Читать книгу Die Soldatenkönigin - Julien Junker - Страница 28
ОглавлениеThoul
Auf diese Weise erkauften wir uns also insgesamt fünf Tage der Ruhe, in denen sowohl Männer als auch Maschinen sich gründlich erholen konnten. Zeit für Neugruppierung und Planung, ja, aber auch Zeit für Heilung, Zeit für Entspannung, für sich, für einander, kurz: Zeit für Ablenkung.
Auch Elnarat und ich nutzten diese wenigen Stunden. Zum ersten Mal seit Tagen hatte ich Gelegenheit, ein ordentliches Essen auf den Tisch zu bringen. Ich las – Berichte, zugegeben – wir schliefen beide etwas mehr, und wir spielten Schach. Endlich wieder eine ruhige Partie Schach ohne die ständige Spannung, irgendwo im Unterbewusstsein, es könnte jeden Moment soweit sein, jede Sekunde…
Es war herrlich. Sehr überraschend war allerdings der Moment, als ich, in ein Buch vertieft, in unser Quartier trat und – es war schon spät abends – meine Schritte direkt ins Badezimmer lenkte, wo, wie ich unverständlicher Wiese verblüfft feststellte, schon jemand stand.
Ich fror fest, wo ich gerade war, denn wer da vor dem Spiegel stand und sich einen Kamm durch das nasse Haar riss, war selbstverständlich niemand anderes als Elnarat – allerdings mit nichts anderem bekleidet als einem grauen Handtuch um die Hüften und der silbern glänzenden Kette seiner Erkennungsmarke um den Hals. Ich schluckte. Blinzelte und schluckte erneut. Unwillkürlich wanderte mein Blick über die moccafarbene, weich schimmernde Haut seiner Arme, über Schultern und Rücken seiner drahtigen Gestalt. Mir fielen tiefe Narben auf, die ihn vom Nacken abwärts zeichneten. In einem Nebengedanken fragte ich mich, ob diese wirklich von einer Schlacht stammten.
Sehnige Muskeln arbeiten in seinen Schultern, während er sein Haar drangsalierte. Muskeln, denen man die ständige harte Belastung ansah, die Elnarat sich über Jahre aufgebürdet hatte – und denen man ihre schier unglaubliche Kraft ansah. Nicht leichte Gymnastik, sondern zahllose Kämpfe hatten diesen Körper ausgeformt, und wie ich dastand und nichts tun konnte außer ihn mit leicht geöffnetem Mund und vergessen in meinen Händen liegender Lektüre anzustarren, ging mir ein einzelner Gedanke durch den Kopf, etwas, was mir nie zuvor bewusst geworden war.
Er sah einfach unglaublich gut aus.
Als hätte ich dies laut ausgesprochen, drehte Elnarat plötzlich den Kopf und hielt mitten in der Bewegung inne, kurz bevor ich dem Impuls nachgeben konnte, den Raum einfach wieder unbemerkt zu verlassen. Feige Flucht vielleicht, aber es wäre eine gute Taktik gewesen. Stattdessen wurde ich jetzt vom Scheitel bis zur Sohle gemustert. Elnarat legte den Kopf leicht schräg, so, als wolle er fragen, was ich denn da tat und warum ich kein Wort herausbrachte.
In diesem Augenblick wurde mir selbst erst klar, was ich da tat und zu meinem Ärger spürte ich, wie mir Hitze ins Gesicht stieg. Elnarats Reaktion darauf machte das Ganze noch um Einiges schlimmer, denn er begriff ganz offensichtlich ganz genau, mit was für einem Blick ich ihn da gerade bedacht hatte. Der Ausdruck in seinen Augen war jenes sinnlich-verschmitzte Grinsen, das ich stets in vergleichbar eindeutigen Situationen bei ihm beobachten konnte, nur lag diesmal auch noch eine grässliche Portion Belustigung darin.
„Alles in Ordnung?“, fragte er amüsiert, ohne sein Grinsen abzulegen.
„Ich… Ja“, der Bann war gebrochen. Ich klemmte mein Lesegerät unwirsch unter meinen Arm und drehte ich mich, beschämt und darüber verärgert, von ihm weg. „Ja. Entschuldige.“ Ich verließ das Bad, mir sehr wohl des schelmischen Blicks bewusst, den Elnarat mir hinterher warf. Die Tür klackte in meinem Rücken zu.
Kaum war ich außer Sicht, schlug ich mir mit der flachen Hand vor die Stirn.
Was war das denn?!