Читать книгу Hier kommt der Antipastidepp - Klaus Nüchtern - Страница 11
Es wird zu wenig geohrfeigt
ОглавлениеBevor die Serie „Mehr oder minder unverzichtbares Küchengerät“ aus gegebenem Anlass – 2006: Jahr des Fettpinsels; 2007: Jahr des Pürierstabs – in loser Folge fortgesetzt wird, muss ich noch schnell ein paar Missstände anprangern. Neben den üblichen Neujahrsvorsätzen – nicht zu viel trinken, aber auch auf keinen Fall zu wenig! – habe ich mich zu Jahresbeginn auch anderweitig für eine Neuorientierung entschieden. Die Altersmilde, zu der ich mich in den Jahren 1994 ff. etwas vorzeitig habe hinreißen lassen, hat sich nämlich als Sackgasse erwiesen und zu einer unschönen Symbiose aus verminderter Konfrontationsfreudigkeit meinerseits und zunehmender Unverschämtheit des Rests der Welt geführt. Das muss ein Ende haben! Der Wille ist vorhanden, das Fleisch freilich noch schwach. Radfahren und Schwimmen verlernt man ja angeblich nicht, das Austeilen von Ohrfeigen offenbar schon; und dass zu wenig geohrfeigt wird, steht völlig außer Zweifel. Allein schon die Dreistigkeit, mit der die Menschen die Hilfszeitwörter verwenden! Zum Beispiel vergangenen Sonntag im Kunsthistorischen Museum, wo sich naturgemäß die ignorantesten und verkommensten Naturen versammeln. In der Schlange hinter mir steht eine Pelzmanteltussi, die sich zu erkundigen bemüßigt fühlt, ob ich hier angestellt sei, dann müsse ich nämlich weitergehen. Normal: Ohrfeige! Im Ausstellungssaal dann insinuiert eine „Dame“, ich könne mich doch vielleicht anderswohin stellen, schließlich verfüge ich ja über einen Audioguide (den auszuborgen sie offensichtlich zu doof war), während sie die Informationstafeln lesen müsse. Anstatt sie mit den Worten „Es heißt ,bitte‘, und ,müssen‘ tun Sie allenfalls sterben“ zurechtzuweisen oder gleich mit einer Basispackung Haustetschn auszustatten, tue ich stumm, wie geheißen. Auch am Abend reagiere ich falsch: Weil ein paar amerikanische Collegeboys am Nebentisch im Jazzklub das ganze Konzert durchschwatzen, setze ich mich nach der Pause anderswohin, anstatt die Übeltäter ansatzlos zu plombieren. Solch falsch verstandener Pazifismus bringt uns aber überhaupt nicht weiter. Erziehungsdefizite müssen mit eherner Faust korrigiert werden!