Читать книгу Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels - Karolin Freund - Страница 21

Teil B: Poetologiehistorische Untersuchung

Оглавление

Von 1517–1549 dichtete Hans Sachs insgesamt 19 Fastnachtspiele, von denen bereits einige kurze Monologe aufweisen. Funktionalisierungen, wie in der Typologie dargestellt, finden sich wiederkehrend erst in den Fastnachtspielen ab 1550. Von den insgesamt 347 Monologen lassen sich nur sieben in Fastnachtspielen vor 1550 nachweisen.

Neben dem Fastnachtspiel erweiterte Sachs sein Werk um zwei ‚neue‘ dramatische Gattungen, die Tragedis und Comedis, die er ab 1527 zu dichten begann. In diesen 28 Schauspielen finden sich Monologe bereits in großer Zahl, zeitlich gesehen also vor ihrer extensiven Verwendung in den Fastnachtspielen. Die Tragedis und Comedis sind nach Vorlagen gedichtet, bei denen es sich bis 1536 vor allem um neulateinische und antike handelt, nach der Schaffenspause von neun Jahren ab 1545 vor allem um das Dekameron. Ihre enorme Bedeutung für die Entwicklung der Dramen- und Monologtechnik von Sachs zeigt sich anhand der folgenden Nachzeichnung des poetologischen Aneignungsprozesses.

In einem ersten Schritt ist hierfür auf die Bedeutung der Begriffe Tragödie und Komödie, wie sie in der Frühen Neuzeit galten, einzugehen, um das poetologische Verständnis der neulateinischen Dichter zu verdeutlichen. Danach wird gefragt, inwiefern das zeitgenössische Begriffsverständnis von Komödie und Tragödie für Sachs eine Brückenfunktion für die Entwicklung seines eigenen Dramenverständnisses bereit stellte, mithin sein Gattungsverständnis in den vorfindlichen Konturen als Ausdruck einer produktiven Rezeption der Angebote der humanistischen Gelehrtenkultur literarhistorisch zu begreifen ist.

In einem zweiten Schritt ist die in den Fastnachtspielen verwendete Monologtechnik auf ihren möglichen poetologischen Aneignungsprozess durch Sachs zu befragen. Hierfür erfolgt unter Verwendung der Monologtypologie, die anhand der Fastnachtspiele erstellt wurde, eine Durchsicht der zeitlich vorgelagerten Schauspiele. Auf diese Weise lässt sich darstellen, inwieweit die von Sachs in den Fastnachtspielen verwendete autokommunikative Gedankenrede mit seiner Rezeption und Auseinandersetzung in den Bearbeitungen von Vorlagen der Tragedis und Comedis korrespondiert.

Zu fragen ist insbesondere, inwiefern sich Sachs Varianten des Monologs aus den Vorlagen aneignete und nachbildete oder darüber hinaus eigenständige Formen an neuen Stellen oder in modifizierter Form in seine Bearbeitungen einfügte. Diese Nachzeichnung eines poetologischen Entwicklungsprozesses als Tiefenanalyse, der Aufnahme und Verständnis ebenso umfasst wie Anwendungen und Modifikationen, erfolgt chronologisch. Es werden zunächst die Werke aus den Jahren 1527–1536 betrachtet, die auf antiken und neulateinischen Quellen beruhen. Anschließend werden für den Zeitraum 1545–1549 die Rezeption und Nachdichtung des Dekameron und die Menaechmi-Bearbeitung betrachtet.

Um einer Antwort auf die Frage näher zu kommen, wie sich der poetologische Aneignungsprozess für die nachgewiesenen Monologtechniken der Fastnachtspiele darstellt, wird im dritten Schritt die Übertragung von Dekameron-Novellen in dramatische Texte analysiert. Weiterführend wird untersucht, inwiefern die Übertragung der Erzählinstanz in dramatische Figurenrede Grundlagen für den Einsatz des Monologes bereit gestellt hat.

Zu fragen ist insbesondere nach einer Funktionalisierung der autokommunikativen Gedankenrede für eine dramaturgisch schlüssige Präsentation von Handlungssituation und Handlungsgang, die es Sachs ermöglichte, einen Handlungsaufbau nach „anfang, mittel und endt“ zu strukturieren. Dieser vierte Schritt führt den Bogen der Untersuchung über die in der Typologie benannten strukturellen und handlungsbezogenen Kategorien hinaus. Mit der Analyse des Monechmo wird schließlich die Aneignung von Elementen zur Präsentation von Komik und die Entwicklung der schwankhaften Handlungskonstruktion in den Fastnachtspielen verdeutlicht.

Diese „poetologiehistorische“ Untersuchung sieht Sachs als einen Autor, der rezipierend und produzierend in einem literarhistorischen Produktions- und Bildungsprozess stand. Der Monolog fungiert in dieser analytischen Sicht- und Vorgehensweise als ein Gelenkstück für die Entwicklung der Dramentechnik und für das Verständnis von Schauspielen als Tragödie bzw. Komödie.

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

Подняться наверх