Читать книгу LEGENDEN DER BLUTWÖLFE - ARAVIA - Jörg Ringhoff - Страница 19

Kapitel 12

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Unvernehmbar legte der Mond sein lautloses Schimmern über den Wald von Stahlbruch. Erhaben glänzte sein Schein auf dem Rubinsee und leise strich der Wind aus dem Wolkental mit einem Flüstern durch die Blätter.

Durch das kleine Fenster des Turms von Elfenbach wurde der Körper der Argosianerin Hutha in einen silbernen Schein gehüllt. Wie in Trance verharrte sie mit einem Blick, der wirkte als ob er in die Ewigkeit ging ... sie ließ ihre Hände langsam und kontrolliert über die Sphäre wandern. Obwohl nur ein kleiner Teil ihres Geistes im Hier und Jetzt verweilte, spürte die Seelenhirtin wie sich plötzlich hinter ihr etwas auf sie zu bewegte.

Augenblicklich verschwand der abwesende Blick aus ihrem Gesicht und Ernst und Stärke kehrten zurück Der Körper der Argosianerin füllte sich mit konzentrierter Spannung.

Hutha wirbelte herum.

Vor ihr stand eine Frau, eine Elfe, die sich wie die Seelenhirtin einen Mantel um die Schultern geschlungen hatte. Nur war ihrer nicht dunkelblau sondern tief rot, mit schwarzen, verschnörkelten Verzierungen. Hutha wusste, dass der Umhang den Körper den Elfe, der ebenso spärlich bekleidet war wie ihr eigener, vor neugierigen Blicken schützte.

Als ihr Blick dem Antlitz ihres Gegenübers gewahr wurde und das schneeweißes Haar, die makellose Haut und entschlossene jadegrüne Augen zeigte, wusste Hutha wer ihr unangekündigter Gast war.

„Sylvannah von Vineta… Eure Legende eilt Euch voraus Schwester!“

Die Elfe lächelte und trat einen Schritt vor.

„Hutha von Argossa, zu lange hat uns das Schicksal nicht zusammengeführt. Ich bin mir Eurer Bestimmung bewusst Seelenhirtin, und die Zeit ist gekommen, dass sich unsere Pfade und Berufungen abermals überschneiden. Es müssen einige Dinge geschehen, die wichtig für unsere Völker sind ... wichtig für Aravia … Überlebenswichtig."

Hutha schaute nachdenklich. Nur kurz zeigte sich Sorge und Bedauern auf ihrem Gesicht. Sie wusste was die Zukunft bringen würde, welche Beschwernisse und welcher Kummer vor ihnen lagen.

„Ihr redet von den Prophezeiungen Sylvannah?"

„Ich weiß, was Ihr Euch fragt, doch kann und darf ich mein Wissen nicht preisgeben Schwester- noch nicht. Niemals greifen die Götter direkt in das Leben der Sterblichen ein, jedoch schenkte mir Vineta die Bürde sehen zu können was andere nicht sehen können. Wir beide wissen um den Grund dieses göttlichen Eingreifens- und es liegt in unserer Hand die Vorsehung wahr werden zu lassen und unser Schicksal zu erfüllen.

„Wie kann ich Euch helfen Elfe?“

Sylvannah trat wortlos an Hutha vorbei und blickte aus dem Turmfenster. Nach einer gefühlten Ewigkeit der Stille erklang ihre Stimme,

„Unter Euren Söldnern befinden sich machtvolle Wesen edle Hutha... einst sandte ich meinen Rat- Legenden der vergangenen Epochen- Sirene die Demütige, Duana die Magische und Norwiga die Heilige in die irdische Welt Aravias, die mächtigsten und stärksten Lebewesen unter ihnen zu finden, auszubilden und zu führen... Sie vorzubereiten auf die alles entscheidende Schlacht. Seelenhirtin, der Tag der Zusammenkunft ist nicht mehr fern. Ein Bollwerk zu gründen... gegen die Gefahr... für die Hoffnung aller Völker. "

Die Argosianerin trat neben sie. Eine Weile standen die beiden Frauen stumm nebeneinander und beobachteten das Spiel des Lichtes auf den Wellen und lauschten dem Wind und dem heulen eines Wolfs. Sie wussten es würde für lange Zeit der letzte friedliche Augenblick sein und es war fraglich, ob ein solcher jemals wieder kommen würde.

