Читать книгу Die Schlächterin - J.S. Ranket - Страница 5
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Оглавление„So so, aus Deutschland sind Sie also“, stellte Capitan Rodriguez nach einem Blick in die Pässe fest.
Die beiden jungen Frauen zitterten immer noch am ganzen Körper. Und das lag keinesfalls an der Klimaanlage, die vergeblich versuchte, die Hitze aus dem Vernehmungszimmer zu vertreiben. In dem Blick unter den buschigen Augenbrauen des Capitans spiegelte sich eine Mischung aus Sorge und Skepsis. Alle Augenzeugen des Attentates waren auf das Polizeipräsidium gebracht worden, aber aus den Berichten ließ sich nichts Vernünftiges herausfiltern. Entweder hatten die Zeugen wirklich nichts gesehen oder sie schwiegen aus Angst. Einzig bei den beiden deutschen Frauen bestand etwas Hoffnung. Sie waren aus San Diego zu einem Tagesausflug nach Mexiko gekommen und würden in wenigen Tagen wieder in Deutschland sein. Zu weit weg für den Zugriff der Drogenkartelle.
„Ich habe die Aussage eines Zeugen“, fuhr Capitan Rodriguez fort, „und der hat zu Protokoll gegeben, dass Sie während der Schießerei mit ihrem Handy gefilmt haben.“
„Ja, … äh … irgendwie habe ich dieses Schlagen mit den Süßigkeiten gefilmt, wissen Sie“, antwortete Anna, die ältere der beiden Touristinnen, in einem entschuldigenden Tonfall. „Da war eine Party oder so. Aber dann ist mir mein Smartphone aus der Hand gefallen und irgendwie ist jetzt nichts mehr drauf.“ Mit fahrigen Bewegungen strich sie sich ihr schulterlanges schwarzes Haar in den Nacken und lächelte verlegen.
„Dürfte ich ihr Telefon vielleicht einmal sehen“, fragte Rodriguez, während er fordernd seine Hand ausstreckte.
„Natürlich, bitte sehr“, sagte sie und reichte es zitternd dem Capitan.
Der gab es an seinen Assistenten weiter, der mit dem Gerät sofort aus dem Zimmer verschwand.
Im Stillen dankte Mary ihrer Freundin Anna. Sie hatte geistesgegenwärtig die Speicherkarte in dem Telefon gegen eine leere Ersatzkarte getauscht, nachdem der Schock nachgelassen hatte und sie neben den anderen Passanten auf der Straße kauerten.
„Scheiße, Scheiße, verfickte Scheiße!“, fluchte sie dabei. „In was für einen Mist sind wir hier hineingeraten. Wenn die Bullen mitkriegen, dass wir das gefilmt haben, dann sind wir Zeugen. Und weißt du was mit Zeugen hier in Mexiko passiert?“
Mary schüttelte immer noch wie in Trance den Kopf.
„Wir tauchen nie wieder auf! Wir werden vergewaltigt und nachdem sie uns bei lebendigem Leib die Haut abgezogen haben, lösen sie uns in Säure auf!“
Mary übergab sich und kippte auf den Bürgersteig.
Anna wusste wovon sie sprach. Sie studierte Medizin, genau wie Mary, und hatte sich jedoch während des Studiums für die Pathologie entschieden. Und ein Teil dieser Ausbildung bestand in Forensik. Sie war bei einem Seminar, in dem es um Morde aus dem Bereich des organisierten Verbrechens ging, als einzige Frau nicht aus der Vorlesung gerannt. Selbst einige männliche Kommilitonen stürzten fluchtartig in Richtung Toilette, als die Präsentation gestochen scharfe Bilder von den abartigsten Sachen zeigten, zu dem diese Leute im Stande waren. Entweder um Informationen zu erhalten oder um ihre Feinde zu bestrafen.
Sie hatte sich geschworen, sollte sie einmal in eine solche, zum damaligen Zeitpunkt völlig abwegige Situation geraten, würde sie sich lieber selbst umbringen, als sich von ein paar Irren zu Tode foltern zu lassen. Und jetzt steckten sie hier in Mexiko in dieser verfickten Situation. Aber vielleicht kamen sie ja mit heiler Haut aus der Sache heraus.
„Ich muss mich wirklich bei Ihnen entschuldigen, Señoritas“, bemerkte Capitan Rodriguez. „Mexiko ist so ein schönes Land, die Menschen sind freundlich und …“, sagte er indem er auf die sonnenüberflutete Straße deutete, „… schauen sie sich nur dieses Wetter an.“ „Aber wie überall gibt es natürlich auch hier Schattenseiten.“ „Und dass Sie in eine solche Situation gekommen sind, tut mir sehr leid“, schob er mit einem zerknitterten Gesicht nach, als hätte er selbst auf Garcia geschossen. „Da sie uns bei den Ermittlungen leider auch nicht weiterhelfen können, steht ihrer Heimreise nichts mehr im Weg. Sollte sich noch irgendetwas ergeben, dann stellen wir an die deutschen Behörden ein Amtshilfeersuchen und Sie werden dann von ihrer örtlichen Polizei informiert. Wir werden Sie auf jeden Fall bis zur Grenze begleiten und dort übernehmen unsere amerikanischen Kollegen. Und hier ist ihr Smartphone zurück. Es wurde wirklich nichts aufgezeichnet.“
Nachdem die beiden Frauen immer noch sichtlich aufgelöst das Polizeipräsidium verlassen hatten öffnete sich die Tür zum Nachbarzimmer.
„Und?“
„Auf dem Gerät war nichts“, sagte Rodriguez, „aber ich habe den Eindruck, dass die beiden uns nicht alles erzählt haben.“
„Okay, ich kümmere mich darum.“