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7. Das ist eine Portsch!

Bruno sitzt zum ersten Mal mit seinen Freunden auf der Veranda, wäre aber viel lieber allein

Oh, ich möchte sprechen mit den Menschen, die in 800 Jahren sind, oder wenigstens mit denen, die in 400 Jahren leben werden – im Jahr 2000, wenn ein neues Millennium anbricht. Wie werden sie sein?

‚Keine Sorge, mein Lieber‘, denkt Bruno, ‚dein Wunsch wird in Erfüllung gehen, ich selbst werde dafür sorgen! Denn dies ist der Ort, der für unsere Begegnung geschaffen wurde. Gib mir nur noch ein wenig Zeit, ihn für dich vorzubereiten, dann wirst du die Reise ins 21. Jahrhundert antreten.‘

Er hatte es in der ersten Sekunde gewusst, als er in die Straße einbog und die Villa vor sich sah: Dies wird der Ort der großen Begegnung sein! Nur, dass er bisher leider nie allein sein konnte mit diesem magischen Ort, der ihm durch eine göttliche Eingebung seiner Großtante Ludmilla vermacht wurde: Der Anwalt, der Notar, die Männer von der Elektrizitätsgesellschaft, die Gas-Leute, der Mann von der Gebäudeversicherung, die Frau von nebenan, die ihm vorschlug, die riesigen Rotbuchen zu beseitigen, die die Villa umstehen, andernfalls würde er nie die Feuchtigkeit aus den Wänden kriegen – sie alle waren gekommen und wieder gegangen, er hatte sie geduldig ertragen. Aber jetzt – jetzt ist endlich der Moment gekommen, die Villa wirklich in Besitz zu nehmen, ganz allein und ungestört! Sonntagmorgen, die Zeit, in der er für gewöhnlich die Hirschquelle verlässt, um sich eine Schlafstelle zu suchen.

Bruno steht vor der Pforte und saugt den Duft der Wiesenkräuter ein, die den überwucherten Weg von der Straße zum Hauseingang säumen, und die der weiche Hochsommerwind ihm in die weit geöffneten Nasenlöcher fächelt. Er schließt für einen Moment die Augen und bedauert es, nicht gläubig zu sein, denn er verspürt den Wunsch, ein Dankesgebet gen Himmel zu senden. Dann ergreift er den herunterhängenden Drehknauf und öffnet die Holzpforte, die in ihren verrosteten Scharnieren quietscht, dann aus den Angeln fällt und auf den verfilzten Rasen kippt.

Seltsamerweise hört das Quietschen nicht auf, es kommt jetzt von hinten, von der Straße her. „Hey warte!“, vernimmt er eine vertraute Stimme, „du hast das Wichtigste vergessen!“ Wuast – er kommt verschwitzt und schnaufend über den sandigen Bürgersteig gehastet und stößt eine Schubkarre vor sich her, auf der sich das eiserne Bettgestell aus seiner Abstellkammer befindet, fest verzurrt mit einer Wäscheleine. Die Karre quietscht und schlingert, denn ihr Reifen ist so platt, dass der Schlauch schon herausquillt. „Du wirst doch sicherlich von heute an hier nächtigen wollen!“

„Wuast, ich …“, hebt Bruno an.

Der streckt beschwörend die Hände aus: „Du kannst es ruhig annehmen, es ist mein Einzugsgeschenk für dich. Dein erstes Möbelstück in deinem neuen Heim!“

‚Wuast, ich möchte jetzt allein sein‘, will Bruno sagen. Aber es geht nicht. Wie könnte er diesen Edelsten unter der Sonne, die jetzt haargenau über dem Schornstein der Villa Elfriede steht, zurückweisen. Unmöglich!

Gemeinsam tragen sie das Bettgestell zum Haus und beschließen, es erst einmal auf der Veranda abzustellen. „Das ist eine Portsch!“, erklärt Wuast. „Dieser Vorbau hier, das nennt man Portsch. Da stellt man einen Schaukelstuhl drauf, legt die Füße aufs Geländer und sieht dem Sonnenuntergang zu, während man aus der Kühltasche ein Bier nimmt. Hast du eine Kühltasche?“

Bruno verneint. „Doch, hast du!“, korrigiert Wuast ihn und deutet zur Pforte, durch die Heinzi gerade den Garten betritt, in jeder Hand eine Kühltasche randvoll mit Radeberger. „Das Frühstück kommt!“, ruft er.

Dann sitzen sie nebeneinander auf dem Bett und sehen von der Portsch aus zu, wie einer nach dem anderen eintrifft: Kevin, der Würstchen mitbringt, Klausi mit den Armen voller Popcorntüten, Hansi mit einer Dartscheibe, Arthur mit einer Klinikpackung Klopapier, Igor mit der Sonntagszeitung inklusive Sportberichten. Und schließlich Ingo, dem ein struppiger, schwarzweißer Hund folgt, der einen seltsam schlenkernden Gang hat. „Ich weiß auch nicht“, sagt Ingo und deutet auf das Tier. „Er läuft mir schon die ganze Zeit hinterher.“

Es ist nun zwar war etwas eng auf der Portsch, aber trotzdem denkt Bruno nach einigen Radebergern: ‚Ist doch ganz schön, dass sie gekommen sind.‘ Eine Art Geleitschutz, damit er sich nicht fürchten muss vor all dem Neuen. Sie besprechen das bevorstehende Dart-Turnier in der Hirschquelle, und Heinzi berichtet von dem Ärger, den die „Amphore“-Damen wieder mit den Russen hatten. Aber ihre Nasen sind noch dran. Wenigstens vorhin noch, sagt er.

Als die Sonne hoch am Himmel steht und in den Kühlboxen nur noch das Wasser der aufgetauten Eiswürfel schwappt, klatscht Wuast in die Hände: „Meine Herren“, sagt er und erhebt sich, „es ist an der Zeit, Braut und Bräutigam allein zu lassen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen …“ Er deutet zur Pforte. „Dort geht’s raus, die Überraschung ist gelungen, es war eine super Party. Jetzt braucht unser Zeitmaschinist ein wenig Ruhe zur inneren Einkehr.“

Bruno sieht ihn dankbar an. Als der Trupp den Garten verlässt und über die Straße zur Bushaltestelle geht, hebt er eine Hand und der Hund neben ihm hebt eine Pfote. „Dann wollen wir mal“, sagt Bruno und öffnet die Haustür. Der Hund überlässt ihm den Vortritt.

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