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ОглавлениеZu den Produktionen, die man Karl Mays ‚Gesellenzeit‘ zurechnen würde, gehören Veröffentlichungen in Zeitungen wie Feierstunden am häuslichen Heerde oder Deutsches Familienblatt, die May selbst für Münchmeyer redigierte, Arbeiten wie der Roman Auf der See gefangen für die Frohen Stunden des Dresdner Verlags Bruno Radelli, daneben Dorfgeschichten aus der erzgebirgischen Heimat und erste ‚exotische‘ Gehversuche wie Old Firehand oder Leilet, zeitgeschichtliche Anekdoten um die historische Figur Leopold I. von Anhalt-Dessau („Alter Dessauer“ genannt) und Humoresken, teils mit historischem Personal (wie Die Kriegskasse oder Husarenstreiche), teils schwankhaft, mitunter auch dialektal geprägt (Ausgeräuchert, Im Wasserständer, Im Seegerkasten), teils beherrscht von einer Situationskomik, die man aus Lustspielen, Schwänken und dem ‚Vaudeville‘ kennt, mit wiedererkennbaren Typen – der hagere Alte, die dicke ‚Mamsell‘, die jungen Liebenden.
Immer wieder variiert May in solch frühen humoristischen Gehversuchen der ‚Gesellenzeit‘ die Ausgangssituation des Paars, das (vorerst) nicht zusammenkommt, weil er arm und nicht sesshaft ist, sie hingegen eine präsumtive reiche Erbin oder das Mündel eines hochangesehenen Honoratioren oder zumindest bei einem solchen in Dienst. Gern hat er sich als Motiv auch des ‚geplatzten Stelldicheins‘ bedient, so etwa in der Dialekt-Humoreske Ausgeräuchert und ihrer späteren Variante Die Laubthaler. Hier spielt jeweils auch das Thema des reichen Geldfunds (Taler aus der Franzosenzeit) eine Rolle. Schätze und Schatzgräber sind ein ‚running gag‘ im May’schen Werk geworden, oft mit ernsten Untertönen. Je älter May wurde, umso deutlicher distanzierte er sich von der Jagd nach Materiellem, dem „Deadly dust“, wie das in einer frühen Winnetou-Geschichte heißt.
Im Frühwerk sind diese Schätze, nach denen meist schon lang und vergeblich gefahndet worden war, noch harmloser Natur; die Auffindung des pekuniären Schatzes führt zum Gewinn des geliebten weiblichen Schatzes, mit oder ohne Komplikationen.
May selbst wird sich der Harmlosigkeit dieser Plots bewusst gewesen sein, so suchte er nach Kombinationen; Variationen und Erweiterungen seiner simplen Grundmotive; ein schönes Beispiel dafür ist die kleine Novelle vom Ducatennest, wo das Talerversteck in der Großvateruhr (bekannt auch aus dem Seegerkasten10) kombiniert wird mit der Situationskomik des heimkehrenden Ratsherrn, der dummerweise in den Wasserständer gerät, den die jungen Leute statt des bequemen Stuhls aufgestellt hatten, bevor ihr Stelldichein durch das verfrühte Eintreffen des Epperlein gestört wurde. Mechanische Komik, repetierter Humor und ein (echter) Sinn für komische Situationen und deren erzählerische Aufbereitung zeigen im Ducatennest, dass May viel gelernt hatte als Erzähler, auch wenn die frühen, simplen Fassungen seiner komischen Geschichten manchmal überzeugender wirken eben durch den Verzicht auf Kombinationen und erzählerische Raffinesse.