Читать книгу Hier kommt der Antipastidepp - Klaus Nüchtern - Страница 14

Fuck meteorologische Mieselsucht!

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Mein Sommer war schön. Sollte der Sommer, wie der Kurier in seiner Ausgabe vom 14. August behauptet, jetzt vorbei sein, wird mein Sommer dennoch schön gewesen sein. Das Fundament, auf denen die fantasielose Schlagzeile „Das war der Sommer“ ruht, muss als äußerst fragil bezeichnet werden. Laut Hoher Warte (Wer kontrolliert die eigentlich? Die Hohe-Warte-Gläubigkeit grenzt hierzulande ja schon an Massenpsychose!!) hat es heuer in Wien erst zwölf Tage mit mindestens dreißig Grad gegeben. 2003 sollen es vierzig gewesen sein – laut Hoher Warte und Kurier. Jeder Meteorologe, der bei Sinnen ist, wird bestätigen, dass solche Schwankungen völlig im Bereich des Normalen liegen, ja, dass die Sommer bei uns früher generell so ausgesehen haben. Was schreibt der Kurier? „Mieser Juli, mieser August – laut Meteorologen ist der Sommer gelaufen.“ In Portugal brennen die Wälder, auf anderen Erdteilen herrschen Dürre, Hungersnot und fragwürdige Bekleidungssitten, der Kurier aber hat nichts Besseres zu tun, als die Saat der Mieselsucht in die Herzen der Österreicher zu streuen, die dieser achten Todsünde, weiß Gott, nur allzu gerne die Tür öffnen und ein bequemes Bettchen aufschütteln. Der Kurier ist ein malvolentes, meteorologisch miesmacherisches Mainstreamblatt, das sich auf populistische Weise an die hegemoniale Nörgelfreudigkeit der Mehrheit ranschmeißt und dieses fragwürdige Tun dann auch noch hinter „Expertenmeinungen“ verschanzt. Eine Zeitung mit einem minimalen Originalitätsanspruch würde nicht nur die mit „FFW“ gezeichneten Kästchen auf Seite eins umgehend einstellen, sie würde vielleicht auch den Mut aufbringen, das dürre und völlig unspektakuläre Faktum eines kurzen, mit erträglichen Niederschlagsmengen einhergehenden Kälteeinbruchs der Leserschaft mit etwas mehr Pfiff näherzubringen: „Temperaturen sinken, Sexualtrieb taut auf!“ Wär mal was anderes. Auch mit „Endlich: gutes Wetter für dicke Bücher“ hätte man sich auf der Espritskala um ein paar Grad nach oben arbeiten können. Gewerkschaftliche Kampfparolen wie „15 Grad und 35 Stunden sind genug!“ wird sich von einer Kapitalistenzeitung ohnedies niemand erwarten.

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