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Verschweinskopfung
Оглавление4. März 2002, kurz vor 5.45 Uhr. Ein deutscher Journalist schreibt seine »erste Feldpost«. Franz Josef Wagner. Sie erscheint einen Tag später. In der Bild-Zeitung.
»Lieber kämpfender deutscher Soldat«, beginnt die »Post von Wagner«, »es liegt mir am Herzen, Ihnen heute zu schreiben.« Und das rapportiert Wagner: »Bei uns daheim im großen und ganzen alles o. k. Boris hat eine Neue, eine US-Perserin, heißt Patrice Farameh. Würdet ihr auch nicht aus dem Schlafsack stoßen. Die Bayern holen auf, unglaublich, nur noch drei Punkte hinter Leverkusen. Ja, und gestern. Die Zeitungen voll mit Formel 1. Ralf Schumacher krachte beim Start mit Barrichello zusammen und flog siebzig Meter mit seinem BMW durch die Luft ...«
Dann, nach exakt der Hälfte – Peripetie! »Plapper’ ich euch zuviel? Ja, ich plapper’ zuviel, weil ich mich darum drücke, über das Töten zu schreiben. Die pazifistischen Grünen und die verlogenen Friedens-PDSler schreien jetzt auf. Ja, ich wünsche euch, daß ihr den Gegner tötet, bevor er euch tötet.«
Nun ist der Rubikon überschritten. Die Post geht ab, es geht ihm einer ab. Jetzt, noch jenseits der Landser- und der Jünger-Prosa, geht alles. Die Presse wird, dem 5. März sei Dank, nie mehr sein, was sie mal war. Mit Franz Josef Wagners Epistel an die deutschen Sondersoldaten begann eine neue Epoche. Dergestalt:
»Über das US-Verteidigungsministerium, nicht über das deutsche, erfuhren wir, daß ihr, Soldaten der deutschen Elite-Einheit KSK, in den Bergen Afghanistans einen Mann-gegen-Mann-Krieg führt. Wenn es Nacht ist, ist euer Gesicht geschwärzt. Tagsüber ist euer Kampfanzug weiß wie Schnee. Ich stammle euch aus der Heimat: Habt Glück, paßt auf, schießt schneller. Herzlichst – Ihr F. J. Wagner«.
F. J. Straußens Verdikt über die »Schweinepresse« greift zu kurz; gleichfalls das – auf die angebliche Linke gemünzte – Gerhard Stoltenbergsche über die »Kampfpresse«. Mit FJW und seiner vollkommenen Verschweinskopfung, mit jener hochgradigsten Obszönität ist nicht mehr zu Rande zu kommen. Wir sind durchs Ziel.
Wie bekannt, sagte ein tschechischer Ministerpräsident vor nicht allzu langer Zeit: »Journalisten sind Dummköpfe, Dreck und Fäkalien.«