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Nr. 4.

211 Queen Anne's Gate, S.W.

6. Februar 1902.

Sehr geehrter Mr. Stanton,

der versprochene Vertrag ist noch nicht eingetroffen, ebenso wenig Ihr Fotograf; aber ich habe bereits eine erste Auswahl für ihn getroffen und denke, Sie werden darin so viele unterschiedliche Varianten finden, wie Sie sie gerne haben wollten. Dreißig farbige und siebzig monochrome Illustrationen dürften ausreichen, um die schönsten Stücke meiner Sammlung darzustellen und ausreichend repräsentativ zu sein, wenn auch natürlich nicht umfassend. Ich besitze 375 Stücke, und darunter gibt es keine Doppelten! Zehn Gruppen, darunter die tanzenden Hunde für den Halbtitel, sechs Häuschen, sechs einzelne Figuren und die restlichen Tierchen werden durch den Prozess, den Sie mir beschrieben haben, sicher hervorragend aussehen. Ich schlage vor, dass wir die großen, sogenannten klassischen Exemplare in Monochrom abbilden; sie sind etwas grober gefertigt als die anderen, und das Schwarz oder Braun wird zwar ihre Konturen etwas verwischen, aber dennoch nichts von ihrer Interessantheit wegnehmen. Julia, Lady Tweeddale, hat ein Exemplar, von dem ich mir nie ein Duplikat sichern konnte, ebenso Mr. Montague Guest. Halten Sie es für ratsam, diese Personen um Erlaubnis zu bitten, ihre Stücke fotografieren zu dürfen, oder wäre es besser, nur meine eigene Sammlung zu verwenden und so das ganze Werk sehr persönlich zu halten?

Unser kurzes Gespräch hat mir das Gefühl gegeben, dass ich Sie jederzeit um Hilfe bitten kann, wenn ich bei der Vorbereitung eines für mich so neuen Werkes auf Schwierigkeiten stoßen sollte. Sie waren sehr freundlich zu mir. Ich könnte mir denken, dass ich Ihnen nervös und unsicher erschien, was meine Vorgehensweise anbetrifft. Ich fühlte mich in Ihrem großen Büro wie ein vor Aufregung zitternder Anfänger. Ich habe noch nie zuvor mit einem Verleger gesprochen, da ich meine Romane bisher immer postalisch zugesandt habe – und auf diesem Weg kamen sie auch zurück! Ich hatte bisher eine falsche Vorstellung von Verlegern, die auf – nein, ich sollte Ihnen nicht verraten, worauf diese beruhte. Obwohl, warum nicht? Vielleicht erkennen Sie ja jemand Bekannten darin. Eine kleine, dickbäuchige Person, jüdisch oder deutsch, mit Husten und gerade zu fließen beginnender Schniefnase, die viele Sprachen schlecht und anscheinend alle auf einmal spricht; über die Maßen beeindruckt von sich selbst, über Turgenjew dozierend und aussehend wie Abimelech. Warum gerade Abimelech, weiß ich auch nicht; aber das ist der Held, an den er mich erinnert. Ich traf ihn auf einem literarischen Gartenfest, zu dem ich eingeladen wurde, nachdem "Die Unmoralischen" so positiv rezensiert worden war. Die Party wurde von einer Dame gegeben, die jeden wie keine andere zu kennen schien, und dabei die schärfste, zweischneidige Zunge hatte, die ich je gehört habe. Sie erzählte mir, Mr. Rosenstein sei nicht nur ein Verleger, sondern auch ein unverbesserlicher Herzensbrecher. Merkwürdigerweise sah er überhaupt nicht so aus, aber nachdem ich ihm vorgestellt worden war und ein kurzes Gespräch mit ihm geführt hatte, wurde ich doch skeptisch und neigte mehr und mehr dazu, ihr Glauben zu schenken.

Aber jetzt bin ich von meinem Thema abgekommen – Ihrer Freundlichkeit und meiner Nervosität. Ich werde versuchen, Ihrem Scharfsinn Ehre zu erweisen. Sie sagten, Sie seien sich sicher, dass alles, was ich unternähme, von Erfolg gekrönt würde! Ich frage mich, ob Sie damit recht haben werden, und ob mein Staffordshire-Buch Ihre These bestätigen wird? Ich werde versuchen, es so interessant wie möglich und so technisch wie gerade erforderlich zu gestalten! Aber meine Pläne dafür ändern sich ständig. In meinem ersten Entwurf war ein einleitendes Kapitel über Tonerde vorgesehen, mittlerweile würde ich stattdessen lieber die Familiengeschichte von einem halben Dutzend Töpfern erzählen. Ich beginne, von den Geschichten der Figuren zu träumen: der Mann und die Frau mit der knappen Taille, die mit ihrem Obst- und Gemüsekorb auf den Markt gehen; der Geistliche, der den Zehnten einsammelt – ein schelmischer Bösewicht, der seinen Gemeindemitgliedern gerne in die Taschen greift. Lieber Mr. Stanton, was wird passieren, wenn sich herausstellen sollte, dass ich gar keine Monographien schreiben kann, sondern doch nur eine Romanschriftstellerin bin? Sie sagten, ich könne darauf vertrauen, dass Sie als Herausgeber meine ganzen literarischen Entgleisungen korrigieren werden. Aber was, wenn der gesamte Text nur aus Entgleisungen bestehen sollte? Steht etwas darüber in unserem Vertrag? Ich möchte Geld verdienen, aber nicht auf Ihre Kosten. Ich bin furchtbar nervös. Ich fürchte, dass ich Ihnen statt eines Buches über die Töpferkunst in Staffordshire einen Bildband mit Kurzgeschichten abliefern werde, der für fünf Guineen verkauft werden muss! Welch ein Aufschrei in der Presse! Man hat mich bereits als "wertvoll" bezeichnet, aber dann wird man mich eher als "anmaßend" titulieren – die "Großspurige", ohne den entsprechend großen Kopf dahinter! Werden Sie mir wirklich helfen und mich beraten? Ich hatte noch nie weniger Selbstvertrauen als gerade jetzt.

Mit freundlichen Grüßen,

Margaret Capel.

Zwielicht

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