Die Dämmerung brach über den Tag herein und Hutha war froh, diesen bald hinter sich zu lassen. Das untätige Warten war für die Argosianerin kaum zu ertragen, was in Anbetracht der grimmigen Lage die noch in ihr steckende Hoffnung aufzufressen begann. Durch die kühle Stille des abendlichen Zwielichts hörte sie am Fuße des Turms vereinzeltes Hufgetrappel und wusste- Venxarija war eingetroffen. Sie warf ihren Umhang über ihre Schultern und schritt zügig die Treppen nach unten. Im Eingangsbogen des Turmes stand in einer selbstsicheren und fast frechen Haltung, besagte Venxarija und wartete auf sie.

Neugierig betrachtete Hutha deren Gesicht, während sie sich auf den Eingang zubewegte. Venxarija war schon seit geraumer Zeit ihre Schülerin und vieles musste nicht mehr ausgesprochen werden. Verwundert suchte sie nach einer Erklärung im entspannten Anblick Venxarijas. Mit einem spöttischen Grinsen blickte ihr diese geradewegs in die Augen und neckte sie damit wegen ihres sorgenvollen Gesichtsausdrucks.

Irgendetwas war nicht wie es schien.

Ohne sich weiter dem unausgesprochenen Spott Venxarijas auszusetzen, schritt Hutha unter dem Torbogen hindurch und hinaus in die abendliche Stille. Nur zehn Kämpfer waren am Turm angekommen und hatten sich sofort daran gemacht, sich um ihre Pferde und ihr Gepäck zu kümmern, was wenigstens für Disziplin und Professionalität sprach.

Zehn.

Nur Zehn.

Was war hier los?

Um die Neuankömmlinge wenigstens angemessen zu begrüßen schritt Hutha auf sie zu und bemerkte zuerst die abgenutzten Waffengriffe - ein Zeichen, dass diese Waffen nicht zur Zierde getragen wurden.

Bei allen Propheten Argossas!

Jetzt erkannte sie die Anwesenden. Die rauen, aber entspannten Gesichter waren ihr, obwohl sie noch keinen der Kämpfer persönlich getroffen hatte, wohl bekannt.

Der breitschultrige Flammenbart, mehr breit als hoch nickte ihr formlos aber respektvoll zu, während er mühelos drei Satteltaschen schulterte, die ihre stärksten Wachen nicht hätten tragen können. Kaina und die rothaarige Spruchwirkerin Dantine begannen sofort mit magischen Ritualen das Gelände um Elfenbachs Turm zu sichern. Eisenwolf nahm derweil einen kräftigen Schluck aus seiner Feldflasche und hielt diese stumm der Elfe Dragunar entgegen. "Ushna-dara-diab.", entgegnete die hochgewachsene Elfe während sich Eralin, der Dryade Gnarf, ein argosianischer Bogenschütze und die vermummte Amazone Negmah daran machten, den Proviant zu verladen.

Alle diese Namen waren wohlbekannt- berüchtigt würde vielleicht besser passen.

Ein großer, schwarzhaariger Krieger bewegte sich, trotz seiner schweren Rüstung, leicht und ungezwungen auf sie zu, salutierte höflich und bot ihr danach seine Hand an, wobei er ein schalkhaftes Grinsen zeigte.

„Lord Marzo“ sagte Hutha, sowohl als Zeichen ihn zu erkennen, als Begrüßung und als Versicherung sich selbst gegenüber, dass tatsächlich er es war. Sie schüttelte achtungsvoll seine Hand.

Sie wollte eine Armee, nein- vielmehr hätte die Argosianerin eine Armee gebraucht.

Ein weiteres Mal ließ sie ihren Blick über die Gruppe gleiten.

Zum ersten Mal seit Tagen zeigte sich ein zuversichtliches Lächeln auf ihrem Gesicht.

Sie hatte etwas Besseres bekommen.

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