Читать книгу Mond der verlorenen Seelen - Kim Landers - Страница 10

~ 5 ~

Оглавление

Aidan strich über seine breiten Schultern, die muskulösen Oberarme und über seinen behaarten Brustkorb. Seine Haut war glatt, narbenlos wie immer, aber sie fühlte sich seidiger an als die eines Sterblichen. Doch nur, wenn er ab und zu Blut trank. Lebte er abstinent, wurde sie brüchig wie Pergament.

Er hob die Arme seitwärts und ließ seine Muskeln spielen. Keine Verspannungen, kein Muskelkater. Aidan lächelte zufrieden. Es fühlte sich gut an, besser als in seinem menschlichen Dasein, diese Energie, die er aus dem Blut gewann und die seinen Körper bis in den kleinsten Zeh durchströmte. Er griff nach dem Degen, der neben ihm auf einem Hocker lag, holte aus und schleuderte ihn fort. Surrend bohrte sich die Degenspitze in einen der hölzernen Deckenbalken der Übungshalle. Als Mensch hätte er jetzt eine Leiter anstellen müssen, um die Klinge wieder herunterzuholen, als Vampir hingegen bedurfte es nur eines Sprunges und er lag in seiner Hand. Manchmal gelang es ihm auch, nur durch seine Gedanken Gegenstände zu bewegen. Mit einem Satz sprang er an die Decke und schnappte sich die Waffe.

Dann drehte er sich um und betrachtete sich in dem Spiegel, den er vor Jahren zur Kontrolle seiner Fechtübungen aufgehängt hatte. Die Legenden, Vampire besäßen kein Spiegelbild, strafte er Lügen. Er beugte sich vor und studierte jede Gesichtskontur. Ein verbissener Zug hatte sich um seinen Mund eingegraben, weil er sich gegen sein neues Dasein wehrte. Er trainierte wie ein Besessener, als könnte er den Vampir aus seinem Körper schwitzen. Würde er tatsächlich nicht mehr altern? Immer wie ein knapp Dreißigjähriger auszusehen, gefiel ihm einerseits, hatte aber seinen Preis: Blutgier. Es erinnerte ihn einmal mehr daran, Amber eines Tages zu verlieren. Der Gedanke, sie sterben zu sehen, war unerträglich.

„Aidan Macfarlane“, sagte er laut. War er das wirklich noch, obwohl sein Spiegelbild die vertrauten Züge besaß? War er nicht vielmehr der Warrior, so wie Revenant ihn nannte? Warrior. Ein neuer Name, ein neues Leben, das er ertragen könnte, wenn da nicht diese Bestie in ihm existierte, die unaufhörlich nach Jagd und Blut gierte.

Er betastete seine Augen, Nase und Oberlippe. In seinem Kiefer verbargen sich spitze Eckzähne zum Töten. Aidan ballte die Hände zu Fäusten und presste die Lippen aufeinander. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle. Er hasste Revenant dafür, dass er ihn zum Vampir gemacht hatte. Und Dad, dessen irrsinniges Streben nach Unsterblichkeit die dunklen Mächte entfesselt hatte.

Mit einem verzweifelten Schrei holte er mit dem Degen aus und hieb in seinen Arm. Blut spritzte ihm entgegen, und ein stechender Schmerz durchzuckte ihn.

Warum zum Teufel verspürte ein Vampir noch Schmerzen?

Aidan lachte freudlos aus. Der Geruch des frischen Blutes ließ seinen Magen erneut rebellieren. Hastig stülpte er seinen Mund auf die Wunde und leckte es ab. Aber es schmeckte fad, nicht so frisch und süß wie das einer sterblichen Kreatur. Dennoch weckte der Geschmack erneut die Gier in ihm. Er musste auf die Jagd, um die Wunde schnell verheilen zu lassen, die er sich zugefügt hatte. Aus dem Verbandskasten an der Wand entnahm er eine Binde und wickelte sie um den verletzten Unterarm, um etwaigen Fragen Ambers aus dem Weg zu gehen. Er durfte sich gar nicht vorstellen, wie sie auf seinen Ausbruch reagieren und welche Fragen sie stellen würde. Oft genug erkannte er in ihrem Blick Misstrauen und Furcht. In den vergangenen Tagen war ihm nicht entgangen, wie sie ihn heimlich und mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen beobachtete, als sei er ein Fremder. Diese Gewissheit schnitt ihm ins Herz. Aber er war sich ja selbst fremd geworden.

