Читать книгу Wer bin ich? - Keith Hamaimbo - Страница 44
2.1.3. Subtypen
ОглавлениеDie Subtypen sind ein weiterer grundlegender Aspekt in der Differenzierung der Enneagramm-Typen, wodurch die Enneagramm-Theorie ausgefeilter wird. Sie können auch als Untertypen bezeichnet werden, was aber nicht als untergeordnet verstanden werden darf, wie im Folgenden gezeigt wird. Bei einigen Enneagramm-Autoren werden die Subtypen auch als Triebvarianten, Instinkte oder Untertypen bezeichnet. Die zitierten Ausschnitte in diesem Text sind von verschiedenen Autoren, so dass die Bezeichnungen variieren.
Durch die Lehre der Subtypen wird gezeigt, wie die Lebensthemen in unterschiedlichen Bereichen gelebt werden. In dem Lebensbereich, in dem das menschliche Grundgefühl der Angst (Sicherheit) am stärksten zum Vorschein kommt, werden unterschiedliche „Techniken“ entwickelt, um mit der Angst umzugehen. „Das fundamentale innere Mangelgefühl, das der Persönlichkeit zugrunde liegt, wird hier am zentralsten erlebt.“289 Nach der Enneagramm-Autorin Sandra Maitri ist das ein Bereich unseres Daseins, wo „wir uns am unzulänglichsten fühlen, in dem Sinne, dass wir nicht das Zeug zu etwas haben, und in dem wir uns auch für am meisten benachteiligt halten.“290 Im Grunde geht es bei den Subtypen um Existenzangst. „Im Dienst der Arterhaltung muss das Einzelwesen überleben, es muss sich fortpflanzen, und es muss eine bestimmte Rolle in der Hierarchie der Herde einnehmen. Das Enneagramm nennt diese drei Triebe den Selbsterhaltungs-, den sexuellen und den sozialen Trieb oder Instinkt.“ 291
In folgender Abbildung sind die einzelnen „Bestandteile“ schematisiert dargestellt.
Abbildung 4. (S=Subtyp)
Vom oben dargestellten Haupttyp zweigen sich die zwei Flügel ab, die sich wiederum in die drei Subtypen – sozial, sexuell, selbsterhaltend – einteilen lassen.
„Wenn der Selbsterhaltungsinstinkt am stärksten ausgeprägt ist, bemüht man sich vor allem durch intensive Beschäftigung mit dem Überleben und mit materieller Sicherheit, Glück und Erfüllung zu finden.“292 „Der Selbsterhaltungstypus kann nervöser und etwas angespannter erscheinen als die anderen. Diese Menschen verwenden mehr Zeit auf Überlebensfragen und Sicherheit.“293 Für Selbsterhaltungstypen ist wichtig, dass ihr Wohlbefinden in den unterschiedlichen Lebensbereichen gesichert ist. Es geht hier um Grundbedürfnisse und Sicherheit im Allgemeinen.
„Wenn der soziale Instinkt vorherrscht, ist man darauf ausgerichtet, ein Zugehörigkeitsgefühl, einen Platz und einen Status in der Gemeinschaft zu erlangen.“294 „Die Themen der sozialen Untertypen kreisen häufig um ihr Familienleben; sie ziehen Gruppen vor und genießen das gesellschaftliche Milieu. […] Diese Menschen sind am meisten an Status interessiert.“295 Für die Sozialtypen ist es wichtig, dass sie das Gefühl haben, von anderen akzeptiert zu werden. Um sich sicher zu fühlen, wollen sie eine Umgebung, in der sie sich aufgehoben fühlen. Mit anderen in Kontakt zu kommen, fällt ihnen nicht schwer.
