz harten Tagewerks. Tief hatten sich Verzweiflung und Angst, die in diesen Landen allgegenwärtig war, in ihre Gesichter gegraben. Selbst die Kinder - wie gebrochen von hohem Alter. Die Argosianerin riss die Faust nach oben und die Söldner zügelten ihre Pferde.

„Abgesessen. ”

Venxarijas Stimme, grollend wie der Donner des Krieges hallte durch das Tal. Die schweren Stiefel der Zauberin krachten auf die kalte Erde. Sie trat einen Schritt nach vorn,

„Wer ist der Vorsteher dieses Dorfes?”

Die Bauern starrten zu Boden… Schweigen. „Ich edle Argos, das bin ich.”

Ein alter Mann trat langsam, fast schon zögerlich aus der Menge hervor, sein Haupt bekränzt von dünnem, grauem Haar.

„Ich bin Venxarija, Botschafterin von Argossa, ich reise im Auftrag der großen Seelenhirtin.”

Die Zauberin hielt inne, noch gut einen Schritt war sie entfernt von der erbärmlichen Gestalt des zitternden Greises. Hoch ragte sie über dem gebeugten und gebrochenen Alten, ihr dunkler Umhang flatterte im Wind, ihre Augen kalt wie der Winter des Nordens, die Mimik wie aus Stein gemeißelt.

Unvermittelt entspannten sich ihre Gesichtszüge und sie lächelte den Alten beinahe lieblich an:

„Wo finden wir Hutha werter Mann, wo ist die Seelenhirtin, die vor einigen Tagen hier Halt gemacht hat?” Venxarija drehte ihren Kopf leicht seitwärts und ihr weißes Haar fiel verführerisch wallend über ihre Schultern.

„Bei König Galvan Donnerhall, Ihr seid es ja wirklich und wahrhaftig- Venxarija- die große Zauberin Venxarija, Ihr kommt um Hutha zu geleiten, nicht wahr? Wir haben lange auf Euch gewartet und befürchteten schon das Schlimmste! Eure Argos, sie wartet am Turm von Elfenbach, an der Grenze zum Schwarzalbgebirge auf Euch. “ Der alte Mann schien sichtlich erleichtert in den Durchreisenden Verbündete Donnerhalls auszumachen.

„Wohlan denn, Söldner ! Hier werden wir rasten, der Ort der Zusammenkunft mit der großen Seelenhirtin ist nur noch zwei Tagesmärsche entfernt.“ Behände schwang sich Venxarija von ihrem gesattelten Reittier.

Ein durchdringendes Prickeln lief bei jedem Schritt des Pferdes durch Marzos Körper, doch er ließ sich nicht davon beeindrucken. Unbeirrbar hielt er sich aufrecht und ritt das Tier in schnellem Trab durch die morgendlichen Gassen von Hallstade, vorbei an den staunenden Dorfbewohnern. Feuchtigkeit lag in der Luft und die klamme Kälte kroch unter seine Rüstung. Er hatte entschieden diese schon auf der langen Reise in das Schwarzalbgebirge zu tragen, und er bereute die Entscheidung nicht. Der metallene Panzer erleichterte es ihm, den verwundeten Arm aus dem Kampf mit dem Elfen Tags zuvor ruhig zu halten. Als Marzo daran dachte, durchfuhr ihn ein scharfer Stich von den Fingerspitzen bis in die Schulter und er zuckte unwillkürlich zusammen. Kaina, die neben ihm ritt, warf ihm einen besorgten Blick zu, schwieg aber.

Als die Söldner unter der Führung Venxarijas in die äußeren Bereiche Hallstades kamen, tauchten vereinzelt Leichen am Straßenrand auf. Es gab einfach zu viele Tote in diesen Zeiten der stetig zunehmenden Überfälle der Falschmünzer um alle in einer einzigen Nacht zu verbrennen. Natürlich war auch niemand wirklich begierig auf diese Arbeit und so hatten die Scheiterhaufen laut Kaina in den vergangenen Wochen nicht wirklich lange gebrannt. In den nächsten Wochen würden die Argos Venxarija und die anderen Söldner - was ihn mit einschloss, wie der Lord wenig begeistert feststellte - dafür sorgen müssen, dass man sich um die Toten Hallstades kümmerte, bevor Seuchen und Krankheiten erledigten, woran ihre Feinde, die Falschmünzer gescheitert waren.

Lord Marzo nahm vorsichtig Platz, Kaina hielt sich dicht hinter ihm. Ihr war anzusehen dass sie auf der Hut war. Der Adelige schob dies auf die Gesellschaft, in der sie sich befanden.

Schon bald würden sie weiterziehen.

