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20. Der Kölner Dom

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„Bevor zum Dom ihr Steine findet,

Bevor das Fundament verschwindet,

Euch Schwätzern rühm' ich's ins Gesicht,

Soll mir ein Bach die Stadt begießen,

Gefaßt in Marmelsteine schießen.“

Nun höret, was der andre spricht:

„Bevor ihr finden mögt die Quelle,

Bevor ihr leiten mögt die Welle

Die Straßen hin, in Stein gefaßt,

Soll stehn vollendet was ich baue,

Soll schwimmen in des Himmels Blaue

Des Domes Schiff und Doppelmast.

Erst dann, wie unter Moses Stabe,

Wird euch des reichsten Quelles Labe

Entspringen aus dem Münsterflur;

Der Quell entströmet nur den Händen,

So diesen Gottesbau vollenden;

Ihr kennt den Meister, hört den Schwur!“ –

Auf seinem Steine steht der Meister,

Die Seinen ruft er, stellt und weist er,

Das Pergament in fester Hand;

Aufspringt der Erde Felsenkammer,

Der Meißel klingt, es tönt der Hammer,

Lebendig wird das weite Land.

Er senkt das Kreuz im Grunde nieder:

Als Säulenwand ersteht es wieder,

Das lebenreiche Samenkorn;

Das Kleeblatt quillt aus seinem Schoße,

Die Lilie steigt, es flammt die Rose

Aus seinem unerschöpften Born.

Die Säulenäst' im Dach verwoben,

Wie eine Brust im Schmerz gehoben,

Gen Himmel atmend, steigt der Chor;

Wie mit Gesang hinangeschwungen,

Wie im Gebet erstarrte Zungen

Stehn tausend Blumentürm' empor.

Schon blicken durch des Domes Bäume

Des Himmels lichtgemalte Räume,

Die ew'ge Morgenröte schon:

Du darfst die Königin der Frauen

Im Seraphinenkranze schauen,

An ihrer Brust den ew'gen Sohn.

Derweil zerquält der andre Meister

Vergebens forschend seine Geister,

Die Stirne drückt der schwarze Wahn:

Er pocht am Hügel, in den Tiefen,

Doch alle Nixen, Elbe schliefen:

Drum hebe mit dem Höchsten an!

Und endlich sprengt des Hauses Jammer

Des Stolzes lang gehaltne Klammer:

„Geh hin, o Weib, ich beuge mich.“

Sie wirft, der Schwester Knie umschlingend,

In bleichem Gram die Hände ringend

Zu der Beglückten Füßen sich:

„Ich weiß, dir hält er nichts verborgen:

In seine höchsten, tiefsten Sorgen

Hat dich der Meister eingeweiht;

Sein Name tönt im Psalmenruhme,

Er baut ihn auf im Heiligtume:

Nun, Schwester, übt Barmherzigkeit!“

Sie sprach: „Mein Glück will Glück nur sehen;

Geschehe mir was mag geschehen!

Heb, Schwester, Knie und Augen hell:

Der Stein, auf dem er einst gestanden,

Das Pergament in seinen Handen,

Im Flur des Turmes, deckt den Quell.“ –

Und kaum hat jener Kund' empfangen,

So kommt er stolz zum Dom gegangen:

„Heran! hier ist der Mosesstab!“

Er schwingt den Hammer, bricht die Schwelle,

Und lustig springt die reiche Quelle

Hervor aus ihrem Marmorgrab.

Des Domes Meister naht im Grimme,

Er singt mit feierlicher Stimme,

In seiner Hand das Pergament:

„Ich leg' euch, Türm', in Zauberbande!

Hinunter Quell, verdürst im Sande!“

So sang der Meister und verschwand.

Erloschen sind des Himmels Kerzen,

Es starren zwei gebrochne Herzen

Die Türme noch vom Kölner Dom:

Doch mögt ihr nachts geruhig lauschen,

So hört ihr dumpf die Tiefe rauschen

Und Geister hadern in dem Strom.

A. L. Follen.

Sagen aus dem Rheinland

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