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Xanten 8. Siegfried der Drachentöter
ОглавлениеAus Wieland der Schmied.
(Amelungenlied I.)
„Drei Söhne zeugte Wate, der älteste war ich,
Der andere hieß Eigel, der dritte Helferich. – –
An ihm war viel versäumet, des war er sich bewußt,
So wollt' er an den Söhnen doch schauen seine Lust!
Die sollten alles lernen, das deucht' ihm keine Schmach,
Sich jeder Kunst befleißen, an der ihm selber gebrach.
Nun wußt' er wohl die Märe, daß an des Rheines Strand
Der Schmiede bester wäre, Mime genannt;
Auch hatte Nordlands König, sein Bruder Nordian,
Eckarten den getreuen zu diesem Meister getan.
Im Kriege braucht man Waffen, zu Schutz und Trutz gesellt,
Wer die sich mag verschaffen, das ist der beste Held:
So dachte König Nordian, drum sandt' er seinen Sohn
Zu Mimen in die Lehre und verhieß ihm reichlichen Lohn,
Wenn er dem Jungen hülfe zu seiner Meisterschaft.
Nun hatte bei Waten dies Beispiel große Kraft:
Er sandt' auch mich zu Mimen: das war dem König lieb,
Daß Eckart da, der Treue, nicht ohne Gefährten blieb.
Wir wurden Schwurbrüder, Eckart und ich,
Wie wir schon Vettern waren; von meiner Seite wich
Der treue Knabe nimmer, er war mein fester Schild.
Viel mußte meine Jugend von den zwölf Gesellen wild
Und Siegfrieden dulden. Denn oft zu Mimen kam
Der junge Frankenkönig und niemand war ihm gram,
Obwohl er alle neckte und die Gesellen schlug.
Mich ließ er lang' in Frieden, weil es Eckart nicht ertrug,
Wenn seinem Notgestallen das kleinste Leid geschah:
Wie oft an den Gesellen er ihn das rächen sah!
Doch konnt' er's einst nicht lassen in seinem Übermut
Mich Elfensohn zu schelten: da geriet Eckart in Wut
Und warf seine Zange Siegfrieden hinters Ohr,
Daß der Knabe blutete und schier den Sinn verlor;
Doch kam er bald zu Kräften: Mit seiner linken Hand
Griff er Eckarten ins Haar und warf ihn in den Sand.
Da lief ich ihm zu Hilfe und die Gesellen all',
Wir sparten nicht der Schläge: das war ihm eitler Schall:
Er zog doch bei den Haaren Eckarten vor die Tür.
Da trat aus seinem Hause der alte Mime herfür.
Mit strafenden Worten sprach der zu Siegfried:
„Was schlägst du meine Burschen, unnützer Störefried?
Wenn sie was Nützes schaffen, läßt du sie nie in Ruh',
Nichts schaffen kannst du selber, nur Unfug sinnst und schaffest du.
Dein Sinn ist unbändig, hier kann sich niemand mehr
Vor deiner Wildheit fristen. Was läufst du stets hierher?
Wir mögen wohl entraten so ungestümen Gast:
Fürwahr du lägest besser den Hundingen so zur Last,
Die deinen Vater schlugen, und rächtest seinen Tod,
Als daß du meine Leute schindest ohne Not.
Er ist doch nun gewachsen über Manneslänge schier:
Zu Felde sollt' er liegen, nicht in der Schmiede bei mir.“
Da sprach mit lautem Lachen König Siegmunds Kind:
„Da seht ihr einmal wieder, wie töricht Greise sind:
Ich weiß es auswendig, das ew'ge, alte Lied,
So oft hab' ich's vernommen von dem verloffnen Fahnenschmied:
So schmiede mir die Fahne, so schmiede mir das Schwert!
Du hast es längst verheißen: wann wird mir das gewährt?
Kann ich Hundings Söhne zerkloben mit der Faust?
Du aber sollst erproben, wie stark sie hämmert und saust,
Wird nicht das Schwert geschmiedet in dreier Tage Frist:
Die meine Rache fühlen, du dann der erste bist.
Du fährst zu Hels Reiche, zu Siegmund kommst du nicht,
Sonst könntest du ihm sagen, ob ihm Siegfried Rache verspricht.“
Da ließ nicht mit sich scherzen Siegfried, Siegmunds Sohn:
Er war in hohem Zorne, im Zorn ging er davon.
