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Mysterium

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Da riss ein Gedanke Jero aus seiner Starre. Er wähnte eine Bedrohung, schnappte sich den Gürtel mit dem Schwert und hängte ihn sich um. Dann kletterte er auf sein Segelschiff und hangelte sich von der Steuerbordseite an einem der vom Schiffsrumpf herabhängenden Seile hinunter zum Boden der graue Ebene. Dort angekommen, hob er die Scheide auf und zog das mattgrau und blankpoliert erscheinende Stahlschwert aus ihr heraus. Dabei sah er in die Richtung des Turmes mit dem Spitzdach, der der höchste war und Sanctuarium hieß. In der rechten das mit eckigen und runden Elementen ornamental verzierte Schwert haltend und mit der linken voraus spürend, schlich Jero nahe der Burgmauer zum Zentrum seines Blicks. Dieses erreicht, folgte er der Rundung des schmaleren Turms, tat dies jedoch langsam und mit Bedacht, denn auf der anderen Seite lagerte und lauerte das Unbekannte, das seinen Hort zu bedrohen schien. Kurz hielt der Ritter inne, umfasste bewusster und fester das schwere Stahlschwert, atmete einmal durch und überwand dann die letzte Distanz.

Vor ihm befand sich sein Burgtor in dunklem Frieden und er tat einige Schritte, schaute dann suchend umher. Jero hielt erneut inne, denn die Angreifer wähnte er nun in der Burg. Er stürmte los, bangte um seinen Hort. Mit schlagbereitem und auf Schulterhöhe erhobenem Schwert stand er vor dem Tor seiner Burg und schaute in die Dunkelheit des Hofs. Sein Blick flog umher, suchte nach der Bedrohung. Der Ritter war verwirrt, er sah niemanden, und hier gab es auch keinen grünen Lichtschein. Der nächste Gedanke ließ Jero zum Sturmfried eilen, den er leer und unberührt vorfand, und ebenso verhielt es sich mit dem Sanctuarium, das einst der Glockenturm einer Kirche gewesen sein soll.

Kriegswirren und umherstreunende Landsknechte hatten den Ort geplündert und in Flammen aufgehen lassen - so munkelten die Leute. Später hatte ein Unbekannter die Burg gebaut, und nach einer weiteren Zeit war Jero gekommen, hatte sie verlassen vorgefunden und war in das Schutzgemäuer eingezogen.

Den dritten Turm, der der kleine Turm genannt wurde, bedachte er nur mit einem flüchtigen Blick, denn zu ihm gab es keinen Zugang. Schon oft hatte er versucht, in ihn hinein zu gelangen und hatte keinerlei Tür, zu enge Schießscharten und ein äußerst stabiles Mauerwerk vorgefunden.

Einmal war er an einem Seil an der Außenwand hochgeklettert und auf das mit einer Zinnenmauer bewehrte und ebene Dach des kleinen Turms gelangt. Eine Luke mit einem Deckel aus Eichenholz hatte der Ritter vorgefunden, der sich nicht bewegen ließ - gleich, mit welcher Kraft und Anstrengung Jero an dem daran angebrachten Eisenring zog. Ein plötzlich aufgekommenes Gewitter hatte ihn vom kleinen Turm vertrieben und ihn Schutz im Sturmfried suchen lassen. Seitdem war der kleine Turm mit seinem Geheimnis in Vergessenheit geraten.

Nun stand der Ritter in dem Hof seiner Burg, starrte auf das offene Burgtor, senkte allmählich das schwere Schwert.

Dann ging er nochmals zum Tor, trat hindurch und spähte hinaus. Dort war alles friedlich. Der Ritter entdeckte in der weiten Ebene keinerlei Bewegung, und der kühle Abendwind strich Jero durch sein schwarzes Haar. Da roch er den sanften Wind und genoss mit geschlossenen Augen dessen Würze.

Blitzschnell öffnete er sie wieder, wähnte er doch einen Schatten auf ihn zu kommen. Doch die Landschaft vor ihm war unverändert, und mit seinem Schwert in der Hand strich er einmal um seine Burg herum.

Für diese Nacht schloss er das Burgtor, schob dessen Flügel zusammen und hob den schweren Riegel in die Halterungen aus Eisen. Dann kehrte er zurück zum Sturmfried, entledigte sich seines Schwertgürtels und legte sich auf seine Schlafstätte auf dem Quaderring. Das Stroh unter ihm knisterte, und in dieser Nacht trank er kein Bier, denn in ihm gärte anderes.

Der gelbe Himmel und die graue Ebene

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