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2.1.2.2 Enthüllung

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Wesentliches Merkmal der Enthüllung ist die motivationale Grundhaltung einer Figur, die sich in bereits feststehenden Absichten, Plänen und Einstellungen zeigt. Im Gegensatz zum Entschluss ist die Enthüllung nicht-aktional, da sich in ihr kein situationsverändertes Handeln vollzieht. Vielmehr können Enthüllungen aufgrund ihres nicht-aktionalen Charakters sowohl informierend als auch kommentierend sein.1

Damit ist eine enge Verbindung zur Figurenzeichnung, d.h. zu charakteristischen Eigenschaften oder Eigenheiten der Figur gegeben, die dazu führt, dass der Ich-Bezug eine Fremd- oder Selbstcharakterisierung implizieren kann.

Die im Monolog geäußerte Absicht wird in einem Kontinuitätsbogen von vergangenen und auf die Zukunft gerichteten Intentionen vermittelt. Das bedeutet für die Zeitvermittlung, dass sowohl proleptische als auch analeptische Konstruktionen vorzufinden sind. Die Analepse ist ein Rückblick auf vergangenes Geschehen. Beinhaltet sie eine Enthüllung und wandelt sich damit die monologisierende Figur durch den „Erzählakt temporär vom Geschehensteilnehmer zum Geschehensvermittler“,2 erhält der Monolog einen berichtenden Charakter.

Wie die Prolepsen sind Analepsen in interne und externe sowie kompletive und repetitive untergliedert. Bei externen Analepsen handelt es sich um nachträglich vermitteltes Geschehen, das vor dem Einsetzen der Handlung, dem point of attack, liegt; bei internen Analepsen liegt die nachgeholte Handlung nach dem point of attack.3 Die Unterteilung der internen Analepsen in kompletiv und repetitiv ist für die Monologanalyse insofern relevant, als mit den kompletiven Analepsen Zeitsprünge und Ortswechsel nachträglich vermittelbar sind. Bleibt das Geschehen zwischen Szenen und Akten durch Ellipsen zunächst verborgen, wird es im Monolog der auftretenden Figur nachträglich vermittelt.4 Repetitive Analepsen dagegen greifen ein bereits dargestelltes Geschehen erneut auf.5

Beispielhaft für eine Enthüllung ist der Monolog Gittas (vv. 61–74) aus dem Fastnachtspiel G 46 Das Weib im Brunnen:

Nun hab ich mein Saw bracht in Stal.
Nun wil ich gehn aber ein mal
Auff meinen alten Finken strich.
Heint bin aber gantz sicher ich,
65 Das mein voller Man nicht erwacht,
Biß ein zwo stund nach Mitternacht.
Erst greifft er vmb nach mir allwegen,
Meint, ich sey die gantz nacht da glegen.
Diß Affenspiel ich vorwar
70 Mit jm fast trieben ein halb jar.
Weil jm so wol ist mit dem Wein,
Ist mir wol mit der Bulschafft mein.
So bricht er Haͤssn, so brich ich Kruͤg,
Und wo ich anderst redt, ich luͤg.

Gittas Entüllung erfüllt als Auftritt-Abgangs-Monolog eine zeitraffende Funktion zwischen dem Zubettgehen des Ehemannes, der vortäuscht betrunken zu sein, und seinem Wiederauftritt. Die enthüllende Funktion zeigt sich sowohl in den analeptischen als auch in den proleptischen Passagen, in denen Gitta über bereits feststehende Absichten informiert. Mittels externer Analepse enthüllt Gitta, dass sie ihren Mann schon ein halbes Jahr auf dieselbe Art und Weise hintergeht, proleptisch erläutert sie mit Zeitangaben die weitere Vorgehensweise ihres Betruges. Neben der externen Analepse und der Prolepse weist der Monolog eine interne kompletive Analepse auf, die sich lediglich auf den ersten Vers beschränkt, aber als Vermittlung des Zeitsprungs hervorgehoben werden muss. Nachdem Gitta mit ihrem Mann die Bühne verlassen hat, tritt sie monologisierend mit den Worten „Nun hab ich mein Saw bracht in Stal“ wieder auf. Damit wird verständlich, dass zwischen Ab- und Auftritt eine nichtgezeigte Handlung geschehen und somit Zeit vergangen ist. Die kompletive Analepse zur Vermittlung des Zeitsprungs ist ein häufig am Anfang eines Monologs stehendes Mittel, mit dem Sachs die Rezipienten über die neue Ausgangslage für die folgende Szene informiert.

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

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