„Oh, Amber.“

Stöhnend lehnte er seine Stirn gegen den Spiegel. Sie vertraute ihm. Immer öfter fragte er sich, ob er dieses Vertrauens überhaupt wert war und kam zu dem Schluss, dass dem nicht so war. Was wusste sie schon von seinem brennenden Bedürfnis, ihr Blut zu trinken, wie viel Überwindung es ihn kostete, es sich nicht gewaltsam zu nehmen?

Als sein Magen lauter knurrte, lief Aidan in den Flur und griff aus alter Gewohnheit nach der Jacke an der Garderobe, obwohl er weder Kälte noch Hitze spürte.

Sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, schloss er die Augen und sog tief die Luft ein. Es roch nach feuchter Erde, verfaulten Pflanzen, und ein leichter Brandgeruch wehte herüber. Gerüche und Düfte nahm er jetzt intensiver wahr. Als Mensch waren ihm die meisten verborgen geblieben. Jede Kreatur besaß einen Eigengeruch, der je nach Stimmungslage variierte. Den intensivsten und verlockendsten Duft aller verströmte Amber. Er berauschte ihn wie eine Droge.

Jetzt witterte er ein anderes Duftpotpourri, aus Pheromonen und Angstschweiß. Ein Sterblicher schwebte in Gefahr.

„Verspürst du etwa Mitleid, Warrior?“

Aidan wirbelte herum, als er Revenants spöttische Stimme hinter sich hörte, aber ihn nicht sah. Es machte ihn wahnsinnig, stets die Gegenwart des Vampirlords zu spüren, seine Stimme zu hören, ohne ihn zu sehen. Die Vorstellung, Revenant kontrolliere womöglich auch jeden seiner Gedanken, missfiel ihm.

Wenn er bei den ersten Sonnenstrahlen in Starre, einen todesähnlichen Schlaf fiel, befahl der Vampirlord seinen Geist in die Schattenwelt. Aber Aidan wehrte sich mit aller Macht. Er klammerte sich an sein menschliches Dasein und wollte nicht zu Revenants Gefolge gehören. Nur wenn er genügend Blut trank, gelang es ihm, sich dem Ruf zu widersetzen. Doch jedes Mal fühlte er sich danach schlecht. Aidan zwang sich auch, Gefühle wie Mitleid und Liebe nicht zu vergessen, um zu beweisen, dass die dunkle Welt ihn noch nicht völlig beherrschte. Wie oft konnte er noch gegen die Bestie gewinnen?

Aidan schüttelte den Kopf und ignorierte Revenants Stimme. Jemand benötigte seine Hilfe. Schon hetzte er los zum Gealacher Moor.

Er brauchte sich sein Ziel nur vorzustellen, um wenig später dort zu sein. Das Translozieren gelang ihm von Mal zu Mal besser.

Als er das Moor durchquert hatte, roch er den Schweißgeruch besonders intensiv. Er wehte von dem Viehunterstand herüber, einer Holzhütte am Rand der Wiese, hinter dem kleinen Wall aus der Zeit der Wikingerangriffe. Ein Wimmern drang zu ihm, dann folgte Gemurmel, das eine Ahnung in ihm aufsteigen ließ. Langsam und lautlos näherte Aidan sich dem aufgeschütteten Wall aus Feldsteinen.

Der Anblick ließ ihn zornig knurren. Jeder Muskel seines Körpers war zum Zerreißen gespannt. Ein halbes Dutzend Frauen in altertümlichen Umhängen und Kutten sah auf eine junge Frau hinab, inmitten eines Pentagramms aus Kieselsteinen und Kerzen. Hexen! Dad hatte zwar früher davon erzählt, aber selbst hatte er sie nie gesehen und an eine erfundene Story geglaubt. Nun wurde er eines Besseren belehrt. Sie praktizierten ein Ritual, das an Dad und seine Anhänger erinnerte. Die Ernsthaftigkeit, mit der sie es zelebrierten, und dass ein Mensch im Mittelpunkt des Geschehens lag, verhieß nichts Gutes.

