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10 EINE »MENSCHENFLUT« GEGEN DIE STRAFVOLLZUGSPOLITIK
Оглавление»Für einen Frieden, der die Zukunft dieses Volkes möglich macht.« So haben es die Organisatoren der für heute in Bilbao einberufenen Demonstration ausgedrückt. Der Aufruf lautet, »die Straßen mit Solidarität und Volkswillen zu überschwemmen«. Da »der Frieden, nach dem wir uns alle sehnen« womöglich durch die rachsüchtige, grausame Haltung des spanischen und des französischen Staates in Gefahr ist, sei es an der Zeit, so verkündeten sie bei der Pressekonferenz, »dass das Volk öffentlich seine Stärke und seine Würde demonstriert«.
Der heutige Protestmarsch ist von den tragischen Ereignissen in den Gefängnissen von Soto del Real und Albolote in den letzten Wochen geprägt. Ereignisse, die für die Veranstalter zu der vom Staat vertretenen repressiven Strategie gehören. Am vergangenen 2. Juli starb der Häftling Iñaki Ruiz Esteban aus Basauri im Krankenwagen, als er vom Gefängnis von Soto del Real ins Krankenhaus verlegt werden sollte. Iñaki hatte seit den frühen Morgenstunden gesagt, dass er sich schlecht fühlte, wurde aber bis um vier Uhr nachmittags nicht in der Krankenabteilung des Gefängnisses behandelt. Er musste noch eine weitere Stunde warten, bis der Krankenwagen kam, und zu jenem Zeitpunkt »war es schon zu spät für Iñaki«. Ruiz Esteban war fünfunddreißig und seit zwölf Jahren im Gefängnis, unter anderem in den Haftanstalten von Alicante, Extremadura und Soto del Real. Verurteilt dafür, zwei Busse und einen Geldautomaten angezündet und einen Molotowcocktail gegen einen Polizisten der Ertzaintza geworfen zu haben, hätte er im Dezember des Jahres seine Strafe vollständig verbüßt gehabt. Die Autopsie ergab, dass der Gefangene einem Herzinfarkt erlegen ist. Die Familie hat eine zweite Autopsie durch einen Arzt ihres Vertrauens beantragt.
Die heutige Demonstration wird auch im Zeichen der Solidarität mit dem Gefangenen José María Ortiz de Zárate im Gefängnis von Albolote (Granada) stattfinden, der sich seit dem 9. Juni im Hungerstreik befindet. Ortiz de Zárate hätte am 19. Mai dieses Jahres aus der Haft entlassen werden sollen, aber seine Strafe wurde im letzten Moment um weitere sieben Jahre verlängert. Der Häftling aus Vitoria leidet zudem an Prostatakrebs, trotzdem wurde bei ihm nicht der Artikel 92 des Strafgesetzbuchs angewandt. Der Hungerstreik kann bei ihm zu »einem totalen körperlichen Zusammenbruch« führen, weshalb unter Angehörigen und Freunden größte Sorge herrscht. Die Organisatoren der Demonstration appellieren einmal mehr an die »Solidarität und Courage« der baskischen Gesellschaft und fordern, dass die politischen Häftlinge nicht als »Tauschwährung« in diesem Friedensprozess eingesetzt werden, von dem es, wie sie wiederholten, »kein Zurück mehr gibt«.
Der Demonstrationszug wird sich um neunzehn Uhr von der Sportarena La Casilla aus in Bewegung setzen und vor dem Rathaus enden, wo Persönlichkeiten aus Kultur und Politik eine Erklärung verlesen werden.