Читать книгу KAISERSCHMARRN, RÖSCHTI UND ANDERE SCHMANKERL - Klaus Hübner - Страница 13

Оглавление

Ein Maler in Rom. Erotisches von Christoph Braendle

Bei Christoph Braendle, dem Schweizer Weltenbummler aus Wien, geht es selten ganz ohne Erotik ab. Braendle hat als Journalist und Reporter gearbeitet, er hat skurrile Theaterstücke und glänzende Essays verfasst, und er hat eine beachtliche Menge an literarischen Büchern publiziert, unglücklicherweise in ganz unterschiedlichen Verlagen. Was seiner Sichtbarkeit nicht guttat. Seinen Werken gemeinsam sind ihre hohe sprachliche Qualität, der wache, neugierige Blick auf die Welt sowie die immer wieder verblüffende Originalität des jeweiligen Themas und der dafür gewählten literarischen Form. Und darüber hinaus eben: die Beschäftigung mit der Lust und der Liebe, mit den zahllosen Spielarten des Erotischen. Das gilt auch für seinen jüngsten Roman.

Aus den Augen spielt in Rom, wo ein aus dem geistfeindlichen und intriganten Wiener Künstlermilieu geflüchteter junger Maler die alten Meister studiert, vor allem die Marien- und sonstigen Frauenfiguren in den zahlreichen Kirchen der Ewigen Stadt. Langweilig? Nein, denn gleich zu Beginn begegnet er in seinem Stammcafé nahe der Piazza Navona einem alten und offenbar sehr reichen Mann, der ihm ein ungewöhnlich hohes Honorar verspricht, wenn er dessen wesentlich jüngere Gattin Lisa porträtiert. Nackt natürlich. Öl auf Leinwand, zwei Meter fünfzig mal ein Meter sechzig. Zum Deal gehört, dass ihm der alte Herr in aller Ausführlichkeit seine Lebens- und Liebesgeschichte erzählen darf – was dem Maler anfangs gar nicht recht ist. Doch diese Geschichte, dominiert von der Jagd nach einem erfüllten und glücklichen, einem erotischen und zugleich ästhetischen Leben, ist extrem spannend. Zumal die üppige, kluge und lebensweise Gemahlin und der in den Sog der pikanten Konstellation hineingezogene Ich-Erzähler ganz andere, vielleicht zeitgemäßere Sichtweisen einbringen als der alte Herr, »der typische Repräsentant einer verzweifelten Linken, saturierten Wohlstand genießend inmitten einer finsteren, Depression erzeugenden Welt«. Aus den Augen entfaltet drei auf ganz unterschiedliche Weise vom Eros getriebene Lebensläufe mit oft überraschenden Wendungen und jähen Volten. »Wir sind Gefangene unseres Schicksals«, heißt es einmal, und womöglich ist das durchaus programmatisch gemeint. Drei Hauptfiguren also. Das bedeutet hier auch: häufige Perspektiven- und Sprachwechsel, Vermischung und Verschachtelung der Erzählebenen und -zeiten, Zitate aus der Kunst-, Literatur- und Filmgeschichte – modernes Erzählen eben. Der Lesbarkeit schadet das nicht, und die Leserneugier bleibt bis zum Schluss erhalten. Ja, vielleicht hat der junge Maler am Ende wirklich ein vollendetes Meisterwerk geschaffen! Doch hat es ihm geholfen? Kann Kunst helfen? Und wenn nicht, wozu ist sie dann überhaupt da? Aus den Augen ist, ganz nebenher, auch ein kunstphilosophischer Roman. Mehr wird nicht verraten.


Christoph Braendle: Aus den Augen. Roman. Weitra 2019: Verlag Bibliothek der Provinz. 226 S.

KAISERSCHMARRN, RÖSCHTI UND ANDERE SCHMANKERL

Подняться наверх