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Errichtung in Etappen

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Wer heute die Speyerer Hallenkrypta – eine der frühen, ganz großen Unterkirchen – betritt, glaubt auf den ersten Blick einen Raum aus einem Guss vor sich zu haben. Bei näherem Hinsehen lässt sich bald eine mehrstufige Entwicklung erkennen. Jede dieser Entwicklungsstufen bedeutete stets eine Korrektur des bisherigen Bauprogramms, dessen Steigerung und Vervollkommnung. Der Bauherr hatte eine Vorstellung, wie der neue Dom aussehen sollte. Mit dem Baufortschritt wuchsen aber die Ansprüche und der Mut der Bauherrschaft.

In einem ersten Bauabschnitt errichteten die Bauleute zunächst die Krypta im Osten, eine Hallenkrypta von ausgereifter romanischer Form. Dieser Bereich ist der älteste Teil des Domes. Die Ostkrypta zeichnet den Grundriss des künftig darüber befindlichen Altarhauses vor, das innen mit einer halbrunden Apsis, außen als kantiger, rechteckiger Baukörper in Erscheinung treten sollte. Den Raumeindruck beherrschen noch immer die acht freistehenden Stützen, die aus mächtigen, übereinandergeschichteten steinernen Trommeln bestehen (Abb. 3). Sie ruhen auf gedrungenen Basen mit mächtigen Wulsten und flachen Kehlen. Diese wiederum stehen auf zum Teil doppelt verlegten und damit abgetreppten Steinplatten, den so genannten Plinthen. Die Stützen werden bekrönt von typischen Kugel-Würfel-Kapitellen, einer Durchdringung der beiden vollkommenen geometrischen Körper Kugel und Würfel. Die Kämpferplatten darüber haben einfache Karniesprofile. Sie tragen die Gewölbe, deren Grate sich am höchsten Punkt durchkreuzen. Die flachen, verputzten Wandflächen, die den Raum umschließen, nehmen die Gliederung mit schlanken Halb- und Viertelsäulen im gleichen Rhythmus auf. Ein Gesimsband aus Schräge und Platte schmiegt sich um den gesamten Raum.

3 Östlicher Kreuzarm der Krypta. Im Vordergrund das aus einem einzigen Sandsteinquader gemeißelte Taufbecken mit Vierpass-Grundriss bei eingeschriebenem Quadrat.

4 Spuren von zwei übereinanderliegenden Treppenanlagen (Bau I). Die Stufen sollten von der Ostkrypta durch den nordöstlichen Domturm zum Altarhaus führen. Links neben den Treppenspuren römische Inschrift „Marinus“.

Die Ostkrypta besteht aus drei Schiffen, wobei die Stützen untereinander und zur Wand jeweils die gleichen Abstände aufweisen. Der Raum ist in neun nahezu quadratische Joche gegliedert. Gegen Osten fügen sich nochmals sechs dreieckige und trapezförmige Joche an, die sich zwangsläufig der halbkreisförmigen Apsis anpassen. Besonders auffällig sind die runden Gurtbögen, die die Gewölbejoche voneinander scheiden und deren Stirnseiten sichelförmig erscheinen.

Eine kleine ebenerdige Tür, hinter der eine gewinkelte Treppe verborgen war, sollte, wie bei den benachbarten Klosterkirchen Limburg (bei Bad Dürkheim) oder Heiligenberg (östlich von Heidelberg), die Krypta und das darüber liegende Altarhaus verbinden. Die beiden senkrecht verlaufenden Untersuchungsstellen der Treppe, die sich im Putz abzeichnen, sind heute noch im Westjoch der Nordwand sichtbar (Abb. 4). Die Tür wurde zugemauert, bevor sie ihren Sturz erhielt. Links neben den Untersuchungsstellen ist ein römischer Stein mit der Aufschrift „Marinus“ aufgedeckt und sichtbar gelassen worden. Im Dom wurden viele römische Quader verbaut. Steine waren wertvoll, vor allem, wenn sie schon behauen waren, wie ein Beispiel aus dem Langhaus zeigt (Abb. 5).

Eine Neuschöpfung im Bauprogramm war die Anlage der östlichen Türme im Winkel von Altar- und Querhaus. Im äußeren Erscheinungsbild geben sie dem Gesamtbauwerk ihre Größe und Mächtigkeit. Die Speyerer Winkeltürme waren die ersten ihrer Art in der Baugeschichte. Für den Bau der Türme fügte man an das bestehende Fundament der Ostkrypta die neuen Turmfundamente an, und zwar mit durchlaufender ostwestlicher Fuge, so dass die beiden östlichen Türme sowohl auf ihren eigenen als auch auf dem bereits bestehenden Altarhausfundament aufsitzen. Diese Beobachtung von Max Schmitt 1931 gilt als Beleg für einen Planwechsel. Die Osttürme müssen errichtet worden sein, bevor das Aufmauern die Höhe der Fenstersohlbänke der Ostkrypta erreichte. Denn da, wo die Türme an die Kryptawände anstoßen, fehlen Spuren von ursprünglichen Fenstern.

5 Römische Spolie an einem Mittelschiffpfeiler des südlichen Seitenschiffs, gekippt versetzt.

Statt eines gewinkelten Aufgangs zum Obergeschoss entschloss man sich nun zu einer neuen Treppe mit Rundbogenportal und tonnengewölbtem Gang. Allerdings lag die Schwelle des Zugangs weit über dem Fußbodenniveau, so dass eine zusätzliche Treppe im Innern der Ostkrypta zum Portal hinaufführen musste. Die neue Wendeltreppe passt übrigens genau zu der bestehenden Treppenspindel des Nordostturmes. Sie würde diese nach unten verlängern, wenn sie nicht, wie gleich gezeigt wird, zugeschüttet worden wäre. Befunde an der Südwand lassen darauf schließen, dass auch zum Südostturm ein solcher Zugang vorgesehen war.

Die Turm-Untergeschosse wurden später bis zum Niveau des Querschiff-Fußbodens zur Erhöhung der Standfestigkeit der Türme zugeschüttet, da es wohl wegen des auf fremdem Fundament aufsitzenden Nordturmes zu Mauerwerksbewegungen gekommen war.

Der Dom zu Speyer

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