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a) Behandlungsmisserfolg nicht gleichbedeutend mit Behandlungsfehler

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Nicht schon das Misslingen einer Operation, das Scheitern eines Eingriffs oder ein Operations- bzw. Narkosezwischenfall begründen die strafrechtliche Haftung, vielmehr müssen eine Vielzahl von Voraussetzungen kumulativ zusammenkommen, ehe der Schuldvorwurf zu bejahen ist. Zu Recht hat deshalb schon das Reichsgericht gegenüber der vorschnellen Annahme von Fahrlässigkeit darauf hingewiesen, „dass auch der geschickteste Arzt nicht mit der Sicherheit einer Maschine arbeitet, dass trotz aller Fähigkeit und Sorgfalt des Operateurs ein Griff, ein Schnitt oder Stich misslingen kann, der regelmäßig auch dem betreffenden Arzt selbst gelingt“.[14] Es gibt „eine Grenze der vom Menschen auch beim besten Wollen und Können zu gewährleistenden Sicherheit, vor der auch alle zivilrechtliche Haftung und strafrechtliche Ahndung Halt machen muss,“[15] eine „Grenze der Toleranz gegenüber menschlichem Versagen“, die umso höher liegt, „je größer das Risiko und damit die Gefahr einer Sorgfaltspflichtverletzung ist“.[16]

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Auch der BGH hat wiederholt gegenüber weit verbreiteten gegenteiligen Annahmen hervorgehoben: „Gerade wegen der Eigengesetzlichkeit und weitgehenden Undurchschaubarkeit des lebenden Organismus kann ein Fehlschlag oder Zwischenfall nicht allgemein ein Fehlverhalten oder Verschulden des Arztes indizieren“.[17] „Die Vorgänge im lebenden Organismus lassen sich nicht so sicher beherrschen, dass ein Misserfolg der Behandlung bereits den Schluss auf ein Verschulden zuließe“.[18] „Die Kausalverläufe bei ärztlichen Eingriffen sind, weil ein jeweils anderer Organismus betroffen ist, dessen Zustand und Reaktion nicht sicher berechenbar ist, weder vorausschauend noch rückwirkend eindeutig feststellbar. Misserfolge und Komplikationen im Verlauf einer ärztlichen Behandlung weisen deshalb nicht stets auf ein Fehlverhalten des behandelnden Arztes hin“.[19] „Allein der ausbleibende Heilerfolg“ ist noch kein Indiz für eine fehlerhafte Behandlung und ein ärztliches Verschulden.[20] Die Verwirklichung eines eingriffsspezifischen (methodenimmanenten) Risikos wie die Darmverletzung beim Einstich des Trokars im Rahmen eines laparoskopischen Eingriffs muss deshalb kein Verstoß gegen den gebotenen Sorgfaltsstandard sein.

Arztstrafrecht in der Praxis

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