Dem Meister ward, dem alten, doch vor dem Knaben bang;
Er mocht' es nicht gestehen, er trällerte, pfiff und sang,
Doch hub er an zu schmieden und schlug ein gutes Schwert
In den dreien Tagen, wohl eines Helden wert:
Das gab er Siegfrieden und sprach: „Da nimm es hin
Und strafe Hundings Söhne, daß ich dein nur ledig bin.“
„Erst will ich es versuchen,“ sprach der junge Held,
„An diesem Amboße, ob es die Probe hält.“
Da tat er auf das Eisen einen ungefügen Schlag,
Daß das Schwert zerbrochen ihm halb zu den Füßen lag.
„Das ist nun dein Geschmiede,“ sprach da Siegfried,
„Mime, greiser Prahlhans, du unnützer Schmied:
Kannst du nichts Beßres wirken als solch ein gläsern Ding,
So bist du zum Erschlagen, zum Hängen selbst zu gering.“
Da schritt aus der Schmiede der junge Recke stark.
Das wurmte nun den Alten und zehrt' ihm an dem Mark,
Daß er ihn so gescholten vor der Gesellen Schar:
Er hatte doch gegolten für den besten Meister immerdar.
Er setzte sich zu schmieden und wirkte Tag und Nacht
An einem Schwert so schneidig, wie er noch keins erdacht;
Auch war es ungefüge, von mächtigem Gewicht:
Er sprach zu Siegfrieden: „Dies Schwert zerklobst du mir nicht.
Es wird schon Mühe kosten, wenn es dein Arm erschwingt.“ –
„So will ich nur versuchen, wie der Amboß klingt.“
Sprach der junge Degen und schwang es, daß es pfiff:
Da zerbrach auf dem Eisen die Klinge dicht an dem Griff.
„Das geht schon besser,“ sprach er, schrecklich war sein Ernst.
„Schmiedst du noch tausend Jahre, vielleicht, daß du es lernst.
Ich hätte Lust und würfe dir ins Gesicht das Heft.“
„Dir schmieden,“ sprach Mime, „das ist ein übles Geschäft:
Es lebt kein Schmied auf Erden, dem es gelingen mag;
Schmiede du dir selber, ich tu' keinen Schlag
Für dich mehr auf den Amboß.“ Er sprach: „So ist es recht,
Ich will mir selber schmieden, ihr Affen könnt es gar zu schlecht.
Nun will ich euch das Handwerk lehren aus dem Grund:
Schaut mir zu, Böhnhasen, ich weiß manch seltnen Fund.
Da glüht schon eine Stange in der Esse Glut,
Die reicht mir her, ich fange nun an, mein Schmieden wird gut.“
Aller Hämmer schwersten nahm er in die Hand.
„Achtung, daß ihr was lernet,“ rief er zornentbrannt.
Da schlug er auf die Stange einen Schlag, der war nicht krank,
Der Stein zerbarst, der Amboß in der Erde Grund versank;
In Funken war zerstoben der glühen Stange Last,
Zerbrochen lag die Zange, mit der er sie gefaßt,
Der Schlegel brach in Stücken nieder von dem Schaft,
Das Haus begann zu zücken von des Schmiedes kindischer Kraft.
„So sollt ihr mir schmieden,“ sprach Siegfried, „fortan:
Morgen komm' ich wieder, und wer es da nicht kann,
Den schweiß' ich auf den Amboß.“ So ging er aus dem Haus:
„O weh des Geschmeides,“ rief unser Meister da aus,
„O weh mir, immer wehe, daß ich den Tag erlebt,
Wo mir das Herz in Ängsten vor diesem Knaben schwebt.
Nun leb' ich siebzig Jahre und drüber manchen Tag,
Und nimmer sah ich, nimmer einen fürchterlichern Schlag,
Als den auf diese Stange ein Kind hat geführt.
Und kommt er zu Jahren, daß ihn der Blitz nicht rührt
(Das steht allein zu hoffen), so halte dich nur fest
In deinen Fugen, Erde, sonst gibt sein Arm dir den Rest.
