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Hier kommen die Rebellinnen

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Vivienne Westwoods modisches Verständnis wäre mit dem Satz »Alles geht« am besten beschrieben. Die 75-jährige Engländerin Vivienne Westwood, ehemals als Punk-Ikone beschrieben, hat Kunst studiert und lehrte zwölf Jahre lang als Professorin für Modedesign an der Berliner Akademie der Künste. Ihre Mode ist exzentrisch, aus Kombinationen von historischer Bekleidung, seltenen Geweben und Mustern zusammengesetzt. Das Modeblatt »Women’s Wear Daily« erkor sie neben Yves Saint Laurent, Emanuel Ungaro, Karl Lagerfeld und Christian Lacroix zu einer der wichtigsten Modemacherinnen unserer Zeit. Westwoods Mode ist frech, wild und wunderbar – so beschrieb sie Karl Lagerfeld.

Für die Designerin hat gelungene Mode die Individualität einer Person zu unterstreichen. Wenn sie mit ihrer orange gefärbten Mähne mit den Models über den Laufsteg geht, muss man ihren Modemut bewundern. Oft hat man den Eindruck, der Kostümprobe einer neu zu inszenierenden Oper beizuwohnen. Alles ist anders als bei einem klassischen Defilee. Verrückter, fröhlicher und phantastischer. Allerdings: Die wenigsten ihrer Modelle möchte man in der heimischen Umgebung tragen. Mode ist hier auf die Spitze getrieben. Die Farben wild kombiniert. Was man aber mitnimmt ist die Idee, wie man sich auch kleiden kann. Immer gibt es ein paar Teile, die mit dem Vorhandenen im Kleiderschrank völlig neu aussehen. Eine Jacke mit einem Rokokoschößchen – leider zu einem exorbitanten Preis – gäben einer simplen Jeans einen völlig anderen, aufregenden Akzent.

Was wir daraus lernen können? Nicht auf die hochgezogenen Brauen der Nachbarin achten! Sich vor den Spiegel stellen und ganz nüchtern die eigene Figur betrachten. Schmale Taillen betonen. Ein schönes Dekolleté herzeigen. Selbst wenn Sie ein paar Kilos zu viel haben, sollten Sie modisch wagemutig sein.


Iris Apfel

Die verrücktesten alten Ladys allerdings findet man in New York. Die berühmteste von ihnen ist Iris Apfel. Eine große, sehr schlanke Frau, die nicht übertünchen will, dass sie bereits 96 Jahre auf ihrem schmalen Rücken hat. Sie trägt gelbe Hosen zu einer blauen Jacke und bunt bemalten Stiefeln, dazu Stränge riesiger Perlenketten. Mal einen Couture-Mantel aus roten und grünen Hahnenfedern zu roten Samthosen. Oder eine schlichte bodenlange Robe in Braun, über der an zwölf kunstvollen Ketten hängend ein silberner Kopf im Halbrelief prangt. Unter all den langweilig hergerichteten Society-New-Yorkern ist Apfel eine wandelnde Diva im Extremlook, deren Style sogar in einer sensationellen Ausstellung im MoMa (Museum of Modern Art) in New York gezeigt wurde. Alle drängten sich bei der Eröffnung 2005 um die Rara Avis (Lateinisch für Seltener Vogel, wie La Apfel von ihren Bewunderern genannt wird). Giorgio Armani, Carla Fendi und Karl Lagerfeld verehren sie.

Dieser seltene Vogel Iris, die sich selbstironisch als »geriatrisches Starlet« bezeichnet, sagte in einem Interview mit der »New York Times«: »Die Leute brauchen scheinbar immer jemanden, der ihnen etwas vormacht. Es gibt einen Hunger nach Individualität, man will ›anders‹ sein, weiß aber nicht, wie. Letztendlich unterwerfen sich die meisten dem Modediktat, von dem sie sich so gern abheben möchten. Im Winter sahen auf der Fifth Avenue von hinten alle gleich aus: schwarze Hosen, hohe Stiefel, Lederjacken – wie eine Uniform. Manche brauchen das. Viele haben Angst davor, Dinge zu tun, die nicht sofort Bestätigung finden. Stil kann nur haben, wer sich selbst gut kennt. Und sich selbst kennenzulernen braucht Zeit. Der größte Fehler, den eine Frau machen kann, ist, in den Spiegel zu schauen und sich nicht wiederzuerkennen. Einmaligkeit ist harte Arbeit. Wir leben in einer Welt der schnellen Befriedigung, alles soll zack, zack! gehen. Nur wer es schafft, seine eigene Persönlichkeit durch Mode zu unterstreichen, wirkt authentisch. Manche erreichen das mit Minimalismus, andere mit Pomp und Glitzer. Ich liebe auffallenden Schmuck. Die Leute machen sich viel zu viele Gedanken darüber, was andere denken.«

Inzwischen hat Iris Apfel als Kult-Ikone nicht nur eine jüngere Fan-Gemeinde, sondern begeistert auch eine Schar alter Ladys, die sie sich als Vorbild genommen haben. Der berühmte Fotograf Ari Seth Cohen, der am liebsten »New Yorker Street Style« und »alte Ladys« fotografiert, meint: »Die verrücktesten Hühner haben sich an den Klamotten von Iris Apfel orientiert. Ich liebe diese Frauen, denen es völlig gleichgültig ist, ob man ihnen mal einen Vogel zeigt oder bewundernd stehen bleibt!«

Ich selbst schwöre auf japanische Designer. Mein Favorit ist Issey Miyake oder Kenzo. Issey Miyakes Kreationen wurden schon im New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) ausgestellt. Die Farben sind leuchtend und die Modelle zeitlos. Wem die verrückte Mode von Vivienne Westwood zu auffällig ist und wer sich nicht verstecken mag, wer noch ein Menge Spaß im Leben haben möchte, der liegt mit einem Miyake-Teil nie falsch.

Es gibt unglaublich viele schlecht gekleidete junge Mädchen und Frauen. Was auch daran liegen mag, dass viele ihren Stil noch finden müssen (bei manchen klappt es nie). Meine Generation sollte sich tunlichst nicht mehr bauchfrei, kniefrei oder armfrei präsentieren. Es gilt zu bedecken, was nicht mehr präsentabel ist. Doch über das Wie entscheiden Ego, Geschmack und last but not least der Geldbeutel. Jeans gehen immer, in jedem Alter. Vieles geht, man muss sich nur trauen.

Übrigens: Auch Männer in den Siebzigern sollten sich wunderbar anziehen und nicht wie die letzten Schlurfe daherkommen. Das Leben ist immer noch schön – und genau so sollten wir uns kleiden!

Ist das Alter noch zu retten?!

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