Читать книгу Die Soldatenkönigin - Julien Junker - Страница 22

Оглавление

Thoul

Ich rannte durch den Hangar. Elnarat hatte Recht, es war brenzlig. Und wie es das war. Diesmal würde es knapp werden. Ohne den Plan, der sich bereits in meinem Kopf geformt hatte, hätte ich mich wohl nicht einfach vom Feld schicken lassen. Doch es war mehr als nötig, etwas zu unternehmen, also ging ich und unternahm etwas. Meine fliegenden Schritte hallten laut von den Wänden wieder, als ich an den Gleitern vorbeihastete.

„Sie da!“, schrie ich einer Gruppe von Technikern entgegen. „Machen Sie die Maschinen fertig und machen sie schnell! Lassen sie antreten, Sergeant“, beauftragte ich innehaltend einen anderen Mann.

„Aber Miss, die Computerkoordination ist noch nicht – ich meine – wir kriegen sie so nie in Formation, geschweige denn bereit für eine Attacke!“

„Lassen Sie das meine Sorge sein. Ich regele das. Sehen Sie zu, dass diese Vögel fliegen. Wir haben eine Luftschlacht zu schlagen.“

Der Mann erbleichte. Offenbar hatten die schlechten Nachrichten die Kommandozentrale noch nicht verlassen.

„Los! Mikoras, hör auf zu putzen und mach dich fertig!“, rief ich dem Piloten, der unter seinem Gleiter lag, zu, bevor ich das Gangsystem erreichte.

Kaum eine Minute später preschte ich die Zentrale und kam keuchend zum Stehen.

„Thoul“, grüßte mich Eliot.

„General. Wie steht es?“

„Übel, Miss. Unsere Männer sind Schießbudenfiguren. Wir können von hier aus rein gar nichts tun.“

„Dann müssen die Gleiter in die Luft.“

„Ausgeschlossen. Die Verbindung-“

„Ich weiß. Geben Sie mir einfach ein Headset und ein schnelles Satellitenbild.“

„Miss, das-“

„ – ist riskant, aber der einzige Weg, Eliot.“

Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn, Sand und Schweiß von meinem Gesicht wischend. Es war ein halbes Desaster. Mussten die Nordstaaten ausgerechnet jetzt angreifen? Es war so unglaublich aufreibend. Eine Schlacht nach der anderen und das auch noch gegen einen so starken Gegner. Wenn wir uns nicht bald behaupteten, würden wir besiegt. Die Vorräte würden nicht ewig reichen. Dieses Prinzip war durch die Zeiten dasselbe geblieben. Ich weigerte mich, das zu akzeptieren. Und wenn ich die Staffel blind fliegen musste.

Das Problem lag bei dem Teil unserer Vögel, die in der Theorie mit dem Hauptcomputer in Verbindung stehen sollten, da so die Staffelbewegungen koordiniert wurden. Kürzlich hatte man die entsprechenden Teile allerdings überholt, und aus bisher unbekannten Gründen – Sabotage, in einem Wort – konnte man ordentlichen Kontakt zur Zentrale seitdem vergessen. Für die Koordination der Gleiter war das mehr als schlecht. Ohne Anweisungen von das Geschehen überblickender Stelle flogen die Piloten praktisch überall hin, nur nicht dorthin, wo es gut für sie war. Sie hatten zwar eigene Instrumente, aber die Positionen anderer Jäger können sich viel schneller ändern, als ein Mensch es von einem Cockpit aus überhaupt wahrzunehmen imstande ist. Eine andere Lösung musste her. Allein waren unsere Bodentruppen verloren und taube Gleiter würden ihnen nicht viel helfen. Anders als die Basis hatten sie keine Luftabwehr im Handgepäck. Ich entschied mich also für den einzig verblieben Ausweg: Funkkontakt. Da alle anderen wichtigen Geräte der Gleiter, die für diese zugegebener Maßen irrwitzige Aktion notwendig waren – Höhenmesser, Radar, Kompass und so fort – unabhängig vom Computerkontakt zu funktionieren hatten, war es möglich. Riskant, aber möglich.

