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»Im Namen des Volkes: Die Angeklagte wird freigesprochen.«

Laut atmete Sascha auf. »Na, das war eine schwere Geburt!«

»Wenn ich das gewusst hätte, als Sie vor ein paar Wochen zu mir kamen«, seufzte Katharina, die ihre Akten vom Verteidigertisch nahm und sie wegsteckte, »hätte ich mir die Sache vielleicht noch einmal überlegt.«

»Hätten Sie nicht.« Sascha schmunzelte. »Sie hatten Bedenken, aber es hat Sie von Anfang an gereizt.«

Katharinas Mundwinkel zuckten. »Ja«, gab sie zu. »Ihretwegen. Sie waren so engagiert, so eifrig. Und ich habe mich gefragt, warum.«

»Ich wollte, dass sie frei ist.« Sascha warf einen Blick auf den leeren Platz im Gerichtssaal, auf dem Tyra eben noch gesessen hatte. Sie war von den Beamten bereits wieder abgeführt worden. Oder eher: begleitet, denn schließlich hatte der Richter ihren Freispruch verkündet. Sie holte nur noch ihre Sachen aus dem Gefängnis.

»Hmhm«, erwiderte Katharina und schaute Sascha an.

Die letzten drei Wochen waren nicht einfach gewesen. Und das hatte nicht an Tyra gelegen. Die hatte sich gar nicht mehr eingemischt, als sie merkte, dass Katharina alles im Griff hatte.

Nein, das Problem war Sascha. Sascha war verliebt in Tyra, das merkte Katharina ganz deutlich. Und es machte ihr Sorge.

»Das war alles, was ich wollte«, beharrte Sascha jetzt so trotzig auf ihrer Aussage, als hätte Katharina etwas dagegen gesagt. »Sie denken wahrscheinlich, es geht mir nur ums Geld. Dass ich mit den ganzen Reportagen gut verdienen wollte und jetzt vielleicht noch«, sie rollte die Augen, »ein Buch darüber schreibe.«

»Über einen kleinen Einbruch, der noch nicht einmal einer war?« Katharina schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Das würde wohl niemand kaufen.«

»Eben«, sagte Sascha. »Ist ja auch nicht interessant. Aber ein Buch über Tyra . . .« Sie blickte wieder auf den leeren Platz, als ob Tyra dort noch säße, und ihre Augen glänzten geradezu.

»Ist genauso wenig interessant«, behauptete Katharina. »Ich glaube nicht, dass jeder Frau Horvath so sieht wie Sie.«

»Sie ist . . . Sie hat nur nie eine Chance gehabt«, brachte Sascha wieder ihre bekannte Argumentation vor, die schon Harry nicht überzeugt hatte.

»Es gibt Chancen und Chancen«, sagte Katharina. »Eine Chance zum Beispiel ist das Leben an sich. Jeder bekommt es ohne jede Bedingung geschenkt. Was er dann daraus macht, ist seine Sache.« Sie nahm ihre Aktentasche und ging zum Gerichtssaal hinaus.

Sascha kam ihr nach. »Manche haben aber bessere Voraussetzungen als andere«, setzte sie ihre Argumentation fort. »Und manchen werden die Voraussetzungen eine nach der anderen weggenommen.«

Katharina blieb stehen. »Ja, ich gebe zu, sie hatte es schwer«, sagte sie. »Aber sie ist außergewöhnlich intelligent. Außerdem hat sie einen gesunden, gut trainierten Körper, keine Krankheiten, gar nichts. Sowohl geistig als auch körperlich hat sie eine Menge Möglichkeiten. Aber was tut sie? Schlendert durch die Straßen und baldowert einen Einbruch aus.« Sie seufzte. »Glauben Sie mir, regelmäßige Arbeit wäre nichts für sie. Deshalb tut sie das.«

»Es hat ihr ja noch nie jemand regelmäßige Arbeit angeboten«, hielt Sascha dagegen, obwohl sie noch nicht einmal wusste, ob das stimmte.

»Als was?«, fragte Katharina. »Hat sie irgendetwas gelernt oder kann sie etwas besonders gut?«

Darauf konnte Sascha keine Antwort geben. Oder sie wollte es nicht.

»Ich kenne ihren Lebenslauf«, sagte Katharina. »Die Schule hat sie abgeschlossen, aber das war auch alles. Keine Lehre, keine Ausbildung, gar nichts. Sie haben ein paarmal versucht, sie irgendwo unterzubringen, aber sie hat immer wieder Ärger gemacht, und das war es dann. Vorschriften hat sie ignoriert, wenn ihr jemand etwas beibringen wollte, hat sie einfach nicht zugehört oder sie hat ihn sogar beleidigt. Das nenne ich nicht das Geschenk des Lebens nutzen.«

»Sie hat sich selbst Karate beigebracht«, hielt Sascha dagegen. »Weil sie kein Geld hatte, hat sie von außen durchs Fenster geguckt und alles nachgemacht. Sie hat die Anweisungen genau befolgt. Und jetzt ist sie sehr gut in Karate.«

Katharina lachte. »Das glaube ich sofort. Das war ja auch etwas, das sie lernen wollte. Unbedingt lernen wollte. Da hat sie sich natürlich dahintergeklemmt.«

»Also kann sie Anweisungen befolgen, und sie kann auch etwas lernen.« Wieder einmal ließ Sascha nicht locker, weil sie sich in etwas verbissen hatte. »Sie könnte bestimmt auch eine Ausbildung machen. Wenn es die richtige wäre.«

»Wenn es die richtige wäre . . .«, wiederholte Katharina zweifelnd. »Und was sollte das sein? Bei der Polizei werden sie sie wohl kaum nehmen mit ihrem Strafregister.« Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht könnte sie Karatelehrerin werden. Das wäre doch etwas, das sie schon kann.«

»Das ist ein guter Vorschlag!« Sascha war sofort ganz begeistert. »Den werde ich ihr machen.« Es schien fast so, als wollte sie Tyra hinterherstürzen, auf dem Weg, auf dem sie vorhin mit den Beamten den Gerichtssaal verlassen hatte.

»Und wo wollen Sie sie finden?«, fragte Katharina da in ihrem Rücken. »Haben Sie ihre Adresse?«

Überrascht blickte Sascha sich um. »Die steht doch in den Akten, oder?«

Katharina nickte und schürzte ein wenig die Lippen. »Haben Sie mal überprüft, was für eine Adresse das ist?«

Etwas aus dem Konzept gebracht runzelte Sascha die Stirn. »Nein. Was für eine Adresse ist es denn?«

»Eine falsche«, sagte Katharina. »Da wohnt niemand. Es ist die Adresse eines Supermarkts. Möglicherweise hat sie da mal auf dem Parkplatz übernachtet, mehr aber auch nicht.«

Kurz überlegte Sascha. »Vielleicht erwische ich sie noch im Gefängnis!«, rief sie dann und stürzte wieder los.

»Das hoffe ich nicht«, murmelte Katharina. »Das hoffe ich wirklich nicht.«

Meine blauäugige Pantherin

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