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Wie die Laren „erhaben“ wurden – Loyalität als Nachbarschafts-Programm

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Aber dass sie auch dem Kaiser gegenüber verantwortlich waren und ihn und seine Autorität in gewisser Weise repräsentierten, wird an einem zentralen Detail der Reform des Jahres 7 v. Chr. deutlich, über das jetzt noch kurz zu sprechen ist: Die lares compitales erhielten im Zuge der Neuorientierung eine Namensergänzung, nämlich die Zusatzbezeichnung augusti, „die erhabenen“. Man kann auch schreiben: lares Augusti, „die Laren des Augustus“. In den zahlreichen Inschriften zu den Laren-Altären kann man das nicht unterscheiden, da sie ausnahmslos in Großbuchstaben verfasst sind. Bezieht man die neue Bezeichnung ganz eng auf den Namen des Herrschers, wozu die meisten Wissenschaftler neigen, so wurden fortan die Kreuzungen gewissermaßen zum Eigentum des Augustus. Das klingt vermessen und wäre ein starker Bruch mit der Tradition der „Kreuzungs-Laren“.

Tatsächlich aber verschwand das alte Adjektiv compitales nicht völlig. Es wurde entweder durch augusti ergänzt oder von dem neuen Attribut zwar sprachlich überlagert, blieb aber im Bewusstsein der Menschen nach wie vor präsent. Harriet Flower legt in ihrer Studie über die „tanzenden Laren“ überzeugend dar, dass augusti eher als Adjektiv zu verstehen sei – und nicht als Genitivattribut Augusti. Ebenso entlarvt sie die gängige These, dass auch dem Genius Augusti an den Laren- Altären gehuldigt worden sei, als „Phantom der Wissenschaft des frühen 20. Jahrhunderts“.33

Auch wenn demnach gegenüber einer allzu engen Beziehung der Laren-Altäre zur Person des Augustus Skepsis angebracht scheint, liegt die Assoziation zum Cognomen des Herrschers, das ihm 20 Jahre zuvor verliehen worden war, durchaus nahe. Und sie sollte naheliegen; die Neuordnung wurde als Leistung des Princeps herausgehoben, nicht zuletzt durch den Beginn einer neuen vicomagistri-Ära mit eigenen, im Jahr 7 v. Chr. beginnenden Fasten. Auch ihr Amtsantritt spielte klar auf den Reformer an: Er lag auf dem ersten Tag des Monats, der seinen neuen Namen dem Kaiser verdankte – dem 1. August. In einer für ihn ganz charakteristischen Weise inszenierte sich Augustus hier zugleich als Bewahrer und als Erneuerer. Er führte eine alte kultisch-administrative Tradition in das neue, von ihm begründete Zeitalter hinüber. Damit verpflichtete er zum einen die neuen Vorsteher der Viertel auf sich; zum anderen band er den gesamten vicus in die Loyalität ihm gegenüber ein: Die „erhabenen“ Schutzgötter der


Altar der Lares augusti, gestiftet von den vicomagistri des vicus Sandaliarius, 2 v. Chr. In der Mitte Kaiser Augustus als Augur; links und rechts wohl Darstellungen der Laren als Beschützer des Viertels zentralen Wegekreuzung jedes Kiezes spielten natürlich auch auf den „erhabenen“ Lenker des Reiches an. Und so fügte sich die kleine, überschaubare vicus-Welt um das Laren-Heiligtum der Nachbarschafts-Heimat herum in die große imperiale Welt von Roms Herrschaftsgebiet ein.

Aber sie verlor sich darin nicht. Die Sorgen und die Bedürfnisse der kleinen Leute, die überall das Gros der vicus-Bevölkerung stellten, wurden ernst genommen: Sie durften alljährlich ihre Viertelsvorsteher wählen, die wussten, wie sie „tickten“, und die mit ihnen zusammen den öffentlichen Raum „bespielten“, der die Häuser, die Plätze und die Straßen ihres Viertels umfasste. Indes waren die vicomagistri keine kontrollierenden Blockwarte, sondern Funktionäre eines Kultes, der tief in den Vierteln verwurzelt war: Die Laren wachten über die Straßen und die Menschen ihrer Umgebung. Dass sie nun auch noch als augusti, „erhaben“, verehrt wurden, konnte sie in ihrer schützenden Rolle nach römischer Auffassung eigentlich nur bestärken: Eine gewisse Deal-Mentalität kann man der Religiosität der Römer nicht absprechen. Oder, lateinisch vornehmer formuliert: manus manum lavat, „eine Hand wäscht die andere“.

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