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8.
Kapitel

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Zwei Tage später bat Marie Stavros ihr am Nachmittag das Motorrad zu leihen, damit sie zum Visitors‘ Centre nach Plateia Troodous fahren konnte.

Sie wollte herausfinden, warum das Projekt bedroht war. Vielleicht waren die Kollegen im Nationalparkhaus besser informiert. Es gefiel ihr überhaupt nicht, wenn sie nicht Bescheid wusste. Bei ihr zuhause erkundigte sie sich so lange, bis sie verstand, was los war, und das konnte sie hier auch tun.

Über die kurvigen Straßen fuhr sie an Platres vorbei bis zum Besucherzentrum. Sie wunderte sich über die zahlreichen Baustellentoiletten, die vor dem Eingang standen. Noch befremdlicher erschienen ihr zwei nagelneue Tennisplätze und eine riesige Baugrube neben einem Spielplatz. Ein Bagger schachtete diese immer tiefer aus. Bauarbeiter walzten den Boden neben der Grube und mischten Beton.

Marie durchschritt die beiden Türen zum Besucherzentrum. Drinnen hörte man den Baulärm nicht. Hinter der Theke saß ein Kollege mit dunkelblonden, gelockten Haaren und blaugrünen Augen, der sie freundlich begrüßte, als sie sich als Praktikantin vorstellte.

Zuerst empfahl er ihr den Film über die Entstehung des Gebirges. Er begleitete sie in den Kinosaal und stellte ihr die DVD an. Sie lauschte aufmerksam den erdgeschichtlichen Informationen und ließ dann die Bilder der Pflanzen- und Tierwelt auf sich wirken.

Im Anschluss daran kam der Kollege hinter dem Tresen hervor und erklärte an einem riesigen dreidimensionalen Modell, wo die Wanderwege verliefen. Er drückte einzelne Tasten und kleine Lämpchen zeigten den Verlauf der Wege.

Zum Schluss fragte sie:

»Was wird eigentlich hier draußen direkt vor dem Besucherzentrum gebaut? Das scheint ja eine Großbaustelle zu werden.«

Er kratzte sich verlegen seine blonden Locken.

»Eigentlich müsste ich dir jede Frage zum Nationalpark beantworten können, aber darüber habe ich keine Information. Letzte Woche kamen die Arbeiter, sie sprechen kaum Englisch, geschweige denn Griechisch ... Ich glaube, sie erneuern den Spielplatz.«

Marie schaute ihn skeptisch an, seine Theorie überzeugte sie nicht wirklich.

»Mach dir keine Gedanken, wir hatten hier noch nie wirkliche Probleme. Wenn es Schwierigkeiten gab, haben die sich meist nach ein paar Wochen von selbst geklärt.«

Als neue Besucher kamen, ließ er sie alleine den letzten Teil der Ausstellung besuchen, in der ausgestopfte Tiere, Pflanzen, Fotos und Schautafeln den Lebensraum Troodos veranschaulichten. Marie hatte das Gefühl, erst jetzt zu verstehen, wo sie eigentlich war. Sie begab sich nach draußen zum botanischen Lehrpfad hinter dem Zentrum.

Auf wenigen hundert Metern wuchsen rechts und links eine Vielzahl von typischen Pflanzen, und zahlreiche Gesteinsproben waren zu sehen.

Marie blieb vor einer zwei Meter großen Zeder stehen, holte ihre Kamera heraus und begann zu fotografieren. Zuerst die Zeder und dann eine hohe Schwarzkiefer im Hintergrund. Sie atmete die klare würzige Bergluft ein und betrachtete den hellblauen Himmel. Das tat so gut!

Auf einmal merkte sie, dass sich etwas in ihrer Umgebung veränderte. Sie wandte den Kopf nach hinten.

Der Kollege aus dem Besucherzentrum stand hinter ihr.

»Einfach überwältigend, diese Zedern, oder?«

»So viele auf einmal habe ich noch nie gesehen.«

»Ich habe jetzt Feierabend, lass uns doch in einem Café am Dorfplatz etwas trinken! Ich bin übrigens Gregorios.«

»Sehr gerne«, stimmte Marie ihm zu. Sie konnte ein wenig freundliche Gesellschaft gebrauchen.

***

Vom Café aus bewunderte sie die Häuser aus massiven grauen Steinen, die die Hauptstraße säumten.

»Genau in diesen Häusern haben britische Beamte gearbeitet. Als die Briten die Regierung Zyperns übernahmen, haben sie die Verwaltung der Insel in den heißen Sommermonaten ins Troodos Gebirge verlegt. Der Gouverneur hatte hier sogar einen eigenen Tennisplatz.« Gregorios schmunzelte und erklärte dann: »Mein Vater kommt aus England, daher weiß ich das. – Fühlst du dich wohl im Forsthaus?«

»Ja, schon. Das Forsthaus ist toll, auch der Garten und die Terrasse.« Marie biss sich auf die Lippen und schluckte. Dann lächelte sie tapfer. »Ich bin noch dabei, mich einzugewöhnen.«

Wie konnte es sein, dass er so nette Sachen sagte und Alexandros sie ständig provozierte? Vielleicht könnte sie tauschen.

»Ist im Besucherzentrum noch ein Platz frei?«

Gregorios schüttelte den Kopf.

»Wir arbeiten hier nur zu zweit. Ich beantworte die Fragen der Touristen und meine Kollegin verkauft Postkarten und Bücher.«

Während sie zurück zum Motorrad gingen, drangen Geräusche einer Motorsäge an ihr Ohr. Zwei riesige Zedern fielen krachend vor dem Besucherzentrum zu Boden.

Gregorios hielt kurz in seiner Bewegung inne und rannte dann los, Marie lief hinterher, bis sie zum Rand der Baugrube kamen. Gregorios hatte noch den Anstecker mit seinem Namen und dem Aufdruck des Forest Departments an seiner Weste. Er packte den Arbeiter mit der Säge am Kragen und brüllte:

»Was ist hier los?«

»Die waren im Weg, für den Pool«, erklärte der Arbeiter in gebrochenem Englisch. »Wenn das Hotel fertig ist, fällt das nicht mehr auf.«

»Hotel? Welches Hotel?« Gregorius fasste sich mit beiden Händen an die Schläfen und atmete tief aus. »Tut mir leid, Marie, ich muss telefonieren.«

Wut stieg in ihr hoch, ihre Wangen glühten. Am liebsten hätte sie sich die Kettensäge gepackt und wäre auf die Bauarbeiter losgegangen.

Sie trat zu den Baumriesen, die gefällt am Boden lagen, und legte die Hand auf die zerklüftete Rinde. Durch den Baumumfang und die Jahresringe konnte sie abschätzen, dass die Bäume mindestens sechzig Jahre alt sein mussten. Sie wandte den Blick ab, konnte die prächtigen Nadelbäume nicht am Boden liegen sehen.

Wehe, wenn sie noch einen Bauarbeiter sähe, der einem Baum zu Leibe rückte. Doch die Arbeiter waren verschwunden. In diesem Nationalpark sollte kein weiterer Baum gefällt werden. Dafür würde sie sorgen.

Sehnsucht nach Zypern

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