Читать книгу Short Stories - Kitty Stone - Страница 14
- Die Wahrheit –
ОглавлениеDer Abend war fast da, ich zog mir meine Schneesachen an und trat vor die Haustür.
„Bär“, rief ich dann laut. „Sieh zu, dass du deinen felligen Hintern sofort hierher bewegst.“
Ein Grummeln ertönte zwischen den Bäumen und kurze Zeit später kam er auf mich zu gestapft.
„Weißt du. Ich hatte ein nettes Gespräch mit Sam.“ Wie gut, dass wir abseits jeder Zivilisation waren, denn würde mich jetzt einer sehen, wie ich mit dem Bären sprach, würde ich sofort eingewiesen werden. Das große Tier dagegen beobachtete mich genau, legte den Kopf ein wenig schief. Ja, ich hatte mir tatsächlich einige Gedanken gemacht. Immer wieder waren sie in eine absurde Richtung abgedriftet und doch war es irgendwie die einzige logische Erklärung. „Ich habe über seine Worte nachgedacht. Ich habe keine Ahnung was, oder wer du bist, aber entweder bist du ab sofort ehrlich zu mir, oder ….“, ich schaute ihm tief in die Augen, „du brauchst nie wieder aufzutauchen.“
Die Sonne ging langsam hintern den Baumwipfeln unter und er wurde sichtlich nervös. Wenn ich recht hatte, dann würde ich gleich sehen, was passierte.
„Überleg es dir gut“, sagte ich daher zu ihm. Ich ignorierte, dass er von einer Pfote auf die andere wechselte und kurz davor war, davon zu laufen. „Ich will es sehen.“
Mitten in der Bewegung hielt er inne und blickte mich an. Die Sonne versank hinter den Bäumen und was ich jetzt zu sehen bekam, überstieg alles, was ich mir vorgestellt hatte. Das Fell bildete sich zurück, ebenso die Nase und der wuchtige Bärenkörper. Die Beine wurden länger, die Hände verwandelten sich von Klauen zu Fingern und dann stand Elias nackt vor mir.
So wie er mich anschaute, rechnete er damit, dass ich nun laut schreiend wegrennen würde. Dabei konnte ich mich an ihm nicht sattsehen. Bisher hatte ich ihn nur angezogen gesehen. Da war mir schon aufgefallen, dass er gut gebaut war. Aber ihn jetzt nackt vor mir zu sehen … obwohl es arschkalt hier draußen war, wurde mir heiß und meine Mitte zog sich verlangend zusammen.
Sein tiefes Lachen riss mich aus meiner Schockstarre.
„Du bist wahrlich ungewöhnlich, Hope. Anstatt panisch wegzulaufen, wirst du feucht.“
„Du riechst das, stimmts?“
Er nickte. „Lass uns reingehen. Auch wenn meine Körpertemperatur höher ist, so wird es doch langsam ungemütlich.“
Verdammt. Nicht nur seine Frontansicht war jede Sünde wert, auch seine Rückenansicht, insbesondere der Hintern, ließen mich leise aufseufzen.
„Ich habe auch gute Ohren.“
Das konnte heiter werden. Während ich mir die Jacke und Schuhe auszog, hatte sich Elias eine Decke um die Hüfte geschlungen. Das machte die Situation nur ein wenig erträglicher, denn seine nackte muskulöse Brust war natürlich immer noch zu sehen und ich hatte noch nie solch klar definierte Muskelpakete gesehen. Normalerweise fand ich die aufgepumpten Männer in meinem Studio total unerotisch. Elias dagegen strahlte eine natürliche Kraft aus. Man sah ihm an, dass er sie nicht durch Shakes oder Gewichtstemmen aufgebaut hatte.
„Du bist immer noch ruhig“, durchbrach der die Stille und setzte sich an den Tisch.
Ich holte uns Kaffee, um mich kurz sammeln zu können, und setzte mich ihm dann gegenüber. „Sollte ich jetzt hysterisch hier herumrennen? Oder bestenfalls noch in Ohnmacht fallen?“, frage ich provokativ.
„Es ist nicht alltäglich, dass man einem Bären zusieht, wie er sich in einen Menschen verwandelt.“
„Wahrscheinlich werden das auch die wenigsten Menschen zu sehen bekommen.“
„Richtig.“ Er musterte mich.