Nun gönn' uns Godan gnädig vor seinem Ingrimm Ruh',
Und werd' ich sein nicht ledig, ich weiß nicht was ich tu'.“
So sprach der greise Meister in seines Herzens Not:
Er sann das Kind zu töten, da fand er selber den Tod.
Derweil zu seiner Mutter ging Siegfried der Held.
Da ward er wohl empfangen: sie sah nichts auf der Welt
So gern als seine Augen. Sie bot ihm lautern Trank
Und hieß ihn niedersitzen, des sagt' ihr der Junge Dank.
„Ich komme nur zu fragen, ob ich recht vernahm,
Daß Siegmund, meines Vaters, Schwert Euch überkam?
Mich dünkt, ich hörte sagen, er gab's in Eure Hand,
Als er von Godans Neide den Tod und den Unsieg fand.“ –
„Wohl hast du recht vernommen, es brach an Godans Speer:
Von Godan ist sie kommen, die gute Waffe hehr.
Als er bei Signes Hochzeit sie in die Eiche stieß,
Heraus zog sie Siegmund, kein andrer vermochte dies.
Die Godan hat verliehen zerging an Godans Kraft;
Er mochte wohl beneiden des Helden Siegerschaft.
Mir blieben nur die Stücke; doch Siegmund sprach im Tod,
Durch Helm und Panzer zücke damit ein Held noch Wunden rot.“
„So gebt mir her die Splitter,“ fiel ihr Siegfried ein,
„Und schlagen sie noch Wunden, laßt mich den Helden sein.
Hier ist ein Schmied, heißt Mime, ein Stümper seiner Kunst,
Jedennoch soll er's schmieden; vielleicht gerät's durch Godans Gunst.“
Da gab sie ihm die Stücken und sprach: „Du bist es wert
Und wisse, dir bestimmte Siegmund im Tod das Schwert.“
Am Morgen ging der Junge, wo er den Alten fand.
Er sprach: „Ich lass' Euch leben, voraus zwar ist mir bekannt,
Daß Ihr den Schlag nicht könnet, den ich Euch gestern wies
Und bei schwerer Buße mir nachzuschlagen hieß;
Doch wenn Ihr in drei Tagen mir ein gutes Schwert
Aus diesen Stücken schmiedet, so wird Euch Gnade gewährt.
Zerbricht es aber wieder, so ist es Euer Tod:
Mit Euch schon allzulange hab' ich meine Not.“
Und Mime sprach, der Alte: „Nun sage, junger Held,
Was denkst du zu beginnen, wenn ich das Schwert dir hergestellt?“
„Siegmunds Tod zu rächen,“ versetzte Siegfried.
Und wieder sprach Mime, der schlaue Waffenschmied:
„Und brauchst du einen Harnisch nicht auch zu der Fahrt?
Nicht Helm und Eisenhosen? einen Schild, der dich bewahrt
Vor Schwertern und vor Speeren? Nie zog wohl in den Krieg
Ein Held, der das nicht hatte und auch kein Roß bestieg.“
Da sprach der junge Degen: „Das mag von Nutzen sein,
Und willst du mir es schmieden, so sag' ich dazu nicht nein;
Das aber sollst du wissen: Wo man zum Streite kommt,
Da kann ein Mann nichts haben, was ihm so sicher frommt
Als ein Herz im Busen; hat er dazu ein Schwert,
Das andre wird ihm alles wohl in den Kauf noch beschert.“
Da sprach der gute Meister: „Was dir zu haben not
Will ich dir alles schmieden: du sollst nicht in den Tod
Mit einem Schwerte rennen. Nur fehlt es an der Glut;
Willst du mir Kohlen brennen, so schür' ich das Feuer gut
Und wirke dir in kurzem das blanke Rüstgerät.
Es getrauen meine Knechte sich weder früh noch spät,
Wie sehr es fehlt an Holze, so tief in meinen Wald:
Er sei der Ungeheuer und der Drachen Aufenthalt,
Und was sie sonst noch fabeln. Das wirst du wohl nicht scheun:
Du ringst mit den Wölfen und bändigst die Leun.“
Da sprach der junge Siegfried: „So macht man Kindern Graus:
Ich fälle dir die Bäume und brenne Kohlen daraus;
Nur her mit dem Geräte.“ Das gab man ihm sofort,
Auch lehrt' ihn Mime finden im tiefen Wald den Ort,
Wo er holzen mög' und Kohlen brennen aus dem Holz,
Zu Walde fuhr da Siegfried, der junge Welsunge stolz.
