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Оглавление|41|Vorwort zum 21. Buch
Das einundzwanzigste Buch enthält Folgendes: Wie in Sizilien Dionysios der Jüngere die Herrschaft ausübte, die sein Vater verloren hatte. Als Dionysios durch Dion vertrieben wurde, führte er Krieg gegen die Sizilier, bis er seine Kinder und Brüder verlor, und wanderte dann nach Korinth aus. Wie Sizilien durch Timoleon vom Krieg gegen die Karthager befreit wurde. Als nach seinem Tod erneut ein Aufstand ausbrach, rief Sosistratos die Karthager herbei, und sie belagerten Syrakus. In diesem Krieg erlangte Agathokles die Herrschaft.
Buch 21
1 (1) Nach der Ermordung des Tyrannen Dionysios in Sizilien setzten die Soldaten seinen ältesten Sohn, der ebenfalls Dionysios64 hieß, an seine Stelle. (2) Damit folgten sie dem allgemein gültigen Brauch, doch sie waren auch der Meinung, dass die Herrschaft stabiler sein werde, wenn sie in der Hand eines Einzigen verbliebe, als wenn sie geteilt und an mehrere Söhne vergeben würde. (3) Aber Dionysios wollte am Beginn seiner Königsherrschaft die Onkel seiner eigenen Brüder beseitigen, da er glaubte, sie würden mit ihm um die Macht rivalisieren und die Knaben zu einer Teilung des Reiches auffordern. (4) Für kurze Zeit verschleierte er jedoch seine Absichten und bemühte sich zuerst darum, die Gunst der Bürger zu gewinnen, damit man dann die Ausführung seines Vorhabens eher entschuldigen würde, wenn er zuvor bei allen Anerkennung gefunden hätte. (5) Deshalb entließ er 3000 Häftlinge aus dem Gefängnis, erließ dem Volk für drei Jahre die Abgaben und versuchte, durch jeden nur möglichen Anreiz alle Leute für sich zu gewinnen. (6) Danach beging er das geplante Verbrechen und tötete nicht nur die Blutsverwandten seiner Brüder, sondern auch sie selbst, (7) damit er mit denjenigen, mit denen er die Herrschaft hätte teilen müssen, nicht einmal mehr die Luft zum Atmen teilen musste. Und so begann er die Gewaltherrschaft gegen seine eigenen Angehörigen noch früher als gegen Außenstehende.
2 (1) Als er dann seine Rivalen beseitigt hatte, verfiel er in Bequemlichkeit und entwickelte wegen seines so zügellosen Lebenswandels Fettleibigkeit und ein Augenleiden, sodass er kein Sonnenlicht, keinen Staub, ja nicht einmal das Tageslicht selbst ertragen konnte. (2) Weil er meinte, dass man ihn deshalb verachte, begann er, grausam zu wüten, und überschwemmte nicht, wie sein Vater, das Gefängnis mit Häftlingen, sondern ließ die Bürgerschaft im Blut schwimmen. (3) Deshalb war er bei allen nicht so sehr verachtet als vielmehr verhasst. (4) Als nun die Syrakusaner einen Krieg gegen ihn beschlossen, zögerte er lange, ob er die Herrschaft niederlegen oder sich diesem Krieg stellen sollte. |43|(5) Doch die Soldaten, die auf Beute und eine Plünderung der Stadt hofften, zwangen ihn, sich auf eine Schlacht einzulassen. (6) Er wurde besiegt und versuchte ein zweites Mal sein Glück, allerdings mit nicht größerem Erfolg. Da schickte er Gesandte zu den Syrakusanern und gelobte, die Gewaltherrschaft niederzulegen, wenn sie Leute zu ihm schickten, mit denen er die Friedensbedingungen vereinbaren könne. (7) Als man dann zu diesem Zweck die führenden Männer zu ihm sandte, hielt er sie im Gefängnis fest. Und während alle arglos waren und keine feindliche Handlung befürchteten, schickte er sein Heer aus, um die Bürgerschaft zu vernichten. (8) So kam es mitten in der Stadt zu einer Schlacht, die unentschieden blieb; doch weil die Stadtbewohner zahlenmäßig überlegen waren, wurde Dionysios vertrieben. Weil er fürchtete, dass man seine Burg belagern könne, floh er mit seinem gesamten königlichen Besitz heimlich nach Italien. (9) Als die Lokrer den Verbannten aufnahmen, besetzte er die Burg, als wäre er der rechtmäßige Herrscher, und wütete in seiner gewohnten Weise. (10) Er ließ die Ehefrauen der einflussreichsten Männer rauben, um sie zu vergewaltigen, entführte Jungfrauen vor ihrer Hochzeit und gab sie ihren Freiern geschändet zurück, vertrieb alle Reichen aus der Gemeinde oder ließ sie töten und riss dann ihre Güter an sich.
