Читать книгу Skalp-Killer - J.S. Ranket - Страница 10
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ОглавлениеMitten in der Nacht wurde Ashley aus dem Schlaf gerissen. Das hieß, sie flog mindestens einen Meter durch die Luft, bevor sie mit dem Bauch auf der Matratze landete. Adams war blitzschnell über ihr und drückte sein Knie in ihren Rücken, sodass ihr sämtliche Luft aus der Lunge gepresst wurde. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass sie das wohl gründlich verkackt hatte. Jetzt konnte sie nur noch ein Wunder retten. Verzweifelt versuchte sie, an ihre provisorische Waffe zu kommen, doch der Druck auf ihre Wirbelsäule war einfach zu stark.
„Es ist soweit, Süße“, keuchte Adams. Dann packte er ihre blonde Mähne und zog ihr den Kopf in den Nacken.
Ashley beobachte mit Schrecken den ungleichen Kampf, der vom Schein der Solarleuchte als makaberes Schattenspiel an die Wand geworfen wurde. Sie schrie und strampelte wie ein kleines Mädchen, das als Strafe ein paar kräftige Klapse auf den Hintern bekam. Aber das nützte ihr auch nichts mehr, denn auf der felsigen Leinwand hielt ihr Entführer bereits ein riesiges Messer in der Hand.
Doch plötzlich bekam sie den Rand der Matratze zu fassen. Ihre Finger fraßen sich in den groben Stoff, bis sie die unterste Naht erreichten. Wenn sie jetzt mit ihrem Daumen, das Ding nach oben drückte, könnte sie sich mit den anderen vier den Knochen angeln.
Sie achtete nicht auf den Schmerz, der sich wie eine glühende Nadel in ihr Schädeldach bohrte. Aber das seltsame Geräusch, das sich so anhörte, als würde jemand mit einem Schraubenzieher über einen Stein kratzen, trieb ihr den Schweiß aus allen Poren. Noch bevor der blutige Strom ihre Augen erreichte, schloss sich ihre Hand um die scharfe Waffe und jagte einen Wimpernschlag später ihrem Peiniger entgegen.
Augenblicklich ließ der Druck nach.
Adams brüllte wie ein angeschossenes Tier, während er gegen die Felswand taumelte. Aus seiner rechten Schulter ragte der Knochen wie eine bizarre Antenne, mit deren Hilfe der Teufel das Scheusal fernsteuerte.
Doch Ashley blieb keine Zeit, um ihren Sieg zu genießen. Sie riss mit aller Kraft an ihren Fesseln, bis die Fäden nachgaben, und trat dann voller Panik die Kette einfach herunter. Dabei flog ihr Sneaker in hohem Bogen davon. Aber zum Glück in Richtung Ausgang. Denn wenn er bei ihrem Entführer gelandet wäre, dann hätte sie sich lieber barfuß aus dem Staub gemacht, als sich dem tobenden Ungeheuer auch nur einen Schritt zu nähern.
Eine Sekunde später stolperte sie aus der Höhle.
Offenbar hatte auch der Himmel ein Einsehen, denn ein perfekter Vollmond tauchte die kargen Felsen in ein gespenstisches Licht. So konnte sich Ashley zumindest ein wenig orientieren. Sie widerstand der Versuchung, bergauf zu flüchten. Schon immer hatte sie sich köstlich darüber amüsiert, wenn bei Verfolgungen alle ständig in den Häusern nach oben rannten. Schließlich waren ja nur die wenigsten Spider-Man. Außerdem gab es im Tal meist eine Straße, einen Fluss oder etwas anderes, wo sie auf Menschen stoßen konnte.
Ohne lange darüber nachzudenken, rutschte sie eine kurze Geröllhalde hinab. Denn einen richtigen Weg, der zu der Höhle führte, konnte sie nicht entdecken. Als sie unten angekommen war, hastete sie weiter. Dabei hätte sie das Quad, das unter einem niedrigen Felsvorsprung stand, fast nicht bemerkt. Doch der euphorische Aufschrei verwandelte sich sehr schnell in Tränen der Verzweiflung, weil sie die Schlüssel nicht finden konnte. Wahrscheinlich hatte sie Adams für den Fall der Fälle an sich genommen. Alles andere wäre ja auch zu schön gewesen. Aber jetzt wusste sie zumindest, dass sie dort vor ihm sicher war, wo das Ding nicht hinkam.
Bei ihrer weiteren Flucht ins Tal hielt sich Ashley soweit wie möglich in den bleichen Schatten. Nur wenn es sich überhaupt nicht vermeiden ließ, sprintete sie über ein kurzes Stück freie Fläche. Erst nachdem sie genügend Abstand zwischen sich und den Killer gebracht hatte, ließ sie sich mit jagendem Puls hinter einem Felsbrocken in eine flache Kuhle sinken.