Doch Mime war zum Walde gegangen früh am Tag,
Wo brütend über Schätzen sein Bruder Fafner lag.
Das war ein grimmer Drache, der nährte sich von Blut;
Bestehen mochte niemand des grimmen Lindwurmes Wut.
Zu Fafnern sprach da Mime: „Einen Knaben send' ich heut'
Zu dieses Waldes Tiefen, der ist sehr ungescheut
Und schafft mir eitel Ängste; den töte so du willst:
Mir ist lieb, wenn du den Hunger an dem frechen Unholde stillst.“
Da sprach sein Bruder Fafner: „Schon gut; er kommt doch bald?
Es ist jetzt gar so einsam hier in dem tiefen Wald;
Ich sehe gerne Leute bei mir auch dann und wann;
So allein ist's zum Verschmachten für den Menschenfreund in dem Tann.“
„Zu Mittag wird er kommen.“ – „Das ist mir herzlich lieb.
Er ist zu Tisch gebeten, ich wünsche nur, er blieb'
Auch nicht so lange außen: mir wird das Fasten schwer;
Das Mahl verschieb' ich ungern: send ihn ja zeitig hieher.“
„Sei deshalb außer Sorgen, ich geh' und schick' ihn dir.
Mich heute zu besuchen versprach der Knabe mir:
Dann kommt er in der Frühe, das bin ich schon gewohnt.“
„So hoff ich nur,“ sprach Fafner, „daß es der Mühe verlohnt.“ –
Noch stand die Sonne niedrig, da fuhr zum grünen Wald
Siegfried der junge: wie fröhlich ward er bald,
Als er im lichten Scheine die Bäume grünen sah:
Vor Freuden wollt' er springen, nicht wußt' er wie ihm geschah.
Er begann ein Lied zu singen: nach sang's der Widerhall:
Da schuf ein lustig Ringen der starken Stimme Schall.
Bald freut' ihn mehr zu lauschen des Bächleins munterm Gang,
Bald wie ein wonnig Rauschen durch alle Läuber sich schwang.
Von abertausend Stimmen der Wald erfüllet war,
Von Blüten summten Immen zu Blüten immerdar;
Bald Adlerflügelschläge, bald kleiner Vögel Lied,
Bald Reh im Laube raschelnd, bald Wasservögel im Ried.
Hier ging ein Rudel Hirsche; Zwanzigender stolz
Wiesen den Hinden die Wege durch das Holz;
Dort schoß ein wilder Eber auf seiner Jagd vorbei,
Hier falzten Auerhähne, dort kreiste herrlich der Weih.
Wie leuchtend durch die Grüne die Morgensonne schien,
Siegfried der kühne sprang wie ein Tor dahin:
Er hatte nie die Wunder der Wildnis gekannt:
Bald an dem Orte stund er, dahin ihn Mime gesandt.
Vor einem hohlen Berge hub er zu holzen an:
Die Streiche widerhallten weithin im tiefen Tann.
Er schwang die Axt so mächtig, daß auf den dritten Schlag
Eine königliche Eiche die Krone senkend erlag.
Auch mußten sich ihm neigen der süßen Linden viel,
Mit dichtbelaubten Zweigen die Esche niederfiel.
Die Fichten und die Tannen huldigten ihm auch:
Du willst den Wald ausreuten, ist das wohl Försters Gebrauch?
Darunter macht' er Feuer: erst stieg der Rauch empor,
Dann schlug ungeheuer die Glut zum Himmelstor;
Noch schwang er eine Buche darauf mit starkem Arm:
Den Wanen und den Asen ward in den Himmelswelten warm.
Da setzt' er sich zu rasten und sah die Funken sprühn,
Die heißen Glieder kühlend unter der Linde grün.
Dann nahm er alle Speise, die er mitgebracht,
Genug für sieben Tage, so hatte Mime gedacht:
Den ganzen Wochenvorrat, den aß er auf einmal
Auf einem grünen Hügel: noch schien die Kost ihm schmal.
Dann griff er zu dem Schlauche und trank den kühlen Wein:
Bald goß er mit Behagen den letzten Tropfen hinein.