3 (1) Sobald es dann keine Gelegenheit zum Raub mehr gab, umgarnte er die ganze Bürgerschaft mit einer schlauen List. (2) Denn einst hatte Leophron, der Tyrann von Rhegion, die Lokrer im Krieg bedrängt, und damals hatten sie gelobt, im Falle eines Sieges am Festtag der Venus die jungen Frauen zu prostituieren. (3) Dieses Versprechen hatten sie jedoch nicht eingelöst, und als sie nun erfolglose Kriege gegen die Lukaner führten, rief Dionysios sie zu einer Versammlung. Er forderte sie auf, ihre Ehefrauen und Töchter in möglichst reichem Schmuck in den Tempel der Venus zu schicken. (4) Dann sollten 100 von ihnen durch das Los ermittelt werden, die das Gelübde des Staates erfüllen und um der kultischen Pflicht willen einen Monat im Bordell verbringen sollten; zuvor sollten jedoch die Männer schwören, keine dieser Frauen anzurühren. (5) Damit das aber für keine der Frauen, die für die Bürgerschaft das Gelübde einlösten, einen Nachteil mit sich bringe, sollten die Lokrer den Beschluss erlassen, dass kein Mädchen heiraten dürfe, bevor jene einen Ehemann hätten. (6) Dieser Plan fand Beifall, weil damit sowohl dem heiligen Schwur als auch der Sittsamkeit der Mädchen Rechnung getragen wurde, und so kamen alle Frauen, aufwendig geschmückt, im Wettstreit miteinander in den Tempel der Venus. (7) Dionysios aber schickte Soldaten hinein, ließ alle berauben und machte den Schmuck der verheirateten Frauen zu seiner persönlichen Beute. (8) Einige Frauen hatten reiche Ehemänner, die dann getötet wurden; andere Frauen wurden gefoltert, damit sie verrieten, wo ihre Männer ihr Geld versteckt hatten. (9) Mit solchen Kniffen herrschte Dionysios sechs Jahre lang; dann wurde er durch eine Verschwörung der Lokrer aus ihrer Gemeinde vertrieben und kehrte nach Sizilien |45|zurück. (10) Dort nahm er Syrakus durch Verrat wieder ein, da sich alle sicher fühlten, nachdem in der Zwischenzeit so lange Frieden geherrscht hatte.
4 (1) Während dieser Ereignisse in Sizilien setzte unterdessen in Afrika Hanno, der einflussreichste Karthager, sein Vermögen, das größer war als die Mittel des Staates, dazu ein, die Alleinherrschaft zu erlangen. So versuchte er, die Ratsherren zu ermorden und sich dadurch der Königsherrschaft zu bemächtigen. (2) Für dieses Verbrechen wählte er den Festtag, an dem die Hochzeit seiner Tochter stattfand, um seinen ruchlosen Anschlag durch heilige Gelübde leichter verschleiern zu können. (3) Er ließ also ein Festmahl bereitstellen, und zwar für das Volk in den öffentlichen Säulenhallen, für den Rat aber in seinem eigenen Haus, damit er die Becher mit Gift bestreichen, die Ratsherren in größerer Heimlichkeit und ohne Zeugen ermorden und dann, wenn die Bürgerschaft führungslos sei, die Staatsgewalt umso leichter an sich reißen könne. (4) Doch Hannos Diener verrieten dieses Vorhaben an die Beamten, und auf diese Weise wurde das Verbrechen zwar abgewendet, aber nicht bestraft, damit bei der Beteiligung eines so mächtigen Mannes die Enthüllung des Vorhabens nicht noch größere Unannehmlichkeiten verursachte als der Plan an sich. (5) Deshalb gaben sich die Beamten damit zufrieden, dass sie Hanno aufgehalten hatten, und setzten durch einen Beschluss ein Höchstmaß für den Aufwand bei einer Hochzeit fest. Und sie ordneten an, dass das nicht nur von einem Einzigen, sondern von allen eingehalten werden müsse, damit es nicht so aussah, als habe man damit nur eine bestimmte Person bezichtigt, nicht aber die Laster im Allgemeinen berichtigt.65 (6) Nachdem man Hanno durch diese Maßnahme zuvorgekommen war, hetzte er nun die Sklaven auf und setzte erneut einen Termin für die Morde fest. Als er sich wiederum verraten sah, besetzte er aus Furcht vor einem Gerichtsprozess mit 20.000 bewaffneten Sklaven ein befestigtes Kastell. (7) Während er dort die Afrer und den König der Mauren aufzuwiegeln versuchte, wurde er gefangen genommen. Man peitschte ihn mit Ruten, stach ihm die Augen aus, brach ihm Arme und Beine, als ob man an jedem einzelnen Körperteil die Strafe vollziehen wollte, und tötete ihn vor den Augen des Volkes. Seinen von den Schlägen zerfetzten Leichnam nagelte man an ein Kreuz. (8) Auch alle seine Söhne und Blutsverwandten, sogar die unschuldigen, wurden hingerichtet, damit von einem so skrupellosen Geschlecht niemand mehr übrig blieb, der entweder sein Verbrechen nachahmen oder seinen Tod rächen konnte.
