Читать книгу Die Soldatenkönigin - Julien Junker - Страница 25
ОглавлениеElnarat
Erleichtert wandte ich mich um und schritt von der Düne herab, von deren Kamm aus ich einen besseren Überblick gehabt hatte, und machte mich selbst auf den Rückweg – eine nennenswerte Offensive der anderen war wohl nicht mehr zu erwarten – als ich den abstürzenden Jäger bemerkte. Eine lange qualmende Spur hinterlassend raste er trudelnd und vollkommen unkontrolliert auf den Boden zu – auf uns. Das Ding würde die Front treffen. Ich rannte los und schrie erneut in das kleine Mikro am Handgelenk.
„Frontgebiet räumen! Ich wiederhole, Frontgebiet räumen, da kommt was von oben!“
Die Blicke flogen zum azurblauen Himmel und ich erkannte erleichtert, dass die Jungs machten, dass sie da weg kamen. Das funktionierte im Gegensatz zum Rückzug sehr viel schneller, da die gegnerischen Truppen ebenfalls einen Blick nach oben riskiert und daraufhin gleichfalls den Entschluss zur Flucht gefasst hatten. Die Front löste sich buchstäblich schlagartig auf. Ich fasste mich und blickte erneut nach oben.
Das erste, was mir auffiel war, dass es zum Glück keiner von unseren Gleitern war, der da dem Boden entgegen stürzte. Das zweite, dass ich gleich ein riesen Problem haben würde: Die letzte Trudelbewegung des Fliegers brachte ihn auf direkten Kollisionskurs mit meiner Nasenspitze.
Scheiße.
Mir blieb nur noch Zeit für einen verzweifelten Hechtsprung zur Seite, als das Flugzeug zwanzig Meter vor mir nicht ganz so flach auf den Sand auftraf, wie es gut für den Piloten gewesen wäre. Dann raste es auf mich zu – und erwischte mich mitten im Sprung.
Ah... diese verdammten Sensoren, die diese Gleiter zur Geschwindigkeits- und Richtungsbestimmung an der Vorderseite ihrer Tragflächen haben! Ich spürte, wie die zehn Zentimeter langen Halterungen derselben sich durch meine Spinnenseidenweste in meine Brust bohrten, als die Tragfläche mich erfasste und mit sich riss. Meine Wirbel knackten bei dem Versuch, die Verrenkung, die mein Körper bei der plötzlichen Beschleunigung von null auf ich weiß nicht wie viele Stundenkilometer machte, zu kompensieren. Fünfhundert Meter weiter – die Wüste segne die beinahe reibungsfreie Außenhaut dieser Kampfflugzeuge... – kamen wir zum Stehen. Für einen nicht allzu kurzen Moment war mir schwarz vor Augen. Dann kam das Bewusstsein zurück. Oha. Oh, my...
Ächzend hob ich die Hände und drückte sie gegen die Tragflächen, froh, dass das Ding nach der anderen Seite gekippt war, ansonsten hätte es mit einem Großteil seines Gewichts auf meiner Brust gelehnt. Es gab ein unappetitliches, schmatzendes Geräusch als ich mich von den metallenen Sensorträgern an den Flügeln losdrückte. Stöhnend fiel ich mit dem Rücken auf den erstaunlich harten Sandboden.
„Oh... my...“
Das Atmen fiel mir schwer. Wahrscheinlich hatte es wieder mal meine Lunge erwischt oder aber der Aufprall hatte meinen Brustkorb geprellt oder mir ein paar Rippen gebrochen. Oder beides. Oder alles.
Für ein paar Augenblicke blieb ich einfach liegen und hielt die Augen geschlossen. Schmerz regierte meinen Körper. Gut. Schmerz war gut. Wunden, die nicht wehtun sind meistens tödlich. Schmerz gut.
Allmählich wurde es besser. Ich bekam wieder Luft. Also hatte meine Lunge Glück gehabt. Oder mein schockierter Körper hatte mein Blut endlich mit genügend Endorphinen geflutet. Mit zusammengebissenen Zähnen rollte ich mich zur Seite und setzte mich auf. Schwarz. Langsam.
Von Ferne hörte ich Gleiterstaffeln zischen, das Donnern der Bordwaffen.
Ich erhob mich schwankend und sah mich um. Noch immer strömten Soldaten auf die Truppentransporter zu. Seit dem Absturz waren höchstens zwei Minuten vergangen. Na schön. Einen Fuß vor den anderen. Ich machte mich auf den Weg und stolperte ebenfalls auf die großen Gefährte zu, die dort unten warteten, eine meiner Hände auf die Wunde in meiner Brust gedrückt.
Ein Blick nach vorn verriet mir, dass drei meiner Jungs gesehen hatten, was passiert war. Sie kamen in voller Montur über den Sand in meine Richtung gerannt. Meine Sicht war getrübt, ich konnte also in der flirrenden Wüstenhitze ihre Gesichter nicht erkennen, dazu waren sie noch zu weit weg. Aber ich erkannte ihre Stimmen.
„Sir? Alles in Ordnung?“
Nun... nahezu. Es waren Glen und Hike, sowie eine der jüngeren Soldatinnen, die ich selbst in der Ausbildung gehabt hatte. Begnadete Nahkämpferin... ehem...
„Sir?“
Ich streckte eine abwehrende Hand aus und lächelte schief.
„Geht schon, geht schon. Danke Jungs.“
Wir sagten generell „Jungs“, auch zu den weiblichen Teilen der Truppen. Die Wüste sei mein Zeuge, das hatte mit Sicherheit nichts damit zu tun, dass wir irgendwen diskriminierten – das wäre bei den Ladies in unserer Armee ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Es hatte sich einfach so eingebürgert. Niemand hatte jemals einen Einspruch dagegen erhoben. Schließlich waren wir mehr oder minder alle gleichermaßen raue Kerle.
Sie stützten mich dann doch ein wenig, zumindest auf den letzten Metern zu den Transportern, wo ich mich mit malenden Kiefern auf dem Boden des Fahrzeugs niederließ. Ab nach Hause. Und hoffentlich hatte Thoul die Sache mit den Gleitern im Griff.