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9. Wundervoll glattes, festes Fleisch

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„Nun komm schon! Ich beiße nicht!“, forderte ihn die Frau auf, nachdem sie die Tür geöffnet hatte.

Nicht dass Alexander noch Zweifel daran gehabt hätte, ob sein Vorhaben etwa schicklich war oder sich mit der Moral vertrug, die ihm sein Elternhaus vermittelt hatte, Grund für ein Zögern war eher sein Staunen über sich selbst.

Da wollte er allen Ernstes in das Auto einer wildfremden – zugegeben sehr schönen – Frau einsteigen, sich auf ein Abenteuer einlassen, das er nicht einschätzen konnte, das aber mit Sicherheit alles, was er je erlebt hatte und sich überhaupt vorstellen konnte, in den Schatten stellen würde.

Er war begierig, diesen Schritt zu gehen.

Aber er hatte auch Angst davor.

„Nun komm schon!“, hörte er sie wieder.

Und er folgte dem Ruf, ließ sich auf den Sitz fallen, zog die Tür zu, wagte nicht, die Frau anzusehen, sondern starrte nur durch die Frontscheibe, sah, wie sich der Fähranleger drehte, wie die Häuser auf der anderen Straßenseite näher kamen, sich plötzlich die Straße vor ihnen öffnete und sie sie entlang fuhren.

Mit unbekanntem Ziel.

Eine Ewigkeit waren sie den schmalen Weg unterhalb des Deiches durch die Marsch gefahren und hatten noch kein Wort miteinander gesprochen.

Alexander hatte seine Entführerin, denn so empfand er sie mehr und mehr, noch immer nicht angesehen, hatte nicht ihren leicht belustigten und gleichzeitig sehnsüchtigen Gesichtsausdruck bemerkt.

Sie kannte das, und sie wusste, sie musste dem Jungen Zeit lassen. Schließlich war es für ihn das erste Mal.

Nur die kamen für sie in Frage, die noch keinerlei Erfahrungen hatten, die Schüchternen, die Verklemmten, die Neugierigen, die noch formbar waren.

Nur die bereiteten ihr die Lust, die sie sich wünschte.

Zwei-, dreimal brauchte sie gewöhnlich, um ihnen die Hemmungen zu nehmen und sie einzuweisen in die Grundregeln der Liebe, weitere fünfmal, um die ersten Erfolge ihrer Arbeit zu genießen und sich von den Fortschritten ihrer Schüler, ihrer Phantasie überraschen zu lassen, und weitere fünfmal konnte sie dann die Früchte ihrer Arbeit ernten.

Sie und ihr Liebhaber waren jetzt ein eingespieltes Team. Jeder wusste vom anderen, was er wünschte, und erfüllte dessen Wünsche, unaufgefordert. Das waren für sie die schönsten Stunden, der Lohn für die Mühen.

Aber dann musste sie wechseln. Denn ihre Beziehung, wenn man ihr Verhältnis so nennen wollte, drohte in Routine zu erstarren. Sie musste Schluss machen, bevor der Sex voraussehbar wurde.

Doch sie brauchte sich keine Sorgen zu machen: Der Abgelegte würde ihr einen Neuen vermitteln.

So hatte es auch Henning gemacht, und Henning war Karl gefolgt, und der hatte auch seine Vorgänger. Und der Neue würde es auch so machen.

Das Auto bremste abrupt.

„Wir sind da!“

Sie fuhren eine geschotterte Einfahrt hinauf zu einem ansehnlichen Bungalow im Stil der fünfziger Jahre. Links und rechts große, alte Rhododendronbüsche, kurz vor der Blüte.

„Schließt du mal das Tor?“

Alexander stieg aus, ging die wenigen Schritte zurück.

Noch hätte er weglaufen können.

Er löste die beiden schmiedeeisernen Torflügel aus ihrer Arretierung und schloss sie.

„Komm!“

Sie hatte die Haustür weit geöffnet.

„Komm!“

Als er – warum auch immer - noch einen Augenblick zögerte, fasste sie ihn bei der Hand und zog ihn in das kühle Entree.

„Geh schon mal vor!“

Langsam, als wäre der Weg höchst gefährlich, ging er voran, sah sich um und nahm doch nichts wahr.

Er sah nicht die sparsame und doch erlesene Möblierung, er bemerkte nicht das wunderbare Licht im Wohnzimmer, das durch die großen Fenster und die Terrassentür drang, er sah nicht den üppigen Garten, der sich jenseits der Terrasse erstreckte.

„Gefällt es dir?“

Dicht hinter ihm stand sie.

Sie trug dasselbe weiße Kleid, das sie zuvor getragen hatte, ein ganz unscheinbares Kleid mit Kragen, vorne durchgeknöpft. Doch zuvor, so schien ihm, war es höher geschlossen, und auch der Rock war vorher weiter zugeknöpft.

