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2.1.2.5 Teichoskopie

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Die bisher genannten zeitbezogenen Monologfunktionen richten sich auf zukünftiges oder vergangenes Geschehen. Als Funktion, die sich dem spielinternen gegenwärtigen Geschehen widmet, steht maßgeblich die Teichoskopie, auch ‚Mauerschau‘ genannt. Sie zählt zu den Typen der narrativen Vermittlung, denen ein aktionaler Charakter zugrunde liegt, und bezieht sich „auf Vorgänge, die sich im Augenblick der jeweiligen Bühnensituation abspielen, ohne daß sie vom Publikum wahrgenommen werden“.1 Sachs setzt die Teichoskopie vor allem ein, um herannahende Figuren zu beschreiben und damit in den Dialog überzuleiten, aber auch, um unspielbare, aber für die Handlung relevante Sequenzen im Off spielen zu lassen und trotzdem in die Handlung zu integrieren. Wenn die herannahende Figur beschrieben wird, ist es mit Blick auf die Bühnenrealität unklar, ob sie bereits auf der Bühne ist und die Zuschauer sie sehen. Die Teichoskopie soll allein die Information der Rezipienten über den Dialogpartner sicherstellen.

Die für Sachs typische Anwendung der Teichoskopie in einer auf Komik zielenden Variante findet sich im Fastnachtspiel G 54 Der Bawer mit dem Plerr (vv. 149–169). Die dem Monolog vorangehende Szene endet mit einem Dialog zwischen der Ehefrau und der Nachbarin, in dem die Nachbarin kund gibt, den Ehemann vom Zorn gegen die eigene Frau abbringen zu wollen. Die darauf folgende Szene lässt Sachs mit dem hier wiedergegebenen Auftrittsmonolog beginnen. Die ersten drei Verse dienen der Vermittlung des neuen Schauplatzes und der vergangenen Zeit:

Es ist nun auff den tag gar weit,
150 Es wer je nun wol Suppen zeit.
Wann mirs mein heyllos Weib nur brecht!

Daran schließt sich direkt der teichoskopische Einschub an, gefolgt von einem zweiten am Ende des Monologs. Beide Male beschreibt der Ehemann die herankommende Figur, die den nächsten Dialogpartner darstellt:

Dort gehts her, sih ich anderst recht.
Bald sie mir setzt die Suppen dar,
Wil ichs erhaschen bey dem Haar,
155 Auff daß sie mir nicht thu entlauffen,
Vnd wil sie nider reissn zu hauffen,
Wils blewen mit dem Hackenhelb,
Daß jr Leib wird schwartz, blaw vnd gelb;
Ich wil sie vmb jr vnzucht straffen
160 Und wil jr warlich gebn deß Pfaffen,
Sie solt drey Schreiber darfuͤr nemen.
Ich wil zwar auch den Pfaffen bschemen
Biß Sontag, er geb drey Heller drummen,
Daß er nit in mein Hauß wer kummen.
165 Ey schaw nur, botzleichnam angst schaw,
Jhenes Weib ist gar nicht mein Fraw,
Es triegen mich denn all mein sinn,
So ist es vnser Nachbaͤwrin,
Wil mich mit einer Suppn versorgn.

Anders als bei der ‚typischen‘ Mauerschau geht es in diesem Fall der Teichoskopie nicht darum, nicht inszenierbare Handlungen verdeckt zu halten, sondern eine Überleitung in den Dialog zu schaffen und für die Rezipienten zu erläutern, wer der Dialogpartner ist. Die Überleitung in den Dialog enthält in diesem Fall ein komisches Moment, da der Ehemann davon ausgeht, eine andere Figur anzutreffen und deshalb eine wütende Rede beginnt. Ihre Absurdität tritt mit dem Erkennen der Nachbarin offen hervor.

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

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