Читать книгу Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels - Karolin Freund - Страница 19

2.1.2.8 Affektdarstellung

Оглавление

Wesentliche Merkmale der Affektdarstellung einer Rede sind Ausdrücke, auch Interjektionen, die Trauer, Klage, Wut, Zorn, Freude, Schadenfreude usw. formulieren. Kennzeichnend sind bei Sachs häufig wiederkehrende Wendungen wie „Botz leichnam angst!“ und rhetorische Fragen wie „Ach, was soll ich nur fahen an?“

Der von Fernau vorgenommenen Unterteilung des ‚Affektmonologs‘ in die Unterkategorien Klagemonolog, Affektmonolog bei Schadenfreude sowie Affektmonolog bei Wut und Gebetsmonolog1 ist nicht zu folgen. Nicht nur ist eine Affektdarstellung selten allein typisierendes Element. Auch fällt die Affektdarstellung wesentlich häufiger mit der Enthüllung oder Reflexion zusammen. Zumindest im Fastnachtspiel bilden Interjektionen oder rhetorische Fragen nur einen kleinen Teil der Redesequenzen und nur in den seltensten Fällen ist allein die emotionale Gestimmtheit Inhalt eines Monologs. In der Regel ist der Affekt mit Informationen über die Situation, Figur oder auch Handlung verknüpft.

Das Fastnachtspiel G 49 Das boͤß Weyb mit den worten, Wuͤrtzen und Stein gut zu machen, vv. 1–8, zeigt, wie die Rede des Ehemannes der Affektdarstellung dient:

Ach, ich armer, ellender Man,
Was soͤl auf erdt ich heben ahn?
Das zu trost ist den Mennern geben,
Betruͤbt am meisten mir mein leben.
5 Ey! ey! ey! ey! ach! ach vnd weh!
Hab ich weh, wo ich nur steh vnd geh,
Das mir niemandt kan helffen ab,
Denn hawen, schauffel vnd das grab!

Der Monolog bildet den Beginn des Fastnachtspiels und vermittelt die Verzweiflung des Ehemannes. Seine Frau – „das zu trost ist den Mennern geben“ – macht ihm das Leben schwer. Nur noch der Tod könne ihn von diesem Leid befreien. Obwohl der anschließende Dialog die Situation genauer erläutert, muss für die Rezipienten nach den ersten Versen erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine schwankhafte Handlung handelt. Der Monolog zielt nicht darauf ab, Mitleid zu erregen, wie es für Klagen zu erwarten wäre, sondern in eine Spielsituation einzuführen, die aus dem vorreformatorischen Fastnachtspiel bekannt war und als fastnachtspieltypisch gilt. Im Rahmen der kategorialen Differenzierungen ist auf den Aspekt des Situationsbezuges, auf die Ich-Bezogenheit und auf die Grundmotivation der Figur abzustellen. Demnach handelt es sich um eine Enthüllung zur Affektdarstellung. Die funktionale Zuordnung muss erfasst werden, d.h. es ist nach Verbindungen der Rede zur Figur, Situation oder Handlung zu fragen. Eine Zuordnung als ‚Affektmonolog‘ oder ‚Klagemonolog‘ erscheint in diesem Sinne wenig instruktiv, weil dann der Blick dafür verstellt wird, dass es sich häufig um die Anfangspassagen eines Monologes handelt, denen die handlungsbezogenen Abschnitte folgen.

Wenn sich auch alle Monologfunktionen sowohl im Fastnachtspiel als auch in den Tragedis und Comedis wiederfinden, so besteht insbesondere für Affektdarstellungen ein Unterschied in der Wirkung, die sich aus der schwankhaften Handlungskonstruktion im Fastnachtspiel erklären lässt: In den meisten Fällen zielen die einleitenden Affektdarstellungen auf eine komische Wirkung.2

Unter den Affektdarstellungen sind die klagenden am häufigsten nachzuweisen. Wie im vorgestellten Monolog betrifft die Klage zumeist den Ehepartner. In der Regel ist sie dem Bericht über die Situation des Monologsprechers unterlegt. Als Besonderheit des Fastnachtspiels gilt die Darstellung der Schadenfreude und des Zornes. Diese Affektdarstellungen erhalten ihre Wirkung durch Interjektionen, Sentenzen, ironische Wendungen und namentliche Anreden des Betrogenen.3

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

Подняться наверх