Wir hatten gute Piloten. Allerdings musste ich auf Grund der Zahl unserer Gegner mehrere Staffeln losschicken. Die alle per Funk zu leiten, war gefährlich, auch wenn sie kampferfahren waren. Bei so viel Durcheinander in der Luft...

Ich betätigte den Knopf für den internen Kommunikator.

„Achtung, alle Staffelpiloten, wir stehen unter feindlichem Luftfeuer. Gleiterstaffeln zwei, sieben und acht, zu Ihren Maschinen. Bestätigen Sie Gefechtsbereitschaft. Ein Ärzteteam zur Lebenssignalkontrolle in die Kommandozentrale.“ Ich beendete die Übertragung. „Badaa, Sehmhain, Caiser, an die Kontrollpulte“, rief ich drei unserer besten Lotsen zu mir. „Jeder von Ihnen hat eine Staffel im Blick. Was kritisch wirkt, melden Sie mir.“ Selbstvertrauen dufte jetzt nicht in Selbstüberschätzung umschlagen.

Ich setzte mir die Kopfhörer auf, während das Durcheinander um mich in geübt-geordnetes Chaos überging, und wartete auf meine Satellitenverbindung.

„Gebt mir ein Bild. Wir brauchen Augen da draußen“, wies ich die Techniker an. Deren Finger flogen über Kontrollpads. Stimmbefehle füllten die Luft, Karten bauten sich auf. Ich wartete auf vollständige Datenübertragung. Drei Satellitenbilder aus zueinander versetzten Perspektiven, eine daraus errechnete 3D-Animation, unser eigenes Radar, das uns zusammen mit den Peilsignalen der Jäger die nötigen Daten vermittelte, um jedem von ihnen kleine digitale Namensschildchen anzuhängen; daneben Lebenssignale der Piloten, überwacht von zwei von Clarences Leuten, die mittlerweile anwesend waren, um mir notfalls zu sagen, welche Piloten ich wann besser aus dem Schlimmsten herausholen musste. Wir waren bereit. Entschlossen schaltete ich mein Mikrofon ein. Alle Piloten hatten bestätigt.

„Meine Herren, mir ist klar, dass Sie praktisch blind fliegen. Deshalb werden wir das Sehen für Sie übernehmen. Die Staffeln bleiben in Funkkontakt.“

In der Zentrale hatten sich viele hochrangige Offiziere versammelt. Ihnen und allen im Raum war anzumerken, dass sie sich alles andere als wohl in ihrer Haut fühlten.

„Wir müssen unser Bestes geben. Ich brauche Sie nicht an die Kameraden und Freunde zu erinnern, die da draußen um ihr Leben kämpfen. Ich kann Sie nur um Ihr Vertrauen bitten. Gewinnen Sie diesen Himmel für uns zurück, Gentlemen. Sichere Heimkehr.“

Es knackte, als ich den Kontakt während des Starts kurzzeitig unterbrach. Dann atmete ich tief durch. „Eliot, Torlan... geben Sie mir Ihre Augen und Ihre Erfahrung. Wenn ich etwas zu übersehen scheine, wenn ich etwas falsch kalkuliere, weisen Sie mich darauf hin. Wir dürfen keine Fehler machen.“

Das hier war eine einmalige Sache. Es gab keinen Präzedenzfall. Gleichwohl würden wir alle alles geben, denn das da draußen waren unsere Jungs. Sie riskierten ihr Leben für ihr Land und für ihre Kameraden, uns alle. Sie und auch ich würden tun, was wir konnten.

Und ich für meinen Teil wusste, ich konnte einiges.

Kurz schloss ich die Augen, und als ich sie wieder öffnete, hatten der Funk und der Hauptschirm, nun in mehrere synchronisierte Felder unterteilt, meine volle Aufmerksamkeit. Ich legte los, ebenso wie unsere Gleiter.

Die Soldatenkönigin

Подняться наверх