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ОглавлениеEin Opfer in der S8
Die Schweiz hat Alltagspoeten wie Kuno Lauener. Die Schweiz hat begnadete Quasselstrippen wie Mona Vetsch. Die Schweiz hat grosse Literaten wie Dürrenmatt und Muschg. Die Schweiz hat vier Sprachen und viele tolle Worte. Die Schweiz hat das Idiotikon, ein fünfzehnteiliges Wörterbuch, in dem alle diese Worte festgehalten sind. Von A wie allwäg über G wie Gutsch bis Z wie Zable. Die Schweiz hat aber auch viele Pendler, die von alledem offenbar noch nie etwas gehört haben.
«Ou er eh, er isch so voll tumm», sagt zum Beispiel das Handtäschchen-Mädel Nummer eins in meinem Abteil zu seiner Freundin. Die beiden waren an der Chilbi.
«Wäge?», fragt Nummer zwei zweisilbig.
Und Mädchen eins legt schäumend und im Balkan-Slang los: «Er so: Eh Mann, du nervsch! Ich so: Sälber Mann, du nervsch imfall uhuere! Er so: Eh Mann figg di, du bitsch. Ich so: Eh du Mongo. Lueg was seisch! Er so: Ey zum Glück bin ich dich los. Du stiiiinksch. Ich so: Ey du bisch sonen Vollweiche. Er so zrugg: Hey du Opfer! Dini Mueter hätt en Schnauz. Ich so: Mann, mit dir red ich nüme. Er so huere tumm glueget, weisch, so voll matschomässig. Ich so: Ey, wännd wiiter so tumm luegsch, ich schpuck dich aa.»
Und so geht es weiter bis Effretikon.
Dann der Zug so: Ich halt jetzt glaub aah, Lüüt.
Sie so: «Effi, sones Scheisskaff, da wohnt d’Elif hey, si neeervt!»
Ich so: Aussteigen und nichts wie weg.
Vielleicht sollte ich wieder mal Dürrenmatt lesen.