„Wenn der sexuelle Instinkt am meisten betont ist, scheint eine intime Beziehung Befriedigung zu versprechen.“296 „Sexuelle Untertypen neigen eher zu Einzelbeziehungen. Sexualität kann durch die Augen ausstrahlen, was manchmal auch als ‚Charisma’ bezeichnet wird. Diese Menschen haben oft mehr Beziehungen zum anderen Geschlecht als zu ihrem eigenen und haben eine stärkere sexuelle Ausstrahlung.“297 Sie „sind dauernd auf der Suche nach intensiven Erlebnissen, nicht nur sexuellen. Es geht ihnen um die Intensität an sich.“298 Der Begriff „sexuell“ meint hier jedoch nicht ausschließlich intime Paarbeziehungen, sondern auch enge Beziehungen zwischen zwei Personen.299 Es gibt zwei unterschiedlichen Varianten, wie die Subtypen in Bezug auf den Haupttyp betrachtet werden. Nach Riso und Hudson kommt ein Typus am deutlichsten zum Vorschein in dem Lebensgebiet, wo der dominierende Subtyp sich befindet.300 Das bedeutet, dass die Hauptmerkmale eines Typs im Allgemeinen in diesem Bereich bemerkt werden können. Die andere Variante verbindet die Leidenschaft des Haupttyps mit den Subtypen. Nach dem Amerikaner Eli Jaxon-Bear dienen die drei Triebe (Subtypen) dazu, das persönliche Glück zu finden oder eben im Umgang mit den Grundängsten für persönliche Sicherheit zu sorgen. Durch die Leidenschaft des jeweiligen Typs werden die Subtypen (Instinkte) ausgelebt.301 „Diese drei Triebe werden in der egobezogenen Suche nach Glück sublimiert und durch die Leidenschaft der jeweiligen Fixierung ausgelebt.“302 Nach Maitri kann es eine Hilfe sein, wenn man herausfinden will, welcher Subtyp in dem Moment dominant ist, zu beobachten, in welchen Lebensthemen oder -gebieten die Leidenschaft des Haupttyps am deutlichsten zum Vorschein kommt.303
Wenn wir beispielsweise zufällig eine Vier sind, entdecken wir vermutlich, dass unsere Leidenschaft, der Neid, in Momenten auftaucht, wenn sich entweder unser Selbsterhaltungstrieb bedroht fühlt, wenn wir das Gefühl haben, dass unser soziales Ansehen und unsere soziale Zugehörigkeit in Frage gestellt werden, oder wenn unsere intime Beziehung oder unsere Fähigkeit eine solche zu haben, in Gefahr geraten. Als Vier empfinden wir vielleicht Neid auf das, was ein anderer besitzt, wenn wir ein Selbsterhaltungstyp sind; oder wir empfinden vielleicht Missgunst gegenüber einem Freund, der auf sozialem Gebiet Talent und Ansehen zu haben scheint, wenn wir ein sozialer Untertyp sind; oder wir begehren die sinnliche Anziehungskraft eines anderen, wenn wir ein sexueller Untertyp sind304.
