Читать книгу Die Schlächterin - J.S. Ranket - Страница 6
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Оглавление„Also Sie sollten sich wirklich in eine professionelle Behandlung begeben“, sagte Sergeant Milena Gomez von der US Border Patrol zu Anna und Mary. „Ihnen als angehenden Ärztinnen wird der Begriff Posttraumatisches Belastungssyndrom sicher bekannt sein. Wenn Sie möchten kann ich auch noch für heute Abend etwas organisieren, schließlich fliegen Sie morgen zurück nach Hause und bei diesem Krankheitsbild weiß man ja nie, wann es einen erwischt. Aber spätestens wenn Sie zurück in Deutschland sind sollten Sie Hilfe in Anspruch nehmen. Sie tun sich selbst den größten Gefallen damit.“
Der Streifenwagen stoppte vor dem Eingang ihres Hotels im Gaslamp-Quater von San Diego und die kräftige Latina öffnete die Hecktür des Wagens, an die Anna eben noch vergeblich gedrückt hatte.
„Sicherheitsvorschriften“, grinste sie, „wir sind ja kein Taxi für böse Jungs und lassen sie an der nächsten Ampel einfach aussteigen.“
Anna und Mary lächelten ebenfalls. Das tat gut und zum ersten Mal seit dem Attentat wirkten sie etwas entspannt.
„Wenn noch irgendetwas seien sollte, dann scheuen Sie sich nicht, mich anzurufen“, verabschiedete sich Sergeant Gomez und gab den beiden ihre Visitenkarte, „und gute Heimreise.“
„Danke, das war sehr freundlich von Ihnen“, erwiderte Mary und steckte die Karte in ihre Jackentasche. „Wenn wir Ihre Hilfe brauchen, rufen wir Sie an. Versprochen!“
Die beiden Frauen betraten das Foyer.
„Also was mich betrifft, muss ich erst einmal an die Bar“, stellte Mary fest. „Es wird schon dunkel und das bedeutet, Zeit für was Starkes.“ Sie stieß dabei Anna aufmunternd in die Seite und zog sie in Richtung der leisen Lounge-Musik.
„Selbst wenn es jetzt früh um sieben wäre, müsste ich nach der Aktion einen kippen“, entgegnete Anna und machte eine Handbewegung, als ob sie sich die Stirn abwischen wollte. „Doch vorher geh ich mal für kleine Medizinstudentinnen. Bestell für mich mit, aber nichts unter vierzig Prozent.“
Während Mary unter dem leisen Klacken ihrer Schuhe auf die Bar zusteuerte, ging Anna in Richtung der Toiletten. Auf Höhe der Internetterminals zögerte sie kurz und setzte sich schließlich vor einen im Standby-Modus laufenden Computer. Sie fuhr mit einer Hand in ihre Umhängetasche und suchte nach dem Riss im Futter. Mit zitternden Händen zog sie die Speicherkarte ihres Smartphones hervor und steckte sie in den SD-Slot des Rechners. Es dauerte nicht allzu lange bis er hochgefahren war. Dann loggte sie sich in ihre Cloud ein und eine Minute später verschwand die Kopie einer Videodatei mit dem Mord an einem der mächtigsten Drogenbosse Lateinamerikas in den Weiten des World Wide Web.
Nach einigen Drinks konnten sich die beiden jungen Frauen endlich von der Bar losreißen.
„Der Barkeeper war doch echt süß“, kicherte Mary, während sie zu den Aufzügen gingen. „Wie der uns angesehen hat. Ob der wohl einen Dreier mitmachen würde?“
„Kerle machen immer einen Dreier mit“, kommentierte Anna, „Hauptsache die Kombination stimmt.“
„Kombination …?“, kicherte Mary weiter.
„Na, Frau-Mann-Frau“, erklärte Anna genervt ihrer leicht angetrunkenen Freundin. „Umgedreht klappt das bei denen nicht. Ist so ein Konkurrenzding. Die gucken sich immer gegenseitig auf die Schwänze und sind ständig am vergleichen, da läuft dann gar nix.“
„Da spricht wohl jemand aus Erfahrung …“, erwiderte Mary und fuhr mit dem Finger zart über Annas gebräunten Oberarm. „Bei uns würde es ja dann gerade passen. Ich geh mal zurück und frag ihn. Wir machen ihn mit einer kleinen Lesbennummer heiß und dann krieg ich seinen Schwanz und du die Zunge.“
Zum Beweis ihrer Absicht legte sie Anna ihre Arme um den Hals und küsste sie heftig auf den Mund.
„Du bist so ein kleines Miststück“, gab Anna gespielt entrüstet zurück und schob Mary von sich, weil sich in diesem Moment der Lift mit einem dezenten Gong ankündigte.
Im vierzehnten Stock angekommen bogen sie in Richtung ihres Zimmers ab. Der flauschige Teppichboden dämpfte angenehm alle Geräusche und verlieh selbst diesem einfachen Flur etwas Luxuriöses.
„Jetzt eine heiße Dusche, dann noch etwas aus der Minibar und in vierundzwanzig Stunden sind wir in der Luft“, stellte Mary immer noch leicht betrunken fest. Sie öffnete mit ihrer Keycard die Tür und ließ ihre Freundin mit einer großzügigen Handbewegung eintreten.
Anna schaltete die Beleuchtung ein und nahm im selben Moment einen etwas seltsamen Duft wahr, der leicht wie ein Hauch im Raum lag. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Sie überlegte kurz und dann fiel ihr es ein. Sie kannte ihn vom Studium, aus einem Seminar über Narkoseformen. Ja genau, es roch nach … nach …? Plötzlich begann ihr Herz wie wild in der Brust zu hämmern.
Dann verlor sie das Bewusstsein.