Aber er konnte sich natürlich auch irren. Er hatte sie schließlich erst hier im Haus einen Augenblick angesehen.

„Ich habe uns einen Drink gemacht“, sagte sie und drückte ihm ein halb gefülltes Glas mit einer wässrig fast farblosen Flüssigkeit in die Hand, als er sich zu ihr umdrehte.

Jetzt sah er, dass ihr Kleid nicht nur weiter geöffnet war, sondern dass es nur noch durch zwei Knöpfe zusammengehalten wurde.

Wie zufällig fiel es halb über ihre Schultern, entblößte bei jeder ihrer Bewegungen ein Stück der einen oder der anderen Brust, und als sie auf ihn zu trat, um ihm sein Glas zu reichen, glänzte ihr Bein bis zum Schritt in der Sonne.

Vielleicht war ihre Bewegung zu hektisch, vielleicht hatte er sich auch zu ungeschickt angestellt. Als sie sich zuprosteten, schwappte der Drink über und ergoss sich über ihr Kleid und Alexanders Hemd.

„Oh je“, rief sie wie in echter Sorge, „das gibt Flecken! Komm, zieh das Hemd aus!“

Und schon hatte sie die oberen Knöpfe geöffnet und zog ihm das Hemd über den Kopf.

Daran, dass er dabei den Rest in seinem Glas auch verschütteten würde, schien sie nicht gedacht zu haben.

Sie entwand ihm das Glas und führte seine rechte Hand an die Knopfleiste ihres Kleides.

„Öffne es!“, flüsterte sie und löste seinen Gürtel, fingerte an dem Verschluss seiner Hose herum, streifte sie hinab, dass sie sich wie Fesseln um seine Füße legte.

Wie erstarrt stand Alexander da, ließ sie gewähren. In seinen Ohren pochte es, er fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.

Sie hockte sich vor ihn hin, berührte seine Hüften, griff mit ihren langen Fingernägeln in sein Fleisch, dass es schmerzte.

„Steig doch endlich aus diesen albernen Hosen!“

Er gehorchte.

Noch immer stand er da, steif, wie versteinert.

Ganz vorsichtig fasste sie sein vor Erregung, Scham oder Angst schlaffes Glied.

Alexander spürte, wie es wuchs, immer praller wurde, als wollte es platzen.

Er rührte sich immer noch nicht.

Jetzt gewährte sie ihm keinen Aufschub mehr.

„Komm!“

Sie fasste ihn bei der Hand, zog ihn wortlos hinter sich her, quer durch die Diele, die Treppe hinauf, öffnete die Schlafzimmertür am Ende des Flures.

Wie in Trance folgte er ihr.

In seinen Schläfen hämmerte es. Sein Mund wurde trocken, als sie das Schlafzimmer betraten.

Er sah nicht den einladenden, hellen Raum, der von einem riesigen Bett beherrscht wurde, nicht die luftigen Vorhänge, die sich in dem leichten Luftzug des offenen Fensters blähten.

Er sah nur sie, die sich ohne Zögern aufs Bett setzte, ihn auffordernd ansah.

„Setz dich!“, befahl sie und wies mit einem Nicken auf einen Polsterhocker, der vor ihrem Bett stand.

Mechanisch folgte Alexander.

„Gefalle ich dir?“

Alexander fühlte sich fürchterlich.

Noch nie hatte er eine nackte Frau gesehen, nicht einmal auf einem Foto. Und jetzt saß er mit ihr im selben Raum, keine zwei Schritte von ihr entfernt.

Sie wollte ihn, das spürte er. Sie würde ihn nehmen, wie sie es wollte. Er war ihr ausgeliefert.

Und in diese Hilflosigkeit mischte sich ein ihm bisher unbekanntes Gefühl, Begehren vielleicht, er kannte es noch nicht.

In seinem Kopf rauschte es.

Eben wollte er sich Gedanken darüber machen, was sie wohl jetzt von ihm erwartete, da richtete sie sich gerade auf, hockte sich auf das Bett, hob die Hände in die Höhe, so dass ihr ganzer Oberkörper gestrafft war.

Wie eine bronzene Skulptur schimmerte ihr Körper. Das sanfte Sonnenlicht schien auf ihre schlanken Arme, ihre wunderbaren runden Brüste.

Weiter wagte er nicht seinen Blick gleiten zu lassen, obgleich es ihn drängte. Gerne wäre er aufgestanden, wäre diese zwei Schritte zu ihr geeilt, hätte sie an sich gedrückt.

Aber er wagte es nicht.

„Sieh mich an!“, forderte sie und öffnete, immer noch kniend, wie unbeabsichtigt langsam die Schenkel.

„Pst!“, flüsterte sie, als er etwas sagen wollte.

„Sieh mich nur an!“

Als folgte sie einer unhörbaren Melodie, begann sie ihren Körper langsam zu wiegen, drehte sich dem Licht entgegen, reckte ihn im nächsten Augenblick Alexander entgegen, ließ sich auf den Rücken gleiten und öffnete ihre Schenkel.