Das Beispiel kann auf alle acht weiteren Typen angewendet werden. Es wird gezeigt, dass die Leidenschaft am stärksten in dem Bereich ist, wo man sich sicher fühlen will, wo die Aufmerksamkeit verlagert und mit Unsicherheit belastet ist. Helen Palmer gibt dazu folgende Allegorie:
Ein Kuhhirte sitzt auf einem Hocker mit drei Beinen, von denen eins kürzer ist. Er soll eine Kuh melken. Die Milch symbolisiert die Nahrung spiritueller Lehren oder die Nahrung des Lebens. Das eine Bein des Hockers ist kürzer bzw. beschädigt, weshalb das Wahrnehmungsfeld des Kuhhirten vom Wesentlichen – dem Melken – weg zu diesem beschädigten Bein hin verschoben ist. Das Beispiel will verdeutlichen, daß wir uns im Wesentlichen mit drei Bereichen beschäftigen, von denen einer gestörter ist als die beiden anderen; wir schenken unsere Aufmerksamkeit vor allem diesem Lebensbereich, um die mit ihm verbundene Besorgnis zu vermindern.305
Die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf ein Gebiet geschieht zu Ungunsten der anderen Subtypen. Nach Naranjo vollzieht sich die Aufmerksamkeit auf dreierlei Weise: dass man in einem Problemfeld in die Enge getrieben wird, dass man in dem Problemfeld steckenbleibt oder dass man sich in diesem Gebiet „überentwickelt“, sodass als automatische Folge ein anderer Lebensbereich in den Schatten gestellt oder überlagert wird und „unterentwickelt“ bleibt. Die unter- und überentwickelten Bereiche stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. Auch das Lebensgebiet, das überschattet ist, kann Einfluss auf das Hauptgebiet haben, wo die Leidenschaft am stärksten zum Vorschein kommt, indem es ungeachtet des dominanten Subtyps sich entwickelt und somit sich unter Umständen zum Problemgebiet entfaltet.306
Die Arbeit mit den Subtypen leistet einen wichtigen Beitrag zur Arbeit mit dem Enneagramm. Ein erster grundlegender Beitrag der Subtypen-Theorie ist die bessere Identifikation des eigenen Typs. Mit den Subtypen kann besser verstanden werden, welche Leidenschaft in welchem Lebensbereich zum Vorschein kommt. Da sie den Typ in jeweils drei weitere Kategorien unterteilen, wird es möglich herauszufinden, welche Merkmale ein Typ, der sich in einer bestimmten Kategorie befindet, zur Erscheinung bringt. Ebert schildert zum Beispiel, wie er sich mithilfe der Subtypen klarer typisieren konnte. Nach einer eingehenden Beschäftigung mit den Flügel-Typen seiner Enneagramm-Muster konnte er anhand der Informationen der Subtypen sein Enneagramm-Muster identifizieren.307
Nach Naranjo kann sich das Enneagramm-Muster einer Person nicht verändern, dafür aber die Subtypen. Das würde bedeuten, dass die Arbeit mit den Subtypen an sich nicht als Typisierung gesehen werden darf, sondern als Hilfe zur Typisierung. Da die Subtypen sich verlagern können, ist darauf hinzuweisen, dass sich am besten damit arbeiten lässt, wenn die drei Subtypen immer in Betracht gezogen werden. Damit wird die Chance eingeräumt, über das eigene Leben vom Standpunkt der Beziehungen zu einer Gruppe und zu einer Person und zu Fragen der Selbstsicherheit nachzudenken. Ein zweiter bedeutender Aspekt der Subtypen-Theorie ist die neu entstandene Vielfalt der Musterunterteilung, so dass es mehr Möglichkeiten als bei den neun Grund-Typen des Enneagramms gibt. „Dadurch dass die neun Leidenschaften in drei verschiedene instinktbezogene Schauplätze fließen und sich mit ihnen verbinden, entstehen 27 verschiedene Untertypen, jeder mit einem charakteristischen Stil, der die jeweilige Betonung reflektiert.“308
Ein weiterer Beitrag kann in der Arbeit mit Paaren geleistet werden. Einige Unterschiede in der Wertvorstellung bei Paaren können durch die Subtypen besser erklärt werden. Nach Riso und Hudson „spielen die Triebvarianten in Beziehungen eine ausschlaggebende Rolle. Menschen, die der gleichen Variante angehören, verstehen sich meist besser als Paare unterschiedlicher Varianten“309. Die unterschwellige Bedeutung dieser Aussage beruht darauf, dass es in der Arbeit mit Beziehungen nicht darauf ankommt, ob die Typen gleich oder unterschiedlich sind, sondern um welche Subtypen es sich handelt. Daraufhin darf behauptet werden, dass es – da die Subtypen sich im Leben verändern können – keinen Typ gibt, der zu einem bestimmten Typ besser passt als der andere. Es liegt lediglich daran, welche Lebensfragen in den jeweiligen Zeiten von Bedeutung sind und wie die Person damit umgeht.