Für Adams kam die Attacke seines Opfers aus völlig heiterem Himmel. Deshalb war es auch weniger der Schmerz, der ihn aufschreien ließ, als die Überraschung. Er knallte mit dem Rücken gegen die Wand und während er versuchte, den Knochen aus seiner Schulter zu ziehen, befreite sich seine Gefangene wie von Zauberhand von ihren Fesseln und verschwand in der Dunkelheit.
Aber allzu weit würde sie ohnehin nicht kommen. Spätestens zwei Stunden nach Sonnenaufgang würde sie merken, dass sich die Gegend in genau die lebensfeindliche Mondlandschaft verwandelte, vor der er sie gewarnt hatte. Und aus der es kein Entrinnen gab. Es sei denn, man hatte einen effektiven Sonnenschutz und ausreichend Wasser dabei. Aber so panisch wie seine Geisel aus der Höhle geflüchtet war, hatte sie bestimmt keinen Tropfen des kostbaren Nass’ mitgenommen.
Schließlich schaffte es Adams, sich Ashleys Waffe aus der Schulter zu ziehen. Offensichtlich war nichts Wichtiges verletzt, aber er blutete trotzdem wie ein Schwein. Er torkelte zu seiner Notfallausrüstung, die hier draußen unerlässlich war, und kippte den Inhalt des Verbandskastens auf den Boden. Hastig riss er mit den Zähnen ein unscheinbares Päckchen auf und streute den Inhalt auf die Wunde. Das Granulat war vom Militär entwickelt worden und stoppte lebensbedrohlich Blutungen in wenigen Augenblicken. Schließlich konnten verwundete Soldaten nicht einfach während eines Gefechts operiert werden. Dann verband er notdürftig seine Verletzung, warf sich eine großzügige Dosis Oxycodon ein und öffnete die längliche Stahlkiste, in der er sein Remington M24 aufbewahrte.
Doch bevor die Jagd beginnen konnte, musste er auf genügend Büchsenlicht warten. Auch wenn die helle Scheibe des Mondes die Berge in eine gespenstige Horrorkulisse verwandelte, musste seine Beute nur irgendwo im fahlen Schatten sitzen, um unsichtbar zu werden. Selbst wenn sie ohne Umwege in die richtige Richtung lief, würde ihr spätestens am Mittag die Sonne die letzten Kräfte aus dem Körper gesogen haben. Aber bis dahin hatte er ihr hoffentlich schon einen Fangschuss verpasst. Dazu musste er sich nur an den immer flacher werdenden Berghängen auf die Lauer legen. Und natürlich hoffen, dass zu diesem Zeitpunkt kein Wagen auf dem einsamen Highway im Tal vorbeikam. Sollte jemand den Knall hören, dann wurde man sehr schnell selbst zur Zielscheibe. Im Gegensatz zu den liberalen Großstädtern waren die Leute vom Land meist konservative Waffennarren, die nicht selten Sturmgewehre mit sich herumschleppten. Natürlich ließen sie keine Gelegenheit aus, um herumzuballern. Schon gar nicht, wenn es darum ging, einer jungen Frau beizustehen.
Aber soweit durfte es nicht kommen.
Auch wenn er ein Allerweltsgesicht besaß und überhaupt nicht Adams hieß, wollte er auf Nummer sicher gehen. Sollte es die Kleine doch bis zu den Bullen schaffen, so war es trotzdem ziemlich unwahrscheinlich, dass dabei etwas Verwertbares herauskam. Mit Sicherheit passte sein Phantombild auf ein Drittel der männlichen Bevölkerung Nevadas.
Und mit seinem Versteck verhielt es sich genauso.
An dem gut getarnten Eingang konnten dutzende Suchmannschaften vorbeirennen, ohne dass jemandem etwas auffiel. Außerdem war dort der Untergrund sehr felsig, sodass selbst sein Quad keine Spuren hinterließ.
Ashley hatte sich vorgenommen, konsequent nach Osten zu laufen. In diese Richtung fiel das Gelände allmählich ab und im Tal war die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass sie auf Menschen traf.
Wenn sie der Perverse nicht vorher erwischte.
Genau aus diesem Grund setzte auch für einige Augenblicke ihr Herzschlag aus, als sie die Motorengeräusche hörte. Ashley sah sich schon, wie sie mit gefesselten Händen und Füßen hinter dem Quad zurückgeschleift wurde. Oder wie er sie mit dem dämlichen Viehtreiber traktierte, während sich die Stacheln des gemeinen Knebels in ihren Gaumen bohrten. Gegen solche Szenarien halfen selbst die rationalsten Gedanken nichts. Denn Adams müsste ihr ja parktisch mit dem Scheinwerfer ins Gesicht leuchten, um sie zu sehen.
Und das war in ihrem Versteck schon ziemlich unwahrscheinlich.
Trotzdem schlang Ashley ihre Arme so fest um die Knie, dass ihre Gelenke schmerzten. Aber erst als der Presslufthammer in ihrem Schädel immer lauter dröhnte, wurde ihr bewusst, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Zum Glück entfernte sich das Geräusch langsam in Richtung Norden.
Bis es schließlich völlig verstummte.