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Ausgezeichnet durch die UNESCO

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Der großen Bedeutung wegen nahm die UNESCO am 30. Oktober 1981 den Kaiserdom zu Speyer in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt auf. Das UNESCO-Welterbekomitee bescheinigt damit dem einst größten romanischen Gotteshaus Europas einen „außergewöhnlichen universellen Wert“. Der Dom war das zweite Bauwerk auf der deutschen Liste, nach dem Aachener Münster (Aufnahme 1978). Die Würzburger Residenz (1981) folgte auf Platz drei, die Wallfahrtskirche Wies (1983) wurde an vierter Stelle geführt. Seit 27. Juli 2021 steht auch der Judenhof in Speyer auf der Liste der Welterbestätten. Gemeinsam mit Mainz und Worms bildeten die jüdischen Gemeinden im Mittelalter den Verbund der „SchUM“, der „heiligen Gemeinden“.

Die Welterbeliste wird seit 1978 beim UNESCO-Welterbekomitee in Paris geführt. Das Komitee entscheidet jährlich über die durch die Staaten zuvor eingereichten Anträge. Vor der Entscheidung stehen Prüfungen und Gutachten der Fachverbände. Nachzuweisen durch die Antragsteller sind „Einzigartigkeit“ und „historische Authentizität“, solide Instandhaltung und eine überzeugende Erhaltungsstrategie. Kulturgüter müssen mindestens eines der folgenden sechs vorgegebenen Kriterien erfüllen, um in den Genuss der Ehrung zu kommen: Sie sollen „ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft“ sein; ein „Zeugnis für bedeutenden Austausch menschlicher Werte über einen Zeitraum oder in einer Kulturregion“ darstellen (ein Beispiel für diese Kategorie ist der Dom zu Speyer); ein „außergewöhnliches Zeugnis einer bestehenden oder untergegangenen Kultur“ sein; ein „hervorragendes Beispiel eines Typs von Gebäuden, Ensembles oder Landschaften“ darstellen; ein „herausragendes Beispiel einer traditionellen Siedlungsform oder Landnutzung“ sein; oder als „Objekt mit außergewöhnlichen Ereignissen, Traditionen, Ideen, Glaubensbekenntnissen oder künstlerischen Werken“ verknüpft sein.


1 Grundriss und isometrische Ansicht des Domes von Südwest mit schematischer Darstellung der wichtigsten Bauphasen von der Domgründung bis ins 20. Jahrhundert.

Eine wichtige Aufgabe der UNESCO ist, neben der Aufstellung der Welterbeliste, auch das Sammeln von Informationen über den Zustand der Denkmäler, um drohenden Gefahren zu begegnen. Dazu erstellt sie eine „Rote Liste“ mit den als gefährdet eingestuften Welterbestätten. Entscheidend für die Aufnahme in die Welterbeliste sind auch die Mitwirkung und der Erhaltungswille seitens der Unterzeichnerstaaten. Der jeweilige Staat „hat anzuerkennen, dass die zwar nationalstaatlich lokalisierte Stätte der gesamten Menschheit gehört; und er hat dafür im Namen der Völkergemeinschaft Verantwortung zu übernehmen“. Dazu sollen durch Mobilisierung der Kräfte in den Staaten selbst, wie durch Organisation internationaler Zusammenarbeit, der Schutz der Denkmäler gesichert und wirksame Maßnahmen zu ihrer Erhaltung in die Wege geleitet werden.

Die Protagonisten der UNESCO waren sich bei der Aufnahme des Kaiserdomes in die Welterbeliste nicht sofort einig, da das Gotteshaus nur noch zur Hälfte mittelalterlich ist. Viele Schicksalsschläge hat der Dom in seiner Geschichte erfahren, sie sind zumeist heute noch an dem Bauwerk sichtbar (Abb. 1): Im Jahr 1689 wurde der Dom schwer beschädigt (Kapitel I. 3). 1772 bis 1778 ergänzte Ignaz Michael Neumann den westlichen Teil des eingestürzten Langhauses nach dem Vorbild der erhaltenen Joche und schuf einen barocken Westabschluss. Kaum war das Projekt abgeschlossen, brach die Französische Revolution (Kapitel I. 4) aus. Erneut wurde der Dom beschädigt und die gesamte Innenausstattung verwüstet. Nach der Wiedererrichtung des Bistums Speyer Anfang des 19. Jahrhunderts wurde sein Inneres zwischen 1846 und 1853 durch Johann Baptist Schraudolph und Joseph Schwarzmann ausgemalt (Kapitel II.4). Schließlich wurde der barocke Westabschluss durch einen neuromanischen Bau zwischen 1854 bis 1858 ersetzt.

Trotz der vielen Beschädigungen, die dem Bauwerk im Laufe der Geschichte zugefügt wurden, erhielt der Dom letztlich die begehrte Auszeichnung. Die UNESCO-Vertreter waren sich durchaus bewusst, dass die Kathedrale nicht nur „Höhepunkte, sondern auch Katastrophen deutscher und europäischer Geschichte“ widerspiegelt. Der Dom, wie er heute dasteht, dokumentiere die mit der Überwindung der Schicksalsschläge verbundenen denkmalpflegerischen Leistungen. Schließlich gab bei der Bewertung das Argument den Ausschlag, dass die Baugeschichte des Domes die Lehrmeinungen der Denkmalpflege vom 18. Jahrhundert bis in unsere Gegenwart mitbestimmte (Kapitel V). Bei der Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste kam es in diesem Fall also weniger auf das Maß an historischer Substanz an als vielmehr darauf, wie sich im Festhalten des 18. Jahrhunderts an der überlieferten Idee und Größe des Bauwerkes ein exemplarisches Bekenntnis zu historischer Kontinuität dokumentiert.

Das vorliegende Buch möge auf einen Besuch im Dom einstimmen. In fünf Kapiteln wird das Bauwerk nun unter verschiedenen Aspekten besprochen. Ein Rundgang durch Krypta, Kapellen und Oberkirche samt Orientierungsplänen finden sich im Kapitel III, steingenaue Ansichten und eine Maßtabelle im Anhang.

Der Dom zu Speyer

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