Читать книгу Wenn ich wär, wie ich nicht bin - Kirsten Steineckert - Страница 15

EINE FRANZÖSIN

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Ich war etwa 11, als ich wieder einmal einen Sommer mit meiner Mutter im Schriftstellerheim am Schwielowsee verbrachte. Ich wollte mit meiner Freundin Ilona in diesem Jahr etwas ganz Besonderes unternehmen. Vielleicht wollte ich auch nur mein schauspielerisches Talent ausloten, jedenfalls beschloss ich bei einem Spaziergang die Chaussee entlang spontan als Französin aufzutreten. Innerhalb der Villa im Schriftstellerheim, vor all den Leuten, die mich seit Jahren kannten, ging das schlecht. Aber man könnte ja außerhalb des Grundstückes fremden Leuten begegnen.

Es dauerte auch nicht lange und unser Flanieren stieß auf die Neugier ebenso gelangweilter junger Motorradfahrer. Die hielten neben uns und wollten ein Gespräch anfangen.

Glücklicherweise sahen wir etwas älter aus und so glaubten sie meine Geschichte, dass ich, eine Französin, gerade frisch in Deutschland angekommen sei. Ilona erstarrte vor Schreck und ich hatte Angst, sie könnte uns alles vermasseln mit – was weiß ich – haltlosem Gekicher oder anderen verräterischen Äußerungen, so erklärte ich spontan, dass meine Freundin stumm sei und beeindruckte die Jungs mit meinem charmanten Akzent, den ich früher schon immer mal wieder ausprobiert hatte.

Wir verabschiedeten uns schnell, versprachen aber uns am nächsten Tag an gleicher Stelle wieder einzufinden. Ilona erklärte mich für völlig verrückt und ich ihr, dass sie morgen unbedingt wieder mitkommen müsse. Sie dürfe auch wieder schweigen. So zogen wir am nächsten Tag los.

Ich weiß nicht mehr, worüber wir uns unterhielten. Wahrscheinlich habe ich von meiner fantastischen französischen Heimat geschwärmt. Ilona verdrehte ab und zu französisch die Augen. Plötzlich hielt ein weiterer Motorradfahrer neben uns und verkündete, dass er eine tolle Überraschung für uns hätte. Französische Landsleute, mit denen wir uns am nächsten Tag treffen könnten. Tolle Überraschung. Ich wurde blass, versprach aber zu kommen.

Natürlich erschienen wir am nächsten Tag nicht. Stattdessen wagte sich einer der Jungs auf das Gelände des Schriftstellerheims und fragte nach der Französin. Keiner konnte ihm weiterhelfen. In dem Moment trat ich aus der Tür. Er sprach mich an, aber ich tat höchst erstaunt und behauptete, ihn noch nie gesehen zu haben.

»Ach, du meinst vielleicht meine französische Zwillingsschwester!?« Und ich erzählte ihm eine aufregende Geschichte von den Zwillingen, die als Babys getrennt wurden. Die eine, die mit dem Vater nach Frankreich ging und ich, die ich mit der Mutter in Deutschland blieb. Er schien nicht sehr überzeugt zu sein.

Meine Mutter war es, die mich mal wieder rettete. Eigentlich wollte mich ja unser Heimleiter etwas auflaufen lassen und sich unwissend stellen, aber weder er, noch meine Mutter, brachten es letztendlich übers Herz, mich hängen zu lassen. So kamen sie dazu und bestätigten meine abenteuerliche Geschichte.

Dann wurde der arme Junge des Hofes verwiesen und ich war vor einer Totalblamage gerettet.

Wenn ich wär, wie ich nicht bin

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