Schluss damit! Diese geheimen Treffen und Rituale mussten endlich ein Ende nehmen. Er fürchtete sich nicht vor deren Zauberkünsten. Hexen mit Zauberstäben und Spontanzauber existierten nur in Märchen. Man durfte ihnen nur nicht lange in die Augen sehen, weil ihre Magie den Geist verwirren konnte.

Aidan zögerte nicht und sprang mit einem Satz zwischen die Hexen. Wie ein Tiger stürzte er sich auf die Frauen und packte zwei von ihnen am Kragen, während die anderen wie wild gewordene Hornissen davonstoben, bis auf eine, die als einzige eine Balaklava trug.

„Genug!“, rief er.

„Wie kannst du es wagen, unsere Zeremonie zu stören, Vampir?“, donnerte die mit der Balaklava los, während Aidan die zappelnden Hexen rechts und links in die Höhe hielt.

Er ließ die beiden fallen und fixierte die Anführerin, die sich von seiner Demonstration nicht einschüchtern ließ und wagte, ihm die Stirn zu bieten. Ihre Augen funkelten ihn voller Empörung an. Sein Blick schweifte zu den anderen Hexen, die ihn jetzt langsam einkreisten. Das gefiel Aidan nicht, aber er vertraute auf seine vampirischen Sinne und Kräfte. Er betrachtete das Pentagramm, die Kerzen, das geknebelte Opfer zu seinen Füßen und die Schalen, die alle auf ein spezielles Blutritual hindeuteten. Die wollten das Schattentor wieder öffnen.

„Und ob ich das kann, Hexe.“ Aidan baute sich vor ihr auf. Seine Größe würde sie sicherlich einschüchtern. Doch sie zeigte sich noch immer wenig beeindruckt und erwiderte seinen Blick energisch. Ihre Gestik wirkte vertraut.

„Du hast kein Recht …“ Sie hob die geballte Faust.

„Willst du mir drohen? Schluss mit diesen verfluchten Ritualen. Habt ihr und mein Vater nicht schon genug Unheil über Gealach gebracht?“

Aidan streckte den Arm aus, um der Hexe die Balaklava vom Kopf zu ziehen, aber er griff ins Leere. Verdammte Magie. Die Hexe lachte und stand plötzlich hinter ihm. Aidan wirbelte herum. Er musste wissen, wer sich unter der Maske verbarg und startete einen zweiten Versuch. Wieder entwischte sie ihm.

„Dein Vater war ein Versager. Aber wir werden es schaffen, dem Gebieter der Dunkelheit den Weg zu ebnen, damit er uns die Unsterblichkeit schenkt.“

„Das ist Wahnsinn!“

„Warrior, es sind meine ergebenen Dienerinnen“, erklang wieder Revenants Stimme. „Lass sie gewähren.“

„Du hast deinem Gebieter zu gehorchen“, forderte die maskierte Hexe und rief den anderen zu: „Lasst uns weitermachen!“

Die Gefangene zu seinen Füßen schluchzte auf. „Bitte helfen Sie mir. Befreien oder töten Sie mich, aber überlassen sie mich nicht den Hexen.“

Die tränenerfüllten Augen ließen Aidan nicht unberührt, als ihn erneut die eindringliche Stimme Revenants ereilte, die keinen Widerspruch duldete.

„Misch dich nicht ein, Warrior, sonst wirst du es bitter bereuen. Die Hexen werden ihre Aufgabe erfüllen. Das ist das Schicksal.“

Aidan schüttelte den Kopf, als könne er Revenants Stimme daraus vertreiben. „Nein, ich lasse das nicht zu. Ihr könnt sie nicht einfach opfern wie ein Schaf auf der Schlachtbank.“

Die Maskierte hockte sich neben die Gefangene, zückte ein Messer und schnitt ihr in den Arm. Die Frau schrie auf, während sie vergeblich versuchte, ihre Hände aus den Fesseln zu befreien. Ihr Schrei gellte über die Wiese, durch den Wald, bis eine der Hexen ihr die Hand auf den Mund presste. Tränen rannen über das Gesicht der Gepeinigten. Aber für all das stand Aidan nicht der Sinn, denn der Geruch frischen Blutes nahm ihn gefangen. Köstlich süß. Seine Nasenflügel bebten vor Hunger und Gier.