Die Sonne ging langsam unter, Nebelfetzen hingen zwischen den Bäumen des lichten Waldes um Hallstade, Kälte. Eisige Kälte kroch aus der bitter duftenden Erde hervor. Lord Marzo richtete sich langsam auf, legte seinen Waffen an und ging hinüber zum Feuer, über dem ein Topf aus dunklem Eisen hing. Die schweigsame Elfe Dragunar, die eben noch ihre Hände an den flackernden Flammen gewärmt hatte senkte ihren Blick, grub sich tiefer in ihren Mantel. Marzos Augen schweiften über die anderen Söldner, die in ihre Decken gehüllt um das Feuer herum lagen.

„Weckt die Männer.” Venxarijas beißende Stimme hallte unwirklich laut wieder im dämmernden Wald von Stahlbruch. Während die Söldner einer nach dem anderen aus ihren Träumen gerissen wurden wandte sich Marzo vom Feuer ab. Seine langsamen Schritte führten ihn an den von Dornbüschen und Silberkleegewächsen umsäumten Rand des kleinen Dorfs, wo er reglos stehen blieb.

Leben kam in das Lager der Durchreisenden, er hörte die leisen Stimmen der Männer und Frauen, das Rascheln ihrer Decken, als sie sich auf ihren Lagern aufrichteten. Marzo blickte über die Schulter zurück. Die Söldner erhoben sich von ihren kalten Betten aus Moos, gefallenem Laub und klammen Decken. Einige rieben sich noch den Schlaf aus den Augen, während andere ihre Waffen prüften oder sich dünne Brühe aus dem großen Kessel schöpften. Wieder blickte er hinaus auf die von Tau überzogenen Wiesen, die im Licht der untergehenden Sonne in unwirklichem Glanz erstrahlten. Die Luft war kalt und rein, ein leichter Wind rauschte in den Blättern der Bäume. Angestrengt spähte Marzo in die Ferne, wo sich der düstere Wald eines einst so schönen Landes den erlösenden Strahlen des Mondes entgegen reckte.

Sie alle waren tapfere Männer und Frauen, Veteranen unzähliger, blutiger Kämpfe. Zwar gekaufte Helden allesamt, aber wahrlich die stärksten unter ihnen, unbeugsam in ihrem Glauben. Ein stolzes Lächeln huschte über die Züge Venxarijas. Doch es verblasste und verschwand, als sie das Geräusch sich nähernder Schritte vernahm. Laub raschelte und kleine Äste brachen knackend unter schweren Stiefeln.

„Was seht Ihr Argos?” Es war Lord Marzos Stimme.

„Ich sehe… das Ende einer langen Reise Menschensohn. Das Albengebirge ist der Ort, an dem sich unser aller Schicksal erfüllen wird. So hat es die große Seelenhirtin Hutha von Argossa vorhergesehen.“

Marzos Stimme klang wie das wütende Grollen eines hungrigen Wolfes,

„Die Götter sind mit uns, Venxarija, lasst uns zurück zu den Männern gehen, es wird ein langer Ritt heute.” Mit einem letzten Blick nach Norden wandte er sich der Argos zu. Das Feuer unerschütterlichen Glaubens in ihren Augen erinnerte ihn an seine Lehrmeisterin Norwiga.

„Wir brechen auf.”

Venxarija ließ ihren Blick über die versammelten Söldner schweifen. In Reih und Glied saßen sie auf ihren Rössern, blickten ihr erwartungsvoll entgegen. Nur das Wiehern eines unruhigen Pferdes, ein Schnauben, das Scharren von Hufen durchbrach die unwirkliche Stille.

„Männer und Frauen von Donnerhall, ” ihre Stimme klang harsch im sanften Singen des Windes. “ fürchtet euch nicht, denn die Götter sind mit uns.”

Venxarija riss an den Zügeln ihres reptilienartigen Garudas, der sich prustend der Gewalt der Reiterin beugte.

„Schärft eure Sinne, haltet eure Waffen bereit, denn wir wissen nicht, welche Schrecken uns auf unserer Reise erwarten.” Die Botschafterin ballte ihre Hand zur Faust. “Hutha von Argossa wird uns führen- ihr Weg wird der unsere sein, die Vorsehung der Götter hat uns alle zusammengeführt. Mit unserem Leben werden wir sie schützen, und sollte sich uns etwas in den Weg stellen, wohlan denn edle Krieger... wie Sigurd Stahlbrechers Hammer werden wir fahren zwischen die Feinde der Bruderschaft- und wenn sich auch die Schlünde von tausend Höllen unter unseren Füßen auftun, so werden wir doch kämpfend sterben!”

Auf den Gesichtern der Söldner spiegelte sich jene eiserne Entschlossenheit, die auch Lord Marzos Herz entflammte.

„Heute reiten wir mit Euch Venxarija, für die Seelenhirtin- auf zu Tod, auf zu Verderben. Heute reiten wir durch die Tore der Hölle selbst, doch fürchten wir nicht den Tod, denn wenn wir auf diesem Pfad des Krieges sterben, so erwachen wir zum ewigen Leben.”

Die Faust in den Himmel gereckt riss Marzo sein Pferd herum.

“Für die Bruderschaft, für Donnerhall!!! ”

Lauthals erschallte die Antwort der Söldner.

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