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KAPITEL IV

In dieser Nacht – genau in der Nacht, nachdem Ella gegangen war – stellte ich meine langsam zurückkehrende Kraft auf die Probe. Benham gab mir mein Kodein und achtete darauf, dass ich mit allem, was ich für die Nacht brauchen könnte, gut versorgt war – Limonade, Glyzerin-Halstabletten, eine zweite Gabe Kodein und die elektrische Klingel auf dem Tisch zu meiner Seite. Diese Klingel hatte man installiert, nachdem die Nachtschwester gegangen war, und sie läutete in Benhams Schlafzimmer. Nachdem sie gegangen war, wartete ich eine Viertelstunde, da sie die Angewohnheit hatte, gerne zurückzukommen, um zu sehen, ob ich etwas vergessen hatte, oder um mir zu zeigen, wie dicht und üppig ihr Haar ohne ihre Uniformhaube war. Eigentlich hätte ich mich wie ein Verbrecher fühlen müssen, als ich mich aus dem Bett stahl. Aber dem war nicht so, eher fühlte ich mich wie eine Kranke, noch dazu wie eine sehr schwache Kranke. Es waren nur ein paar Schritte vom Bett zur Kommode, aber ich gelangte ohne Missgeschick dorthin; als ich mich im Bett befand, fiel mir siedend heiß ein, dass die Siegel noch immer ungebrochen und die Kordel immer noch fest verschnürt war. Auf dem Frisiertisch lag eine Nagelschere. Obwohl mich mein erster Ausflug erschöpft hatte, gelang es mir dennoch, sie zu holen. Aber dann war ich so erschöpft, dass ich eine Viertelstunde warten musste, bevor ich die Schere benutzen konnte. Erst dann wurde meine Neugierde belohnt. Ein paar Briefe, insgesamt nicht mehr als fünfzehn oder sechzehn, ein gebundenes Tagebuch, in das ich einen flüchtigen Blick warf, und ein halbes Dutzend Seiten Manuskriptpapier mit Notizen oder versuchsweise geschriebenen Kapitelüberschriften: "Zwischen dem Nisi und dem Absoluten" und "Verleger und Sünder" standen über zwei der Seiten. "Die Geschichte einer unglücklichen Frau" lautete eine dritte Überschrift. Die Notizen waren alle in der ersten Person verfasst worden, ein untrügliches Zeichen für die Verfasserin Margaret Capel.

So klein diese Ausbeute auch war, es schien mir unmöglich, in einer Nacht alles durcharbeiten zu können. Ebenso wenig war ich in der Lage, noch einmal aus dem Bett aufstehen zu können. Die Papiere mussten dort bleiben, wo sie waren, nämlich unter meinem Kopfkissen. Ich hoffte, dass ich am Morgen stark genug sein würde, um mich jeder Diskussion zu stellen und Benhams Verärgerung ertragen zu können.

Ich war aufgestanden, weil ich mich dazu entschieden hatte. Das war alles, was es dazu zu sagen gab. Entweder musste sie fortan mit meinen Gewohnheiten zurecht kommen, oder ich mit einer anderen Krankenschwester.

Die Briefe wurden durch ein Gummiband zusammengehalten; da die Umschläge fehlten, konnte ich erkennen, dass sie beschriftet und nummeriert worden waren. Margarets Briefe waren auf hellviolettem, linierten Papier verfasst worden, wohl etwas Ausländisches. Ihre Handschrift, sehr männlich und eckig, war nicht sehr gut lesbar. Sie punktierte selten ein "i" oder kreuzte ein "t", verwendete das griechische "e" und viele Ellipsen. Gabriels Buchstaben waren so leicht zu lesen, als seien sie gedruckt worden. Deswegen war es etwas schade, dass ihre Briefe so viel länger waren als seine. Aber als ich einmal angefangen hatte zu lesen, fiel es mir tatsächlich sehr schwer aufzuhören, und ich hätte es auch nicht getan, wenn ich meine Augen offenhalten oder verhindern hätte können, dass meine Aufmerksamkeit ständig abschweifte. Ich werde sie hier genauso aufführen, wie ich sie an jenem Abend gelesen habe:

Nr. 1.

211 Queen Anne's Gate, S.W.

29. Januar 1902.

An die Herren Stanton & Co.

Sehr geehrte Damen und Herren,

würden Sie ein von mir verfasstes Buch über die Töpferkunst in Staffordshire veröffentlichen? Was mir vorschwebt, ist eine limitierte Luxusedition, farbig illustriert und hochpreisig. Ich darf sagen, dass ich eine Sammlung besitze, die ich für einzigartig, wenn nicht gar für vollständig halte, und auf die ich weitgehend zurückgreifen würde. Natürlich müsste die Angelegenheit sowohl aus Ihrer als auch aus meiner Sicht diskutiert werden. Ich möchte Sie hier lediglich fragen, ob Sie generell offen dafür sind.

Mein Name, oder besser gesagt, mein Pseudonym, ist Ihnen wahrscheinlich nicht unbekannt.

Die Kritiker haben meine Romane bisher sehr gelobt, und ich sehe keinen Grund, warum sie es bei einer Monographie über ein Thema, das ich sehr gut beherrsche, nicht tun sollten. Obwohl sie es mir vielleicht nur schwerlich verzeihen werden, denn die Rezensionen dürften überwiegend von weniger gut informierten Kritikern stammen.

Mit freundlichen Grüßen,

Margaret Capel ("Simon Dare").

Autorin von "Die Unmoralischen", "Die Liebe und der Lautenspieler" usw.

Zwielicht

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