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8.Tradition und Erinnerung

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Allerdings macht die Eigenart der alttestamentlichen Literatur als Traditionsliteratur es schwierig und bisweilen sogar unmöglich, bestimmte Texte und Textinhalte eindeutig und exklusiv einer bestimmten Zeit zuzuweisen. Viele Texte enthalten und verarbeiten Traditionen und Erinnerungen, die älter als sie selbst sind, aber nicht in schriftlich fixierter Gestalt vorlagen (Krüger 2006; vgl. auch Schmid 2006f). Ihre Verschriftung war dann aber mehr und anderes als die bloße Kodifizierung dieser Traditionen und Erinnerungen. Vielmehr war der Verschriftungsvorgang bereits ein erster Auslegungsvorgang. Umgekehrt werden viele Texte von späteren Nachinterpretationen vorausgesetzt und nach wie vor als gültig angesehen – in Epochen, die zum Teil erheblich später als ihre Entstehungszeit anzusetzen sind. Alttestamentliche Texte können also im Modus der Erinnerung, der Tradition und der Rezeption in unterschiedlichen Zeiten „präsent“ und literaturgeschichtlich relevant sein.

Der Streit zwischen Maximalisten und Minimalisten, zwischen „Früh“- und „Spät“-Datierern wird mitunter unter Ausblendung dieser Differenzierung geführt (Dever 2001; vgl. zum Problem auch Keel 2007, 153–154). Auch für die nachfolgende Darstellung, die aus bestimmten forschungsgeschichtlichen Perspektiven mitunter als „spätdatierend“ erscheinen mag, bleibt mitzubedenken, dass die verarbeiteten Stoffe in der Regel traditionell und älter sein können als die textlichen Fassungen, in die sie nun eingebunden sind. Ausschlaggebend für die Einordnung von bestimmten Texten und Textkomplexen an ihren jeweiligen literaturgeschichtlichen Orten ist ihre mutmaßlich erste, literarische und konzeptionell identifizierbare Fixierung.

Literaturgeschichte des Alten Testaments

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