„Die Hexen werden dich trinken lassen.“ Revenants Stimme brachte seinen fiebrigen Körper zum Vibrieren.

„Nein, ich will nicht“, presste er hervor, obwohl sein Körper bereits dem Opfer entgegenstrebte.

„Wir brauchen das Blut der Sterblichen. Es beherrscht uns, erweckt eine unglaubliche Gier nach mehr, aber es verleiht uns Kraft und Regeneration. Es ist der Schlüssel zur Unsterblichkeit. Am Anfang ist es schwer, so ergeht es jedem Vampir, auch mir ist es so ergangen. Du wirst dich daran gewöhnen. Menschen töten Tiere, um sich zu ernähren. Sie fragen nicht danach, ob es richtig ist, sie tun es, weil sie es brauchen. Weshalb sollten wir auf das sterbliche Blut verzichten? Trinke, Aidan, trinke!“

Er spürte den kalten Atem Revenants in seinem Gesicht. Aidan zögerte. Die Worte überzeugten ihn nicht, aber der Wunsch, von dem Blut zu trinken, wurde übermächtig. Er schmeckte es bereits, und die Vorfreude ließ Feuer durch seine Adern pulsieren. Von seinem Verlangen getrieben, kniete er sich neben das Opfer, das ihm mit weit aufgerissenen Augen und zitternd entgegensah. Die Frau riss an ihren Fesseln, als er seine Fangzähne entblößte. Tränen rannen über ihre Wangen. Aidan sog tief den Cocktail von Blut, Schweiß und Tränensalz ein. Alle Organe begannen, vor Hunger in seinem Inneren zu krampfen. Er beugte sich über die Wunde an ihrem Arm, bis seine Lippen sie berührten. Mit einem tiefen Knurren verbiss er sich in ihrem Fleisch.

Mit jedem Schluck, den er saugte, lud sich sein Körper energetisch auf wie eine Batterie. Einer Schockwelle gleich rann es durch seine Adern. Er fühlte sich leicht, fast schwerelos, und in seinem Kopf entstanden verworrene Bilder wie im Drogenrausch. Allmählich schwand der Widerstand unter ihm. Er blickte auf die Frau, die starr und bleich unter ihm lag. Ihre grünen Augen ähnelten Ambers.

Amber!

Er stieß den Arm von sich und sprang auf. Ihre Fischaugen glotzten ihn an, trübe und kalt, dass es ihn fröstelte. Was hatte er getan? Mit dem Handrücken wischte er sich das Blut von Kinn und Lippen. Wie eine Bestie war er über sie hergefallen. Er hasste diese verfluchte Schwäche, die ihn jedes Mal beim Anblick von Blut überfiel. Zorn stieg in ihm auf, gegen sich selbst, gegen alles und jeden. Er brüllte wie ein Raubtier und begann einen Amoklauf gegen die Hexen.

Die Kerzen und Steine, die das Pentagramm eingerahmt hatten, pfefferte er durch die Luft und hechtete den flüchtenden Hexen hinterher. Schon packte er sich eine, um sie in hohem Bogen durch die Luft gegen den Wall zu schleudern. Schreiend rannten die Frauen um ihr Leben. Nur die Anführerin fehlte. Er wandte sich um, doch dann brachte ihn ein stechender Schmerz in der Brust zu Fall. In seiner Wut wollte er sich aufrappeln, aber seine Muskeln gehorchten nicht mehr. Er war gelähmt bis in die Fingerspitzen. Selbst seine Zunge hing im Mund wie ein totes Stück Fleisch.

Hilflos musste er zusehen, wie die Hexen ihm Beine und Arme fesselten. Aus seiner Brust, dicht unterhalb des Herzens, lugte ein silbriges Teil heraus, das wie ein überdimensionaler Rosendorn aussah. Gebannt verfolgte er jede Handbewegung der Frauen, um einzuschätzen, was sie mit ihm planten. In ihren Mienen lag ein Ausdruck von Befriedigung, was ihn rasend machte.

„Leg dich nie mit Hexen an. Ein Gebot der Finsternis, das du besser beachtet hättest“, meldete sich Revenant zurück.

Aidan knurrte als Antwort.

„Man lernt nur aus seinen Fehlern.“ Revenants heiseres, kehliges Lachen folgte.

