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„Se non è vero, è ben trovato!“ (Italienisches Sprichwort, dem Sinne nach: „Wenn’s auch nicht der Wahrheit entspricht, ist’s immerhin gut erfunden!“)

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Was der Kardinal mit Sicherheit weiß, ist, dass ihm auch sein Vater wünscht, dass er sein von Jugend an selbstgestecktes Ziel, den höchsten Posten im Vatikan, erreichen kann.

Als Kardinal Obembe noch ein ganz junger Priester gewesen war, hatte sein Vater ihm erklärt: „Weißt du, mein Sohn, gut zu regieren ist gar nicht so furchtbar schwer! Die meisten Regierungschefs afrikanischer Staaten scheitern an ihrer rücksichtslosen und maßlosen Gier. Wobei sie sich kein bisschen von unseren ehemaligen weißen Kolonialherren unterscheiden, die auch nur zu uns gekommen sind, um sich an uns zu bereichern und um uns auszuplündern.

Das schwarze Pack der herrschenden Oberschichten sollte sich schämen!“, hatte Patrice Obembe sich ereifert. „Es kriegt den Hals nicht voll, plündert die Ressourcen ihrer eigenen Territorien, lässt die eigene Bevölkerung ausbluten, bereichert sich selbst in geradezu obszönem Ausmaß – und wundert sich dann, wenn andauernd Unruhen ausbrechen und jahrelange Bürgerkriege ihr Land verheeren.

Und die Welt schaut zu und lässt diese Schweine gewähren! Anstatt die unfähigen Regierungschefs zum Teufel zu jagen, wenn es sein muss, auch mit Gewalt, nehmen die Europäer die in Scharen ihre Heimatländer verlassenden Afrikaner bei sich auf, anstatt ihnen ernstlich nahezulegen, sich endlich aufzuraffen und Revolutionen anzuzetteln.

Verstehe einer diese Weißen! Sie müssten es doch eigentlich besser wissen! Mussten sie sich doch ihre bürgerlichen Freiheiten ebenfalls gegen ihre Adelscliquen blutig erkämpfen. So wird sich nie etwas ändern. Ich vermute, viele Europäer möchten damit irgendwie ihr schlechtes Gewissen, das sie insgeheim gegenüber Afrikanern empfinden, übertünchen!“

Nach einer Weile hatte er vertraulich hinzugefügt: „Hör zu, Maurice! Ich bin wahrlich kein Heiliger! Deswegen aber auch kein Idiot und vor allem kein Verbrecher, der sein Volk ausplündert! Ich weiß einfach, wann es genug ist. Das Vermögen, das ich für unsere Sippe beiseiteschaffen werde, wird sich sehen lassen können. Es wird für jeden Einzelnen reichen und auch noch für etliche Generationen.“

„Weshalb dich sehr viele bewundern, Papa, ist die Tatsache, dass in unserem Land Frieden herrscht und es relativen Wohlstand für alle gibt, seitdem du vor etlichen Jahren das Ruder in Ghanumbia übernommen hast“, hatte ihm damals der junge Kaplan Maurice Obembe geantwortet. „Es werden mittlerweile sogar Stimmen laut, die dir den nächsten Friedensnobelpreis zuerkennen möchten!“

Darauf hatte Präsident Obembe herzlich gelacht und dabei sein bewundernswert makelloses Gebiss präsentiert, über das er auch heute noch, als alter Mann, verfügt: „Ich würde den Preis glatt annehmen! Aber“, fügte er verschmitzt hinzu, „man möge mit der Ehrung bitte noch ein wenig warten. Ich bin nämlich mit meinen Plänen noch lange nicht am Ende!“

Worum es sich dabei handeln würde, wollte „Landesvater Patrice“ damals noch nicht verraten – nicht einmal seinem geweihten Priestersohn. Der hatte auch nicht weiter insistiert und im Laufe der Zeit schien diese „Überraschung“ in Vergessenheit geraten.

Der Pontifex

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