Sie stand auf, bewegte sich tänzelnd zwischen Alexander und dem offenen Fenster, ließ sich von den fast durchsichtigen Vorhängen einfangen, als sollten sie sie verbergen.

Doch sie taten genau das Gegenteil.

Spätestens jetzt war Alexander bereit, alles zu vergessen, die Angst vor dem Ungewissen, die Angst vor den möglichen Folgen, auch die Angst zu versagen.

„Für heute ist genug“, sagte sie, wickelte sich aus dem Vorhang und legte einen leichten Morgenmantel an.

„Dort ist das Bad!“

Alexander war wie vor den Kopf geschlagen.

Was hatte er falsch gemacht?

Eben noch hatte sie ihn aufgefordert, sie weiter anzusehen, er hatte alle seine Ängste überwunden, war jetzt zu allem bereit.

Und nun das!

Womit hatte er das verdient?

Nachdem er sich gewaschen hatte, ging er zurück ins Schlafzimmer. Sie war nicht mehr dort.

Er stieg die Treppe hinab, sah sie im Wohnzimmer. Sie hatte ihr Kleid übergestreift, hielt seine Hose in der Hand und legte sie über eine Sessellehne, bückte sich gerade nach seinem Hemd.

„Zieh dich wieder an“, sagte sie mit unerwartet weicher Stimme und reichte Alexander Hemd und Unterhose.

„Du fragst dich, warum ich dich fortschicke, stimmt’s? Es ist besser so. Das war genug für heute, glaub mir. Das musst du erst verarbeiten.“

Die Rückfahrt verlief ebenso schweigsam wie die Hinfahrt. Tausend Gedanken schwirrten Alexander durch den Kopf, hetzten sich, ein wildes Durcheinander. Und doch verwoben sie sich immer wieder zu der einen Frage: Was hatte er falsch gemacht?

Als sie den Ortsausgang erreicht hatten, bog Sie auf einen Feldweg ein und hielt den Wagen an.

„Jetzt musst du gehen“, sagte sie.

„Aber…?“

„Kein Aber. Ich dachte, du hättest begriffen.“

Und nach einem Augenblick fügte sie hinzu: „Ich lasse von mir hören.“

Sie sah ihm ins Gesicht, sah seine Verstörtheit und fasste seine linke Hand. Langsam zog sie sie zu sich her und schob sie unter ihren Rock, dass er ihren Oberschenkel berührte. Wundervoll glattes festes Fleisch.

Sie trug keine Unterwäsche!

„Jetzt musst du aber gehen!“

Zwei Tage hatte Alexander nichts von ihr gehört, drei Nächte und zwei Tage voller Ungewissheit.

Hatte er versagt?

Er war sich keiner Schuld bewusst.

Er hatte auf diesem albernen Hocker sitzen müssen, sollte sie nur anstarren, durfte ihr aber nicht näher kommen.

Natürlich hatte er ihren Anblick genossen, hatte sie mit den Augen verschlungen. Aber das hatte sie so gewollt.

Warum also jetzt das?

Er stand in seiner Clique auf dem Schulhof, versuchte sich an der Unterhaltung zu beteiligen, es ging natürlich wieder um Mädchen, und Henning erzählte gerade von seiner neuen Eroberung, einer Bauerntochter aus Trennewurth. Ilse hieß sie, hatte goldblondes Haar mit einem leichten Stich ins Rot und fünf, nein, sieben Sommersprossen, drei auf der Nase und je zwei auf den Wangenspitzen.

„Und noch mal sieben auf …“

Da kam der Quintaner.

Alexander sah ihn sofort, als er sich von seinen Klassenkameraden löste und quer über den Schulhof auf sie zukam. Wie Gary Cooper in „High Noon“ schritt er über den staubigen Platz, maß die Seiten des Schulhofs mit den Augen ab, sah, so schien es, jede Bewegung.

„Ist hier ein Alexander?“, fragte er, als er die Primaner erreicht hatte, und überreichte ihm einen zusammengefalteten Zettel.

Und schon hatte er sich gedreht und lief zurück, quer über den Hof, ohne sich um die Herumstehenden zu kümmern. Er hatte es plötzlich sehr eilig, zu seinen Klassenkameraden zu kommen.

Als wäre der Zettel völlig unwichtig, knüllte Alexander ihn achtlos zusammen und steckte ihn in seine Hosentasche.

Erst als Alexander nach dem Klingelzeichen auf der Jungentoilette verschwunden war und sich in einer der Kabinen eingeschlossen hatte, zog er den Zettel hervor, strich ihn an der beschmierten Kabinenwand glatt und las ihn.

Er würde morgen um drei Uhr nachmittags erwartet werden, wieder am Fähranleger!

Wie im Paradies

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