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V.

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Ich nahm den letzten Schluck Kaffee zu mir und schaute auf die Uhr. Es wurde Zeit ins Büro zu gehen. Christine würde mir sowieso wegen gestern die Hölle heiß machen, da machte es keinen Sinn hier noch länger herumzusitzen und an vergangene Zeiten zu denken.

Rasch räumte ich einige Sachen in den Kühlschrank. Ach, was hatte Bernd sich doch für Mühe gegeben! An sich ja ein feiner Kerl. Und war alles letztendlich nicht mein Fehler gewesen?

Ich schüttelte die Gedanken ab, zog mir etwas über und stiefelte die alte, knarrende Treppe herunter. Dieses Haus hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Wie bisher jeden Arbeitstag im letzten halben Jahr, ging ich nicht direkt in mein Büro, das neben der Haustür lag, sondern überquerte erst einmal die Straße. Dort stellte ich mich vis-à-vis meinem Büro auf und betrachtete die beiden Schaufenster links und rechts des Einganges. Das hatten wir wirklich gut hinbekommen: früher war hier ein kleines, heruntergekommenes Café gewesen; nun prangten große, goldene Buchstaben auf den Scheiben: ‚Detektei Jon Lärpers’. Und auf der anderen Scheibe: ‚Hier wird ihnen geholfen’. Ärgerlich, dass ich beim Kleben der Buchstaben das ‚h’ von ‚ihnen’ irgendwie beschädigte. Das sah jetzt so aus wie ‚innen’. ‚Hier wird innen geholfen’. Na, passte ja auch irgendwie.

Seufzend betrat ich den Laden. Eine kleine Glocke schlug an und kündigte mein - oder das eines Kunden - Eintreten an. Ein neuer Arbeitstag begann.

Das Büro war nicht besonders groß, aber es reichte für meine momentanen Bedürfnisse. Später einmal, wenn die Geschäfte besser liefen, würde ich mir natürlich eine ganze Etage mieten. Zahlreiche Angestellte dürften für mich arbeiten und ...

Links saß Christine hinter ihrem Schreibtisch und sah mich erwartungsvoll, aber irgendwie auch böse an. Rechts wartete mein Schreibtisch auf mich. Leer. Der Schreibtisch des Chefs muss immer rechts im Büro stehen. Da sieht man sofort, wer hier das Sagen hat. Da sind die Kompetenzen fest abgesteckt. Auch wenn der Schreibtisch noch so leer ist.

Ständig lag Christine mir in den Ohren, ich sollte wenigstens einen Computer darauf stellen. Vielleicht einen Laptop. Aber das brauchte ich nicht. Dafür hatte ich ja sie!

„Guten Morgen, Chrissi.“ - „Morgen Chef“, grollte meine Sekretärin. „Einen schönen guten Dienstagmorgen.“ Dabei betonte sie ‚Dienstag’ in einer Art, als wenn ich nicht wüsste, welchen Tag wir heute hätten. „Bequemt sich der Herr Tequila - König endlich auch einmal wieder in sein Büro?“

„Also, Chrissi, mir ging es gestern wirklich sehr, sehr schlecht.“ Schwer ließ ich mich in meinen Chefsessel fallen. „Hier war doch vermutlich sowieso nichts los? Sag’ mir nicht, dass sich ein Kunde zu uns verirrt hat.“

Christine nickte ernst. „Genau das war gestern der Fall, Chef. Eine junge Dame mit echten Sorgen. Und hübsch war sie auch noch.“

Verdammt. Und ich musste mit einem dicken Kopf im Bett liegen. Wochen - ach, was sag ich - monatelang nichts. Und dann ausgerechnet an dem Tag, an dem ich einmal ‚krank’ bin. „Was wollte sie denn?“ - „Uns einen Auftrag erteilen.“ Christine ließ mich zappeln. „Ja, aber worum ging es?“ - „Weiß ich nicht.“ Bei mir schienen sich wieder Kopfschmerzen einzustellen. Wenn Christine sauer war, ließ sie mich das immer direkt spüren. Und das bei diesem Mädchen, das doch sonst immer so gute Laune hatte!

