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15. Trane's Blues
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TRANE'S BLUES
Das Jahr 1957 zählte zu den bislang produktivsten im Leben von John Coltrane, denn endlich musste er kein Schattendasein mehr in all den Bigbands führen, durch die er getingelt war, während sein besonderes Talent jetzt zutage trat. Allein während der Monate mit Monk im Five Spot nahm er noch an zehn Sessions für Prestige teil. Dem musikalischen Durchbruch war - zum Teil anknüpfend an weit zurückliegende innere Erfahrungen - ein persönlicher vorausgegangen, der offenbar direkt zusammenhing mit dem radikalen Verzicht auf harte Drogen. John schrieb sieben Jahre später im Begleittext zu seinem Album A Love Supreme: »Durch die Gnade Gottes erlebte ich 1957 ein spirituelles Erwachen, das mich zu einem reicheren, volleren, produktiveren Leben führen sollte. Aus Dankbarkeit bat ich bescheiden darum, die Mittel und die Ehre zu empfangen, andere durch Musik glücklich machen zu können. Ich fühle, dass mir dies durch Seine Gnade gewährt wurde.«
Ingesamt war Coltrane 1957 an mehr als zwanzig Sessions beteiligt. Am 17. Mai bekam Bob Weinstock gleich zwei hörenswerte Alben mit John auf Band: eines, das unter dem Namen des Pianisten Mal Waldron erschien, sowie eines mit einem Meister der alten Schule, dem Tenorsaxophonisten Paul Quinichette. Besonders gut harmonieren beide Bläser in »Anatomy«, abgeleitet aus dem Standard »All the Things You Are«. In »Traneing In«, einem langen Blues vom August, wechselt John nach dem B-Teil ins doppelte Tempo und schleudert die Sechzehntelnoten mit der geballten Emotionalität der großen Bluestenoristen heraus.
Als sehr produktiv erwies sich die Session, aus der das sechsminütige Titelstück des Albums Lush Life hervorging. »Lush Life« ist eine der großen Jazzballaden, in der der Komponist (und hier auch Texter) Billy Strayhorn das kompromisslose Leben des Hipsters feiert, der nie schläft und sich in den Clubs der Stadt die Nächte um die Ohren schlägt. Leider wurde diese Platte aus drei Sessions über einen Zeitraum von sechs Monaten ziemlich wahllos zusammengestückelt. Erwähnenswert sind noch »The Believer«, das fast eine Viertelstunde dauert, sowie das wenig bekannte »Nakatini Serenade«. Die Rhythmusgruppe mit Red Garland, Paul Chambers und Arthur Taylor inspirierte ihn bei den Prestige-Sessions immer am meisten. Eine Aufnahme wie »Come Rain or Come Shine« - veröffentlicht mit anderen Outtakes aus dieser Session und zu finden auf The Last Trane - zeigt deutlich: Der ewige Zweifler war angekommen, mochte er auf der Bühne auch noch immer etwas unsicher wirken, vor allem wenn er nach einem seiner mitreißenden Soli das Horn absetzte. Immerhin konnte er jetzt in rascher Folge all die Dinge abrufen und spontan realisieren, die ihm im Fluss der Improvisation durch den Kopf rasten. Für seine Begriffe geradezu euphorisch, wie eine ekstatisch vorgetragene Liebeserklärung geriet das Schlussstück der Session, eine rasende Version von »Lover«. Wegweisend für die Zukunft wurde ein langes Stück aus einer späteren Aufnahme, das von Jackie McLean komponierte vierzehnminütige »Little Melonae« (26. März 1958), das er auch mit Miles aufgenommen hat. Hier animiert es den Saxophonisten zu abenteuerlichen chromatischen Abwärtsläufen, die sein wachsendes Ausdrucksspektrum zeigen, wobei die Band hinter ihm wie ein Uhrwerk tickt. »Little Melonae« steht in Beziehung zu »Venus« aus Interstellar Space, einem Höhepunkt des Spätwerks, und war eines der ersten Stücke, in dem auf die herkömmlichen changes verzichtet wurde. Miles Davis lieferte es eine direkte Inspiration für die Musik zu Kind of Blue.