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19. Bischof Anno
ОглавлениеSt. Anno, Bischof Kölns, wo denkst du hin?
Willst du der heil'gen Stadt ihr Recht entziehn?
„Sie hat's verwirkt,“ so sprach der strenge Mann,
„Ich stumpf' es, daß es nicht mehr schaden kann.
Das Horn der Kuh ist allzu spitz und scharf,
Die übern Zaun den eignen Herren warf.
Mit Müh' erstand ich von dem schweren Fall:
Gebunden steht sie jetzt in meinem Stall.
Ein edles Roß bezwingt Gebiß und Zaum,
Wie es sich bäumt und knirscht und spritzt den Schaum.
Ich Salz der Erde, sollt' ich werden dumm?
Den Baum, der keine Frucht trägt, hau ich um.“
So sprach der Bischof und in Knechtsgestalt
Gehorcht' ihm Köln durch Furcht und durch Gewalt.
Doch als er siech ward und zu sterben kam,
Ein heil'ger Engel seine Seele nahm,
Führt' ihn in einen königlichen Saal,
Von Perl' und Gold die Wände nirgend kahl.
Da war Gesang und wonnigliches Spiel
Und aller Himmelsfreuden überviel.
Bischöfe saßen da in vollen Reihn,
Und jedem schien vom Haupt der Heil'genschein.
Da saß mit Petri Stabe St. Matern,
Der Jünger des Apostels unsers Herrn.
An Severin sah Kunibert empor
Und Hildebold, den Kaiser Karl erkor.
Bei Bischof Bruno, König Heinrichs Sohn,
Empfing St. Heribert den Himmelslohn.
St. Annos Vorfahr Herman saß zuletzt,
Und neben ihm ein Stuhl war unbesetzt.
Wie freute sich St. Anno, das zu sehn!
Er sah den Stuhl zu seiner Ehre stehn.
Wie gerne säß' er bei der sel'gen Schar!
Den lieben Stuhl ergriff' er gern fürwahr;
Dazu nicht gönnten ihm die Fürsten Fug,
Weil vor der Brust er einen Flecken trug.
Aufstand der Herren einer, hieß Arnald;
Als Bischof hatt' er einst zu Worms Gewalt.
Der nahm St. Anno freundlich bei der Hand,
Beiseit' mit süßer Red' er ihn bestand:
„Mann Gottes, tröste dich, und wisse nun
Noch diesen garst'gen Fleck hinweg zu tun:
Fürwahr, dir ist der ew'ge Stuhl bereit,
Willkommen bist du uns in kurzer Zeit;
Doch hier verbleiben jetzo kannst du nicht:
Dir zeigte Christus darum dies Gesicht,
Damit du sähst, wie lauter und wie rein
Ein Herz, das er hier dulde, müsse sein.
Geh und bedenke deiner Seele Heil:
Welch herrlich Leben wird dir bald zuteil!“
Das fiel dem Bischof Anno schwer aufs Herz,
Daß er sich sollte wenden erdenwärts.
Nicht um die Welt, wenn man ihn nicht verstieß,
Entsagt' er jetzt dem schönen Paradies.
Als aus dem Schlaf St. Anno war erwacht,
Was ihm zu tun blieb, hatt' er bald erdacht.
Den Kölnern schenkt' er wieder seine Huld,
Und sprach sie los von schwerer Sünde Schuld.
Er gab ihr Recht der heil'gen Stadt zurück
Und mehrt' es noch um manches wicht'ge Stück.
Da war der schwarze Fleck hinweggetan
Und wie ein Goldstern fuhr er himmelan.
K. S. [Karl Simrock]