Читать книгу In dir bin ich stark - Klaus Steinert - Страница 9

Tod oder Leben

Оглавление

Bibeltext der Woche: Psalm 90, 12

Steve Jobs, der Gründer von Apple, hat vor seinem Tod eine vielbeachtete Rede vor Studenten gehalten. Er sagte: »Mir ins Gedächtnis zu rufen, dass ich bald sterbe, ist das wichtigste Hilfsmittel, um weitreichende Entscheidungen zu treffen. Fast alles – alle Erwartungen von außen, jegliche Art von Stolz, alle Angst vor Peinlichkeit oder Versagen – das alles fällt im Angesicht des Todes einfach ab. Nur das, was wirklich zählt, bleibt. Sich daran zu erinnern, dass man eines Tages sterben wird, ist in meinen Augen der beste Weg, um nicht zu denken, man hätte etwas zu verlieren. Man ist bereits nackt. Es gibt keinen Grund, nicht dem Ruf des Herzens zu folgen.«

Ich musste an Steve Jobs denken, als ich einen Pfarrer in ein Hospiz begleitete, eine stationäre Pflegeeinrichtung der Sterbebegleitung. Hier ist alles so ganz anders, als manche vermuten. Hier kannst du lernen, dass Tod und Leben zusammengehören. Der Leiter des Hauses sagt: »Im Hospiz wird gelebt bis zum letzten Moment. Wünsche aufschieben können wir hier nicht.« Das Hospiz ist, so widersinnig das klingen mag, ein Ort des Lebens, mit seinen schönen und mit seinen tragischen und dramatischen Seiten. Die Menschen hier brauchen Unterstützung und medizinische Versorgung. Ihre letzten Monate und Wochen verbringen sie, soweit sie es noch können, selbstbestimmt. Hier wird gelebt. Aber hier ist auch der Tod gegenwärtig. Vieles gelingt noch, vieles aber auch nicht mehr.

In der Küche, bei einer Tasse Kaffee, begegne ich einer älteren Frau. »Wissen Sie, ich habe meinen Mann lange zu Hause gepflegt. Aber es ging nicht mehr. Und wir sind beide froh, dass er jetzt hier ist.«

Sie sitzt mir gegenüber, die ältere Dame, dreht die Kaffeetasse unruhig in der Hand. Sie erinnert sich genau an den letzten Krankenhausaufenthalt ihres Mannes, an den Tag, als der Arzt sagte: »Wir können nichts mehr für Ihren Mann tun.« Sie ist verzweifelt angesichts des nahenden Todes, das spüre ich. Es sei alles so rasend schnell gegangen, erzählt sie weiter. Ihr Mann war bis dahin immer kerngesund. Sie erinnert sich an den Anfang der Krankheit. Erst klagte er über Schmerzen. Dann die Diagnose, Heilungsversuche, nun das Hospiz.

Ja, Leben kann schön sein, kann gelingen bis ins hohe Alter. Aber irgendwann kommt das Ende. Dem können wir nicht ausweichen. Doch als Christ weiß ich: Auch zuletzt besteht Hoffnung. Der Theologe Heinz Zahrnt schreibt: »In dem Augenblick, in dem der Mensch aufhört, sich zu sich und zur Welt verhalten zu können, verhält sich Gott weiterhin zu ihm. Wohin der Tod auch kommt, dort ist immer schon Gott. Und wo Gott ist, herrscht das Leben.«

Wenn ich der Frau vor mir doch etwas von dieser Zuversicht mitgeben könnte. Ich wünsche ihr so sehr, dass sie das glauben kann. Wir stehen auf, ich begleite sie an seine Zimmertür. »Es ist alles so furchtbar!«, schluchzt sie. Da hören wir aus dem Zimmer die Stimme ihres Mannes; sie klingt fest, fast fröhlich: »Nichts ist furchtbar!« Ein Moment, der in seiner Unerwartetheit Mut macht, selbst mitten im Dunkel.

Zurück zu uns. Wie gehen wir nun mit dem Wissen um unseren Tod um? Was können wir heute schon tun, um uns darauf vorzubereiten? Eine amerikanische Krankenschwester in der Palliativmedizin hat notiert, was Menschen im Sterben noch wichtig war. Fünf Wünsche hat sie besonders häufig gehört, für viele waren es leider unerfüllbare Wünsche, zu spät erkannt. Sie nennt sie »unerfüllbare Wünsche an die Vergangenheit«– Wünsche, die für viele von uns aber noch nicht zu spät sind:

1 Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, ein Leben getreu mir selbst zu führen, anstatt eines, das andere von mir erwarteten.

2 Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.

3 Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, meine Gefühle zu zeigen.

4 Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben.

5 Ich wünschte, ich hätte mich glücklicher sein lassen.

»Herr, lehre mich bedenken, dass ich sterben muss, auf dass ich klug werde.«

In dir bin ich stark

Подняться наверх