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Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages

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Voller Zorn über die Uneinsichtigkeit und teilweise Borniertheit der Siegermächte schrieb Keynes in den vier Monaten nach seinem Ausscheiden das Buch „Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrags“ (1919/1920).

Keynes verband seine Analyse mit einer ziemlich drastischen Kritik an den führenden Vertretern der damaligen Siegermächte, insbesondere an Georges ClemenceauClemenceau und an dem US-amerikanischen Präsidenten Woodrow WilsonWilson Das Buch hatte einen immensen Erfolg und machte Keynes mit einem Schlag weltweit berühmt. Schon im Laufe des Jahres 1920 wurde es in 10 Sprachen übersetzt (darunter ins Russische und ins Chinesische); bis 1922 wurden insgesamt 140.000 Exemplare verkauft. Keynes machte sich zugleich bei vielen politisch Verantwortlichen sehr unbeliebt, besonders in FrankreichFrankreich und den USAUSA.

Die deutsche Übersetzung ist eine um ca. ein Viertel gekürzte Fassung. Sie erschien 1920 mit dem Titel „Die wirtschaftlichen Folgen des Friedenvertrags“ im Verlag Duncker & Humblot. 2006 ist sie unter dem Titel „Krieg und Frieden. Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrages von Versailles“ mit einer neuen längeren Einleitung vom Verlag Berenberg (Berlin) erneut veröffentlicht worden.

Die grundsätzliche Einstellung von Keynes zum Friedensvertrag wird aus folgender Passage deutlich: „Durch krankhafte Täuschung und rücksichtsloses Selbstbewußtsein getrieben, stürzte das deutsche Volk die Fundamente, auf denen wir alle lebten und bauten. Aber die Wortführer des französischen und des britischen Volkes haben das Wagnis unternommen, den Umsturz zu vollenden, den DeutschlandDeutschland begann, durch einen Frieden, dessen Verwirklichung das empfindliche, verwickelte, durch den Krieg bereits erschütterte und zerrissene System, auf Grund dessen allein die europäischen Völker arbeiten und leben können, noch weiter zerstören muß, statt es wiederherzustellen.“ (1919/2006, S. 39)

Zur Fundierung seiner Kritik versucht Keynes unter Heranziehung aller Informationen über die Produktion wichtiger Rohstoffe (insbesondere Kohle) und Produkte sowie über den Außenhandel abzuschätzen, welche ReparationsleistungenReparationsleistungen DeutschlandDeutschland maximal erbringen kann. Er unterstreicht, dass Deutschland auf Dauer nur Reparationsleistungen erbringen kann, wenn es entsprechende Überschüsse in der Leistungsbilanz erwirtschaftet, wenn ihm das Ausland mithin genügend hohe Exporte ermöglicht, indem es seine Märkte für deutsche Waren öffnet. Auf solche Überlegungen nimmt der Friedensvertrag von Versailles keine Rücksicht. Stattdessen legten es seine Vorschriften darauf an, Deutschlands Wirtschaft am Boden zu halten – was auch die Prosperität der europäischen Siegermächte beeinträchtigen und die Quelle von Hungersnot und politischer Unruhe sein werde.

Drei Jahre später veröffentlicht Keynes einen Folgeband (Revision of the Treaty, 1922). In diesem Band, von Keynes selbst als Folgeband zu den „Economic Consequences of the Peace“ bezeichnet, konzentriert sich Keynes auf die Entwicklung der Reparationsfrage in den zwei Jahren nach dem Friedensvertrag von Versailles, dessen Bestimmungen er 1919 so heftig kritisiert hatte. Keynes berichtet, dass die ungeklärte Reparationsfrage nach wie vor die politische und ökonomische Situation in Europa belaste, zumal es für DeutschlandDeutschland unmöglich sei, die ursprünglich geforderten Zahlungen zu leisten. Er macht weitreichende Vorschläge, die zu einer drastischen Reduktion der Reparationsforderungen geführt hätten, verbunden mit einem Verzicht der USAUSA und Großbritanniens auf Rückzahlung ihrer im Krieg gewährten Kredite an ihre Verbündeten (USA vor allem an GroßbritannienGroßbritannien, dieses wiederum vor allem an FrankreichFrankreich). Erfolg hatten diese Vorschläge leider nicht.

Daher äußerte sich Keynes weiterhin zur Reparationsfrage und insbesondere zu der Frage, wie und mit welchen Konsequenzen die in deutscher Währung an die Reparationsagenten der Siegermächte geleisteten Zahlungen in Devisen transferiert werden können. Seine Auseinandersetzung mit Bertil Ohlin ist in Band. 11 der Collected Writings nachzulesen und seine sonstigen Artikel, Memoranden und Briefe dazu füllen den Band. 18.

Erst 1931 in der WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise, als es ökonomisch und vor allem politisch zu spät war, wird auf der Konferenz von Lausanne ein Ende der Reparationszahlungen vereinbart.

Keynes nutzte auch in anderen Bereichen sein hohes Renommee, um die öffentliche Meinung und die Entscheidungen der Träger der Wirtschaftspolitik zu beeinflussen. Zu diesem Zweck schrieb er nicht nur zahlreiche Beiträge und Leserbriefe an die führenden Zeitungen, sondern kaufte 1923 zusammen mit Gleichgesinnten die Wochenzeitung „The Nation and AthenaeumNation and Athenäum“, deren Leitung er übernahm und für die er regelmäßig Beiträge schrieb. Zwei Themenkomplexe standen dabei neben der Reparationsfrage im Vordergrund: Zum einen seine Forderung, die Währungspolitik solle zu einem stabilen Preisniveau beitragen; zum anderen die pragmatische Neuausrichtung der liberalen Partei. Diese hatte sich Ende 1918 gespalten, was ihren Niedergang einleitete. Nachdem sie nach den Wahlen 1922 stark geschwächt in die Opposition gehen musste, wurde eine Erneuerung ihres Programms sehr dringlich.

John Maynard Keynes

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