Aidan kochte vor Zorn. Die Hexen schlangen ein weiteres Seil um seine Füße und schleiften ihn über den Boden. Steine ritzten seine Haut und hinterließen ein Brennen. Noch nie hatte er sich so gedemütigt gefühlt wie in diesem Moment. Sie zerrten ihn ein Stück über die Wiese bis zum Waldrand. Dort warf die Anführerin das Ende des Seils über den Ast einer Eiche, das die anderen ergriffen. Mit vereinten Kräften zogen sie Aidan empor, bis er kopfüber herabbaumelte.

„Es wird Zeit für eine Lektion, Vampir“, raunte ihm die Anführerin ins Ohr.

Sie zog ein Messer unter ihrer Kutte hervor und zerschnitt sein Sweatshirt über der Brust. Langsam glitt die Klinge über seine nackte Haut. Aidan zuckte zusammen, als die Hexe das Messer kurz danach in seinen Bauch hieb. Der Schmerz war überwältigend. Er wollte den Schmerz hinausbrüllen, stattdessen entrang sich nur ein Röcheln seiner Kehle. Wenn er sich befreien könnte, würde er diese Weiber allesamt umbringen.

Da durchfuhr ihn ein weiterer Schmerz. Die Hexe rammte ihm das Messer in den Oberschenkel. Es knirschte, als sie mit der Spitze seinen Knochen streifte.

„Spürst du den Schmerz der Sterblichkeit? Aber bei einem Vampir ist er vergänglich, und wenn die Wunden sich geschlossen haben, wirst du ihn ganz vergessen. Es ist Vampiren vom Schicksal bestimmt, ebenso Schmerzen zu spüren wie ihre Opfer.“ In ihren Augen blitzte Genugtuung auf. „Sammelt Holz. Wir wollen ihn … ein wenig rösten.“

Die anderen machten sich sofort daran, den Auftrag auszuführen. Aidan biss die Zähne zusammen und schloss die Augen, um seinen Schmerz zu verbergen. Diesen Triumph gönnte er ihnen nicht auch noch.

Es dauerte nicht lange, bis sich unter seinem Kopf ein Haufen Äste stapelte, aus dem die ersten Flammen züngelten. Er war den Hexen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, aber so schnell würde er nicht aufgeben. Es musste einen Weg geben, sich zu befreien. Wenn er doch nur das silberne Ding aus seiner Brust reißen könnte.

Immer höher schlugen die Flammen, nachdem die Hexen sich zurückgezogen hatten. Diese verdammten Weiber ließen ihn hier tatsächlich rösten.

Ein markerschütternder Schrei durchschnitt die Stille, und sofort wusste er, dass die junge Frau nun geopfert worden war.

Seine Kopfhaut glühte. Falls er sich nicht bald bewegen konnte, bliebe von ihm nur noch ein Häufchen Asche übrig. Plötzlich spürte er ein Kribbeln in seinen Zehen und Fingerspitzen, das Leben kehrte in seinen Körper zurück. Schön wär’s, dachte er und zog eine Grimasse. Das Feuer erreichte fast seine Haare, und seine Haut begann, wie Butter zu schmelzen. Er fühlte seine Finger und war erleichtert, als er sie bewegen konnte. Seine Schnittwunden pochten. Die Lähmung ließ nach. Das Blut der jungen Frau, das er zuvor getrunken hatte, zeigte endlich seine Wirkung. Ihm blieb nicht viel Zeit, denn schon begannen die Flammen, an seinem Haar zu lecken. Jetzt erwachten seine Hände. Mit aller Kraft drückte er sie auseinander, bis die Fesseln rissen. Als seine Hand den Dorn umschloss und herauszog, schrie er vor Schmerz auf. Von diesem Moment an fiel die Starre ganz von ihm ab, und er konnte sich befreien.

Als er auf dem Erdboden landete, hielt er seine Nase in den Wind, um die Hexenbrut zu wittern. Aber ein beißender Geruch überlagerte alles. Sie hatten Weihrauch ins Feuer geworfen, um ihre Spuren zu verwischen. Aidan schnaubte vor Wut. Er würde sie schon aufspüren und sich an ihnen rächen.

Mond der verlorenen Seelen

Подняться наверх