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Kann denn Lernen Sünde sein? – Anspruchsvolles fordert und belohnt

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Indes lässt sich eines überhaupt nicht bestreiten: Lernen gehört zu Latein – ebenso wie Gründlichkeit, Genauigkeit und Beharrlichkeit dazugehören. Latein ist ein kognitiv anspruchsvolles Fach (weshalb es ja so wichtig ist, dass es auch Spaß macht). Man braucht einen langen Atem, wenn man Latein lernt – ein Durchhaltevermögen, das in ähnlicher Weise wie die anderen gerade genannten Dispositionen wohl auch auf andere Stoffe und Situationen transferierbar ist. Und es sind Eigenschaften, die der Einzelne in unserer Gesellschaft und auch unsere Gesellschaft als Ganzes gut gebrauchen können.

„Lernen“ heißt auf lateinisch discere, und disciplina ist das Substantiv dazu. Ich kann nichts Schlimmes daran finden, wenn Latein allgemein einen Beitrag zur Lerndisziplin leistet: Disziplin und emanzipatorische Pädagogik, die die Stärkung des Individuums im Blick hat, schließen sich nicht aus. Lernen lernen ist durchaus eine Domäne des Lateinunterrichts. Das ergibt sich wesentlich aus der Struktur des Faches und der Sprache Latein. Und das ist auch gut so. Latein ist kein schulisches Billigangebot, aber es versteht sich ebenso wenig als Auslesefach, bei dem die Fünfen nur so rappeln und Schülerinnen und Schüler, die zu Hause keine Hilfe erhalten, von vornherein, umgangssprachlich formuliert, schlechte Karten haben. Die allermeisten Schulen haben, wenn es mal eng werden sollte, Fördermaßnahmen auch in Latein im Programm.

Latein und Schule sollen Spaß machen, aber es ist eine Illusion zu glauben, dass sie immer nur Spaß machen können – und ziemlich unverantwortlich, den totalen Spaß-Eindruck zu erwecken. Lernen ist auch Arbeit, und Latein lernen ist es hier und da mehr als in anderen Bereichen. Aber es ist keine vergebene Mühe; man kriegt auch eine Menge an Bildung und Nutzen dafür – mehr als in einem pädagogisch weichgespülten Wohlfühl-Ambiente, das auf Dauer auch nicht ganz so befriedigend ist.

Dieses Buch möchte Sie über das vielseitige Bildungsangebot des Lateinischen informieren, das sich mit der lateinisches Sprache sowie mit der Literatur und Kultur des Alten Rom verbindet. Der Buchtitel deutet an, dass dabei vieles Neue im Vordergrund steht, das in den letzten Jahrzehnten zu manchem Bewährten hinzugekommen ist und das Schulfach Latein in einer veränderten Bildungslandschaft und unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen zukunftsfest gemacht hat. Ich habe mich bemüht, mich im Ganzen an allgemein anerkannten fachdidaktischen Standards zu orientieren, aber Sie werden auch auf persönliche Akzente, Einschätzungen und Erfahrungen stoßen, die weniger repräsentativ sind. Wenn ich gelegentlich zu einer polemischen Formulierung greife, dann deshalb: Engagement und Leisetreterei passen nicht zusammen. In vielen Vorträgen und Diskussionen, in Präsentationen des Faches und bei Streitgesprächen über das Fach habe ich die Erfahrung gemacht, dass streitbares „Bekennertum“ mit Augenmaß besser ankommt als eine windelweiche Diplomatie, die keinem wehtun will. Warum sollte es bei einer schriftlichen Werbung für Latein anders sein?

Ich bin gespannt auf die Reaktionen. Und fasse noch ein bisschen provozierend zusammen: Gäbe es Latein nicht, man müsste es erfinden.

Dixi.

Latein - da geht noch was!

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