„Wie du siehst, verfalle ich in keinen Schreikrampf. Immer noch nicht. Würdest du mir bitte erzählen, was du bist?“
„Ein Gestaltenwandler.“
Ich überlegte. Was wusste ich über Gestaltenwandler? Nicht viel. Ich meine, ich hätte nie gedacht, dass es sie wirklich gibt. Ich kannte sie nur aus der Serie „True Blood“. Wenn ich Elias das erzählte, würde er sicher einen Lachanfall bekommen.
„Was überlegst du?“
„Versprichst du, mich nicht auszulachen?“
„Hope, du sitzt gerade jemanden gegenüber, wo du sicher nie davon ausgegangen wärst, dass es uns gibt. Dass die Fragen, die du mir stellen wirst, mich zum Schmunzeln bringen könnten, ist da ganz normal. Aber ich verspreche dir, nicht zu lachen. Egal was du fragen möchtest.“
„Also gut.“ Ich nahm einen Schluck vom Kaffee. Ich sollte mir dringend angewöhnen, mehr Wasser zu trinken, ansonsten würde ich nicht wegen einem Bären an Herzversagen sterben, sondern an Herzrasen umkippen. „Dein Bruder, ist er auch einer?“ Sein Blick verfinsterte sich. Warum ich gerade mit der Frage anfing, wusste ich nicht.
„Nein.“
Ah, das Thema hieß es jetzt, erst mal zu meiden, wenn ich weitere Antworten erhalten wollte.
„Gibt es viele von euch?“
„Ich weiß es nicht. Früher hatten wir regelmäßig Kontakt mit anderen Sippen. Seit es die Jäger gibt, nicht mehr.“
„Am besten wäre es, wenn du mir erzählst, wie das mit dieser Gestaltenwandlersache abläuft.“
„Du wirst mit diesem Gen geboren oder nicht. Bis zu deinem 19. Geburtstag führst du ein ganz normales Leben. Erst dann tritt die erste Verwandlung ein. Diese ist schmerzhaft. Ab dem Tag an, lastet diese Wandlung wie ein Fluch auf uns.“
„Wie meinst du das?“
„Solange wir nicht unseren Partner, unseren Seelenverwandten, gefunden haben, sind wir tagsüber an unseren tierischen Körper gefesselt. Erst wenn die Sonne untergeht, können wir uns zurück in einen Menschen verwandeln.“
„Scheiße, das ist ja …“ Mir fielen nicht die richtigen Worte ein. Wenn ich mir vorstellte, dass ich nur noch nachts als Mensch leben konnte. Moment. „Was passiert, wenn du deine Partnerin findest?“
„Dann vereine ich mich mit ihr und wir bleiben unser gesamtes Leben zusammen. Ab dem Zeitpunkt kann ich mich wandeln, wie und wann ich es möchte.“
„Du hast sie aber noch nicht gefunden?“
Stille herrschte und er starrte mich an. Langsam sickerte es zu mir durch. Doch, er hatte sie gefunden. Scheiße, ich war es. Aber warum hatte er gesagt, dass er es mir nicht antun könnte?
„Okay, raus mit der Sprache. Was ist so schlimm daran, dass du dich nicht mit mir vereinen würdest?“
War ich gerade von allen guten Geistern verlassen? Gehörte Liebe nicht auch dazu?
„Du weißt nicht, was es bedeutet, ein Leben lang an mich gebunden zu sein.“
„Solange du dir nicht von einer anderen den Schwanz blasen lässt …“
Blitzschnell war er über den Tisch gekommen und kniete vor mir.
„Wenn ich mich mit meiner Partnerin vereine, dann kann ich ihr nicht fremdgehen. Wenn ich sage, dass wir aneinander gebunden sind, dann meine ich das auch so. Außerdem, Hope, würde ich dir nie fremdgehen wollen.“
Sanft legte er seine Hand unter mein Kinn und zwang mich ihn anzuschauen. „Als ich dich das erste Mal gewittert habe, wusste ich, du bist die eine. Und wenn wir sie gefunden haben, gibt es keine andere für uns. Nie mehr.“
Das war jetzt wohl die wundervollste Liebeserklärung, die ich je erhalten hatte. „Was passiert, wenn die Auserwählte sich nicht in den anderen verliebt?“, fragte ich vorsichtig nach.