Da drang ihm durch die Glieder Gefühl der Kraft und Lust:
Er wußte sich gewaltiger als er sich je gewußt.
Da sprach er: „Abenteuer, und kommt ihr noch nicht bald?
Ihr seid doch allzu teuer in diesem verrufnen Wald.
Es ist ein rechter Jammer, wie wunderlos die Welt:
Wie soll sich da erweisen in seiner Kraft ein Held?
Thursen, Bergriesen, die sieht man gar nicht mehr:
O führ' doch aus der Wildnis ein rechtes Scheusal daher,
Daß ich erproben könnte, ob wohl mein Arm so stark
Als einem Welsung ziemet; mich dünkt, ich spüre Mark
Genug in den Gebeinen, auch schwillt mir so der Mut,
Daß mir nicht bangen sollte vor aller Ungetüme Wut.“
Nun kam zur selben Stunde Fafner der grimme Wurm
Aus des Berges Schlunde; er schoß daher im Sturm,
Die Beute zu verschlingen lechzt' ihm schon der Gaum:
Da fuhr der junge Degen empor aus seinem Heldentraum.
Er sah den Drachen fliegen und sprach: „Wie bin ich froh!
Wie ich es eben wünschte, es fügt sich völlig so:
Nun kann ich mich versuchen.“ Hin lief der Recke gut
Und riß die mächt'ge Buche hervor aus des Feuers Glut.
Seine Kraft war sondergleichen: er lief den Lindwurm an
Und schlug ihm in die Weichen, daß weit erscholl der Tann.
Da sprühte Gift und Geifer des wilden Drachen Schlund;
Und wieder schlug ihn Siegfried: da ward ihm Heldenstärke kund.
Nun wandte sich der Drache, er ringelte den Schweif
Und zuckte nach dem Jüngling mit schnell entrolltem Reif;
Der aber sprang zurücke und schlug ihm auf das Haupt
Mit dem Feuerbrande: da war er Sinnes beraubt
Und stöhnte furchtbar brüllend die Lebensgeister aus,
Den Wald mit Schrecken füllend und alles Wild mit Graus.
Noch fielen schnelle Schläge herab von Siegfrieds Hand:
Da war der Wurm gestorben, sein letzter Seufzer entsandt.
Die Axt ergriff da Siegfried und tat so grimmen Schlag,
Daß gleich das Haupt des Wurmes ihm zu den Füßen lag.
Die roten Blutströme sammelten sich zum See;
Dem jungen Helden wurde von seinen Arbeiten weh.
Noch gönnt' er sich nicht Ruhe: in des Drachen Brust er brach
Und forschte da dem Herzen des Ungetümes nach.
Da verbrannt' er sich die Finger, es war zum Glühen heiß;
Nun tat er, was ein jeder tut, wenn er den Grund auch nicht weiß:
Er steckte sie zu kühlen geschwind in seinen Mund;
Da ward dem stolzen Knaben seltsame Märe kund:
Drei Nachtigallen schlugen auf dem Lindenast,
Und alles, was sie sangen, das galt dem herrlichen Gast.
Da war ihm als verstünd' er der Vögel Liederschall;
Nun hört, was ihm gesungen die erste Nachtigall:
„Wenn er im Blute badete, der junge Degen wert,
Kein Eisen je ihm schadete, ihn verwundete kein Schwert.“
Die zweite sang: „Der Jüngling ist nun reich genug,
Der Hort ward sein eigen, als er den Drachen schlug,
Auf dem im hohlen Berge der arge Fafner lag.
Einen Schatz so unerschöpflich beschien wohl nimmer der Tag.“
Alsbald begann die dritte: „Nun räch' es seine Hand
An Mimen, der ihn böslich zu Fafnern gesandt.
Denn des Drachen Bruder ist der weise Schmied:
Und soll er's nicht entgelten, der Meister, der ihn verriet,
So rächt noch an ihm selber Mime des Bruders Mord.“
Das alles hörte Siegfried, ihm entging nicht ein Wort.
Nicht lang' blieb unentschlossen der teure Degen gut,
Ab riß er seine Kleider und warf sich rasch in die Flut.
Als er sich gebadet dem roten Blut entschwang,
Da begehrt' er nicht des Hortes, von dem der Vogel sang,
Er begehrte nur zu rächen König Siegmunds Tod.