5 (1) Unterdessen wurde Dionysios wieder in Syrakus aufgenommen, doch da er sich von Tag zu Tag unerträglicher und grausamer gegenüber der Bürgerschaft verhielt, kam es erneut zu einer Verschwörung, und er wurde belagert. (2) Daraufhin legte er die Herrschaft nieder, übergab den Syrakusanern die Burg mitsamt seinem Heer, nahm sein Privateigentum und ging nach Korinth in die Verbannung. (3) Dort war er der Meinung, ein möglichst primitives Verhalten biete |47|die größte Sicherheit, und deshalb ließ er sich herab, ein ehrloses Leben zu führen. (4) So gab er sich nicht damit zufrieden, in der Öffentlichkeit bloß herumzulungern, sondern trank auch noch, und es genügte ihm nicht, sich in Garküchen und Bordellen nur sehen zu lassen, sondern er saß dort ganze Tage lang müßig da. (5) Gerade mit den verrufensten Gestalten debattierte er über Nichtigkeiten, lief zerlumpt und schmutzig umher und ließ sich lieber auslachen, als selbst zu lachen. (6) Er stand auf dem Fleischmarkt herum, verschlang das, was er sich nicht kaufen konnte, mit den Augen und prozessierte bei den Ädilen gegen Kuppler. (7) Und all das tat er, um den Anschein zu erwecken, als müsste man ihn eher verachten als fürchten. (8) Zuletzt erklärte er sich noch zum Schullehrer und unterrichtete Knaben auf der Straße, sodass die Menschen, die ihn fürchteten, ihn immer in der Öffentlichkeit sehen konnten, und es denen, die ihn nicht fürchteten, noch leichter fiel, ihn zu verachten. (9) Denn wenngleich Tyrannen solche Laster stets im Übermaß haben, so waren die Laster in seinem Fall nur vorgetäuscht und entsprachen nicht seiner wahren Natur; und er tat dies eher aus taktischen Gründen als deshalb, weil er etwa seine königliche Würde verloren hätte. Denn er hatte erfahren, wie verhasst der bloße Titel ‚Tyrann‘ war, selbst wenn damit keine Macht mehr verbunden war. (10) Deshalb bemühte er sich darum, die Missgunst, die er sich in der Vergangenheit zugezogen hatte, durch die Verachtung, die ihm in der Gegenwart entgegenschlug, zu tilgen, und suchte nicht nach ehrenvollen, sondern nach sicheren Plänen. (11) Trotz dieser Verstellungskünste wurde er gleichwohl drei Mal beschuldigt, die Gewaltherrschaft angestrebt zu haben, und nur deshalb freigesprochen, weil man ihn verachtete.
6 (1) Unterdessen waren die Karthager über den außerordentlichen Erfolg Alexanders des Großen sehr bestürzt und fürchteten, er wolle zusätzlich zu der Herrschaft über Persien auch noch die über Afrika erringen. Daher sandten sie Hamilkar mit dem Beinamen Rhodanos, einen Mann, der durch seine Geschicklichkeit und seine Beredsamkeit unter allen anderen hervorstach, zu Alexander, um seine Absichten auszukundschaften. (2) Denn ihre Furcht vergrößerte sich noch durch die Eroberung von Tyros, der Stadt ihrer eigenen Ahnherren, (3) durch die Gründung von Alexandreia66 als Rivalin für Karthago an den Grenzen von Afrika und Ägypten (4) und durch den Erfolg des Königs, dessen Gier und Glück überhaupt keine Grenzen gesetzt waren. (5) Als Hamilkar nun von Parmenion67 zum König vorgelassen wurde, tat er so, als habe er bei Alexander Zuflucht gesucht, weil man ihn aus seinem Vaterland vertrieben habe, und bot für den Feldzug seine Dienste als Soldat an. (6) Und so spionierte er Alexanders Pläne aus und schrieb für seine Mitbürger alles auf hölzerne Täfelchen auf, die er dann mit unbeschriebenem Wachs überzog. (7) Als Hamilkar jedoch nach dem Tod des Königs in seine Heimat zurückkehrte, töteten ihn die Karthager mit der Begründung, er habe ihre Stadt an den König verschachert, und erwiesen sich damit nicht nur als undankbar, sondern auch als grausam.