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Einordnung in ein systemisches Entwicklungsmodell

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Die Sicherung des körperlichen Wohlbefindens – mit anderen Worten der Schutz vor Gefahren –, Anregungen durch Teilhabe an Aktivitäten im Alltag und entwicklungsförderliche Interaktionen in stabilen emotionalen Beziehungen mit den Bezugspersonen sind Voraussetzungen für den Erwerb von kognitiven, sprachlichen, motorischen und sozialen Kompetenzen im Kindesalter. Sie stellen die zentralen Ansatzpunkte für die Frühförderung von Schlüsselkompetenzen dar, die sich bei Kindern mit schwerster Behinderung als Aufmerksamkeit für die Umgebung, Eigeninitiative und soziale Beteiligung beschreiben lassen. Wie gut es Eltern gelingt, die Kinder beim Erwerb dieser Kompetenzen zu unterstützen, hängt von ihrer psychischen Stabilität und ihren sozialen Ressourcen ab ( Abb. 3).


Abb. 3: Entwicklungszusammenhänge bei Kindern mit und ohne Behinderungen (adaptiert nach: Sarimski, 2017)

Ein solches systemisches Verständnis von Entwicklung liegt allen modernen Konzepten familienorientierter Frühförderung zugrunde (Guralnick 2011, 2019; Sarimski, 2017). Motivation zur eigenständigen Auseinandersetzung mit der Umwelt, Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, Kompetenzen zur Selbstregulation und soziale Fähigkeiten können sich danach nur im Kontext sozialer Beziehungen in der Familie und in den sozialen Alltagserfahrungen des Kindes entwickeln. Eltern haben um ein Vielfaches mehr Gelegenheiten, Entwicklungsanregungen zu setzen, als es Fachkräfte in einer Förderstunde oder in einer Kindertagesstätte können. Es ist die Vielfalt von Aktivitäten, die sich zwischen den Förderstunden ergeben – nicht die einzelnen Stunden, in denen die Fachkraft anwesend ist –, in denen Entwicklungsförderung stattfindet.

Die Entwicklungsprozesse werden in diesem Verständnis bestimmt von Anlagen und Dispositionen des Kindes, der Qualität der Eltern-Kind-Interaktionen und den Lerngelegenheiten, die es innerhalb der Familie, in den sozialen Beziehungen zu weiteren Bezugspersonen und später in sozialen Gruppen erhält. Die Qualität der Eltern-Kind-Interaktionen und der Entwicklungsimpulse im Alltag hängen ihrerseits von den persönlichen und sozialen Ressourcen der Eltern ab.

Insbesondere die sensible Reaktionsbereitschaft der Eltern auf kindliche Interaktionsbeiträge und Bedürfnisse erweist sich bei Kindern mit Behinderungen als wesentliche Unterstützung für die Entwicklung (Dyches et al., 2012; Mahoney & Nam, 2011). Eltern können sich jedoch nur dann auf die besonderen Bedürfnisse ihres Kindes einstellen und ihm Anregungen für seine Entwicklung im Alltag bieten, wenn sie sich den Herausforderungen ihrer Lebenssituation gewachsen fühlen. Dies bedeutet, dass elterliche Belastungen, die Sorgen und Nöte der Eltern von den Fachkräften bei der Diagnostik und Planung von Fördermaßnahmen beachtet werden müssen.

Frühförderung bei schwerster Behinderung

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