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Hag 2. So viel Kinder als Tag' im Jahr

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Ihr müßt nicht alles glauben, was man erzählt und schreibt,

Ich will Kritik erlauben, wenn ihr sie geistvoll treibt.

Was neulich mir erzählte vom Hag ein alter Mann,

Graf Hennebergs Vermählte geht dieses Wunder an.

Zu ihr Almosen heischend kam eine Bettelfrau,

Zwei Zwillingskinder kreischend trug sie im Arm zur Schau.

So überreich gesegnet, doch arm an Geld und Gut,

Da hat sie sich verwegnet zu heischen wie sie tut.

Die Gräfin rief entrüstet: „Fort, unverschämtes Weib,

Mit eitel Schande brüstet sich so dein schnöder Leib.

Fort, fort, es ist mein Zimmer der Buhlerin zu rein:

Zwei Kinder können nimmer von einem Vater sein.“

Da sprach die Schwergekränkte: „So wünsch' ich denn fürwahr,

Daß Gott Euch Kinder schenkte so viel als Tag' im Jahr.“

Der Wunsch war ausgesprochen: die Gräfin klagte sich,

Bald nahten ihr die Wochen; da ging es wunderlich:

Dreihundertfünfundsechzig der Tage zählt das Jahr,

Dreihundertfünfundsechzig der Kindlein sie gebar.

Der heil'gen Taufe Gaben, lebendig allzumal,

Empfing sogleich der Knaben und Mädchen Überzahl.

Elisabeth, den Namen gab man den Töchterlein,

Johannes, den bekamen die Knaben insgemein.

Man zeigt noch heut' die Becken, darin sie sind getauft;

Die Mutter hat vor Schrecken die Haare sich gerauft.

Vor Schreck ist sie gestorben; die Kindlein haben auch

Bald Gottes Reich erworben durch heil'ger Taufe Brauch.

Vom Hag ist es geschehen nicht eine Meile weit,

Ihr mögt das Grab noch sehen, wenn ihr ungläubig seid.

K. S. [Karl Simrock]

Sagen aus dem Rheinland

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