„Oberstes Gebot bei uns ist, dass der Partner es auch will. Wenn nicht … dann bleibt man den Rest seines Lebens alleine.“
Das schockierte mich, wobei ich nicht wusste, wie lange damit gemeint war. „Wie alt bist du?“
Ich sah, dass er verstand. „Vom Aussehen her würdest du mich auf Anfang 30 schätzen, richtig?“
„Ja.“
„Ich bin 74 Jahre alt. Ab der Wandlung verändert sich unser Stoffwechsel.“
„Wow“, hauchte ich. „Was passiert aber, wenn du dich auf mich einlässt? Ich bin keine Gestaltenwandlerin.“
„Auch du wirst älter als normale Menschen werden, sobald eine Vereinigung zustande gekommen ist.“
„Bevor ich dir jetzt dazu alles einzeln aus der Nase ziehen muss. Klär mich bitte auf.“
„Wenn wir uns vereinigen, werde ich nicht nur einen angedeuteten Nackenbiss vollführen, sondern deine Haut durchstoßen. Nein, keine Angst, es tut nicht weh. Und um gleich die nächste Frage zu beantworten, ich trinke nicht dein Blut. Da wir versteckt leben, kann ich dir nicht genau erklären, was in dem Moment passiert. Aber es wird höchstwahrscheinlich ein Sekret von mir auf dich übertragen. Dein Stoffwechsel verändert sich genauso und passt sich meinem an. Wir können bis zu 250 Jahre alt werden. Daher meinte ich, dass ich es dir nicht antun kann. Du würdest noch mindestens 100 Jahre mit mir verbringen, eher mehr. Was sich erst einmal nett anhört, birgt viele Risiken. Wer nicht altert, fällt auf. Solltest du spätestens aus Twilight kennen. Außerdem wäre da noch etwa. Passiert dem anderen etwas und er stirbt …“
„… dann stirbt der andere auch“, beendete ich seinen Satz. „Man hat also keine Chance, wenn man erst einmal den Schritt gegangen ist, zu sagen 'Hey, du bist doch nicht der, den ich mir für den Rest meines Lebens vorgestellt habe?'“
Elias lachte. „Nein. Aber ich dachte immer, Frauen würden für solche Liebesbekundungen morden! Sie wollen doch den einen für sich haben. Für immer!“
Ich musste auch schmunzeln. Es stimmte natürlich. Welche Frau wünschte sich das nicht. Aber es war so neu. Für ihn war es klar, er wusste schon länger, wie das ablief. Ich dagegen war erst einmal doch überrumpelt.
„Und es gibt da noch etwas.“
Ich seufzte leise. Eigentlich konnte mich nichts mehr aus der Fassung bringen. „Schieß los.“
„Wie du schon zur Genüge begutachtet hast, bin ich etwas massiger als ein normaler Mann gebaut. Somit ist auch etwas anderes größer.“
Erst schaute ich ihn fragend an, dann schoss mir die Röte ins Gesicht. Wie konnte ich nur so blöd sein und es nicht auf Anhieb kapieren. „Oh“, brachte ich hervor. Dann auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Deshalb hast du … ich meine“, stotterte ich.
„Ja. Dein Körper hat automatisch danach verlangt. Entschuldige, ich möchte das Thema eigentlich nicht so emotionslos behandeln. Allerdings … wenn ich an die letzte Nacht denke, Hope. Verdammt, es war für mich die Hölle mit anzusehen, wie viel du aufnehmen willst und kannst. Aber ich durfte nicht. Weil wenn wir miteinander schlafen, wenn ich mich in dir versenke, dann geht das nur bei der Vereinigung.“
„Du darfst sonst nicht mit mir schlafen?“
„Nein.“
Ich riss die Augen auf. „Du bist noch Jungfrau.“
Erst schaute er mich verdutzt an, dann lachte er laut los. So viel zu „ich lache nicht.“
„Entschuldige“, japste er. „Du hast ja recht. Aber du müsstest dich mal sehen. Mit einer stoischen Gelassenheit hörst du mir bei der ganzen Geschichte zu, was dich aber schockt, ist, dass ich noch Jungfrau bin.“ Er hauchte einen zarten Kuss auf meine Lippen. „Der Bär in mir hat gespürt, wie außergewöhnlich du bist.“
Mein Herz schlug wie wild und es sammelte sich schon wieder Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen. Das war gar nicht gut, denn ich wollte einen klaren Kopf behalten.
Schweigend schaute er mich an.
„Gib mir bitte Bedenkzeit. Ich muss das für mich erst einmal verarbeiten. Ja ich weiß, mein Körper ist ein mieser Verräter. Mein Herz und noch etwas anderes schreien nach dir. Mein Kopf ist aber noch nicht soweit.“
Elias nickte, strich noch einmal über meine Wange und ließ mich dann allein.