Und wieder sang der Vogel vom Hort; er sprach: „Was hab' ich not
Des Golds im Drachenbette? Lachen müßten hell
Hundings stolze Söhne, wollte minder schnell
Ein Königssohn um Rache werben, denn um Gold:
Vergäß' ich so des Vaters, da wär' ich so Schätzen allzu hold.
Noch ist er ungerochen: was schaff' ich hier im Wald?
Mir tat doch nichts zuleide der Drachen Ungestalt;
Auch hab' ich noch zu rügen Mimes Verrat.“
Da rannt' er aus dem Walde und war der Schmiede schon genaht,
Als Eckart ihn erschaute, der immer Treue pflag.
Da warnt' er seinen Meister: „Euer jüngster Tag
Ist, wähn' ich, nun gekommen, wenn Ihr nicht eilends flieht:
Da rennt schon aus dem Walde der junge Recke Siegfried,
Und trägt das Haupt des Drachen in seiner starken Hand:
Er schlägt uns all' zu Tode, fliehn wir nicht unverwandt.
Wir sind hier unser zwölfe, doch ist er so im Zorn,
Und kämen ihrer hundert, die wären alle verlorn.“
Da liefen die Gesellen und bargen sich im Wald.
Aber Mime wollte nicht fliehen: „Ich bin so alt:
Soll ich mich vor dem Knaben verkriechen in den Tann,
Der kaum zwölf Jahre zählet? Gar übel ständ' es mir an.“
Da warf sich ihm zu Füßen Eckart, um sein Knie
Die treuen Arme schlingend: „Flieh, guter Meister, flieh:
Wenn Siegfried dich erschauet, ich weiß, es ist dein Tod.“
„Steh auf, ich will nichts hören,“ das war des Meisters Gebot.
Da trat schon in die Türe der fürchterliche Gast.
Und Mime sprach: „Du trugest heut' schwerer Arbeit Last:
Dafür wird dir am Abend willkommner Lohn beschert:
Ich fand noch alte Kohlen und schmiedete Siegmunds Schwert.
Willst du mit Hundings Söhnen nun ziehn in den Streit,
So hab' ich Helm und Harnisch schon auch für dich bereit,
Dazu die Eisenhosen, den festen Schild zugleich:
Sie waren Ortniten bestimmt, dem Herrn in Ostenreich.
Nimm auch aus meinem Stalle das allerbeste Roß,
Das mit gewalt'gen Schenkeln wohl je ein Held umschloß;
Das soll dich immer tragen, wenn du zum Kampfe sprengst:
Grani ist sein Name, von Brunhilds Stuten fiel der Hengst.“
Da gab dem Helden Mime die Eisenhosen hin:
Die schnallt' er um die Beine, wohl kleideten sie ihn;
Dann reicht' er ihm den Harnisch: der warf so lichten Schein;
Siegfried stülpt' ihm über und fuhr mit der Brust hinein.
Da bot ihm der Meister des Helmes lautern Glanz;
Den schwang er sich zu Häupten und stand gerüstet ganz.
Nun gab ihm auch der Alte den stahlharten Schild;
Doch immer schwieg Siegfried und blickte fürchterlich wild.
Jetzt blieb ihm noch zu geben Siegmunds gutes Schwert;
„Erst will ich es versuchen,“ sprach der Degen wert:
Er schwang es in den Lüften und bot so scharfen Gruß
Dem guten Amboße, daß er zerspellte bis zum Fuß.
Nicht zerbrach die Klinge, die ungeschartet blieb:
„Das Schwert ist wohlgeraten, das zeigte dieser Hieb,“
Sprach der junge Degen, „darum so weih' ich's ein,
Schächern und Verrätern ein furchtbarer Feind zu sein.
Schwer sollen Siegmunds Mörder empfinden seine Wut
Und schwer, wen je gelüstet nach seines Sohnes Blut:
Du Mime, Fafners Bruder, bist hier der erste gleich.“
Da schwang auf den Meister seine Hand den tödlichen Streich.
Mime der alte erschlagen lag da auch:
Er gab in Eckarts Hände den letzten Lebenshauch.
Dem wollte niemand folgen, wie gut er immer riet:
Wie oft das werten Helden ein frühes Ende beschied!
K. S. [Karl Simrock]