„Wie, weiß ich nicht?“ - „Sie wollte nur mit dir darüber reden. ‚Es geht um Leben und Tod’“, sagte sie. Und dass sie nur mit dem Chef sprechen wollte. „Hätte ich sie zum Tequila - König ans Krankenbett schicken sollen?“

„Also, Chrissi, jetzt hör mal“, redete ich beschwichtigend auf sie ein, „das war immerhin meine Geburtstagsfeier. Man wird schließlich nur einmal dreißig.“ - „Was aber kein Grund ist, sich dermaßen zu besaufen und dann auch noch einen fremden Mann anzujammern, dass der ihn nach Hause bringt. Petra ist anschließend mit Albert abgezogen.“

Petra? Hmm, vermutlich die blonde Schönheit. „Mit Albert, dem Schwabbel?“ - „Albert war wenigstens nicht so betrunken wie du. Und im Übrigen ist er ein sehr sensibler und höflicher Mensch. Was man von dir ja kaum behaupten kann!“

Petra? Ob ich sie noch einmal wiedersehen könnte? Dass die Hübsche mit Albert Pöting abgezogen war, bedeutete ja eigentlich noch nichts. Vielleicht sollte ich noch eine Nachfeier arrangieren. Im kleinen Kreis? ‚Nein’, entschied ich, als mir mein gestriges Aufwachen wieder in den Sinn kam. Dann vielleicht als ‚Cognac - König’ wieder neben einem Bernd aufwachen? Ich schüttelte mich.

Christine, die mich wie immer eingehend beobachtete, entging das nicht. „Jonathan, du machst so ein Gesicht. Was war gestern los?“ - „Ni.. nichts!“ - Jonathan!“ Warum nur nannte mich alle Welt ‚Jonathan’? ‚Jon’, ‚Jon’ und nicht Jonathan! „Es war wirklich fast nichts.“ Ein breites Grinsen stahl sich über ihr Gesicht. „Nun mal heraus mit der Sprache Euer Tequila - Durchlaucht. Was war nun? Etwa ..., nein ..., etwa du und der Fremde?“

Ich spürte, wie ich rot wurde. Ich und rot. Eigentlich wurde ich sonst niemals rot. Und wieso erriet Christine immer direkt alles? Konnte sie meine Gedanken lesen? War es überhaupt möglich, vor ihr ein Geheimnis zu wahren?

„Also, ja eigentlich, also. Hmm. Ich kann mich an nichts erinnern.“ - „Du ... du bist mit dem Fremden im Bett gelandet?“ - „Bernd.“ - „Bernd?“ - „Ja, sein Name ist Bernd.“ Christine fing an schallend zu lachen. „Jonathan Lärpers landet mit einem Mann im Bett! Wow, das hätte ich ja wirklich nicht von dir gedacht. Was der Womanizer so alles anstellt, nach einigen Tequilas!“

„Chrissi, tu mir einen Gefallen: lass uns die ganze Sache vergessen und sprich bitte mit niemandem darüber.“ Mir fiel selbst auf, dass mein Ton bittend, ja eher flehend war.

„Okay, du ‚Manizer’. Ich kann schweigen.“ Leise kichernd wandte sie sich ihrem Computer zu.

„Und was war nun gestern mit der Frau?“ Christine sah auf. „Die hat eine Rufnummer hinterlassen, unter der du sie ab sechzehn Uhr anrufen sollst.“ Sie hielt einen kleinen Zettel in der Hand. Seufzend wuchtete ich mich auf. Wieso musste ich immer aufstehen, wenn ich etwas haben wollte? War sie nun die Sekretärin, oder wer? „Und Jonathan?“ - „Was ‚und’?“ - „Nun, was sagt man, Jonathan?“ Ach so, dass meinte sie. „Danke, Chrissi.“ - „Na siehst du, geht doch.“

Nachdenklich schaute ich auf den kleinen Zettel. Das würde mein zweiter Fall werden. Wenn es klappt. Nun ging es endlich aufwärts. Behaglich lehnte ich mich in meinem Chefsessel zurück und ging in Gedanken noch einmal meinen ersten Fall durch.

Kokain - Hotel

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