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Eine Armee für die Götter

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ᚹᚨᛚᚺᚨᛚ

Jahrzehnte waren seit der Vermählung von Jarnsaxa und Thor vergangen. Sie gebar ihm zwei Söhne, Magni und Modi. Sie waren sein ganzer Stolz. Als kleine Säuglinge waren sie schon genauso kräftig wie er als er noch ein kleiner Junge war. Orange schimmerten die Haare auf ihren kleinen Häupten.

Auch Loki hatte zwei Söhne mit seiner Ehefrau Sigyn erhalten, die sie Narfi und Vali nannten. Sie lebten gemeinsam in Thors Palast.

Loki liebte alle seine Kinder. Deshalb beschämte es ihn umso mehr, dass er die Kinder, die er mit Sigyn hatte, am meisten liebte. Narfi und Vali waren keine Monster, sie waren gesunde Asen. Sie waren wahre Götter, wie er es immer sein wollte.

Loki besuchte in diesen Jahren selten seine Kinder in Helheim. Hel war nicht mehr alleine mit Fenrir. Die Menschen, die in Midgard starben, wurden von ihr in Helheim wiederbelebt. Es war Odins Plan, er würde diese Menschen eines Tages gebrauchen.

Odin warf den Mantel um Loki und sie erschienen im nächsten Augenblick in Helheim. Bis auf das Rauschen des Wasserfalls war es ruhig. „Fenrir ist wohl auf der Jagd“, sagte Odin, der das Heulen des Wolfes vermisste. Sie schauten über die Weizenfelder auf den Palast auf dem Hügel. Seit der Ankunft der Menschen in Helheim, hat sich diese Welt verändert. Mit jedem neuen Menschen ähnelte es Midgard mehr. Der größte Unterschied lag in der Kälte der Luft und der geschlossenen Decke. Odin warf seinen Mantel erneut über Loki und sie fanden sich in Hels Empfangssaal wieder.

„Vater!“ rief Hel und ging zu Loki, ihn zu umarmen. Sie war kein Mädchen mehr, aber ebenfalls noch keine ausgewachsene Frau. Ebenfalls ist sie nicht aus ihrer Schüchternheit herausgewachsen. „O–Onkel Odin.“

„Wo ist dein Bruder, Fenrir?“ fragte der Ase.

„Ist Fenri‘ nicht draußen? Er–Er ist so groß geworden, er ist eigentlich kaum zu übersehen. Er wird wohl wieder in Mi–Midgard jagen sein.“

„Ich habe ihm doch gesagt, dass er fern von Midgard bleiben soll“, schimpfte Odin.

„Helheim ist zu…zu klein für ihn. Es gibt nicht genug für ihn zu essen. Er…er tut keinem was in Midgard“, verteidigte das Mädchen ihren Bruder.

Odin atmete aus. „Wir können ihn nicht in Midgard laufen lassen, Loki. Die Menschen werden sich fürchten, er wird ihnen ihre Speisen wegfressen. Er kommt zurück nach Asgard.“

„Nach Asgard?“ fragte Loki verwundert. „Freya wird seinen Kopf haben wollen!“

„Fenrir wird nichts geschehen. Du hast mein Wort.“ Loki willigte nur ungern ein, aber er verstand Odins Sorgen um Midgard und seiner sprießenden Armee.

Sie hatten keine Probleme, Fenrir in Midgard zu finden. Der Wolf war bereits so groß wie eine Scheune für ein dutzend Kühe. Mindestens so viele hatte er auch gefressen. Er leckte gerade das Mark aus den Wirbeln von einem Ochsen; um ihn hunderte zerkaute Knochen. Als Fenrir Odin witterte, heulte er und lief auf ihn zu. Loki streichelte seinen Sohn hinterm Ohr. Odin schrie: „FENRIR!“ Der Wolf kauerte und machte sich so klein wie möglich. „Ich hatte dir gesagt, dich aus Midgard fern zu halten. Und nun finden wir dich hier. Du hast genug für drei Dörfer gefressen! Du enttäuschst mich…“ Der Wolf heulte. „Loki, du kennst den Weg zu Bifröst. Bring deinen Sohn nach Asgard. Und keine Verzögerungen.“ Odin warf sich seinen Mantel um und teleportierte zurück nach Helheim.

„Ha–Habt ihr Fenri‘ gefunden?“ fragte Hel. Sie saß auf einem Wippstuhl und Menschen hielten ihr Schalen mit geschälten Nüssen und Früchten vor.

„Wie groß wird er noch wachsen? Selbst Midgard wird noch zu klein für ihn.“

„Unsere ältere Schwester ist groß…vielleicht wird Fenri‘ auch so groß. Aber…aber ich bin nicht groß…ich werde nicht so groß werden. Ich bin anders als sie…“

„Ja, das bist du“, sagte der Ase und tappte auf ihr verschleiertes Haupt. „Du bist klug und begabt. Du würdest keine Dummheiten anstellen. Du würdest meine Worte immer huldigen.“

„Danke, Onkel Odin. Schau! (Hel zeigte aus dem Fenster) Meine Hildr ist zurück.“ Sie schauten hinaus. Eine Frau mit weißem Haar ritt auf einem geflügelten Pferd durch die Luft, auf dessen Rücken lag ein Mann. Das Pferd landete vor dem Eingang zum Palast Hels. „Hildr, wen hast du heute hergebracht?“ fragte Hel die Frau lächelnd.

Sie nahm den Leichnam des Mannes vom Pferderücken und legte ihn vor Hels Füßen ab. „Herrin, ein einfacher Bauer, der in der Nacht erfror“, sagte sie mit gebeugtem Haupt.

Hel nickte und legte ihre Hände auf die Brust des toten Körpers. „Bitte, darf ich, Herrin?“ fragte Hildr. Lokis Tochter trat beiseite und die Reiterin platzierte ihre Hände wie Hel auf die Brust des Toten. Die Luft wurde noch kälter, doch die Hände der Frau glühten umso wärmer. Die Haut des Leichnams färbte sich von grau nach weiß, dann pink zu hellbraun. Die Augen des Mannes öffneten sich. Er schaute verwirrt auf die Versammelten. „Du bist in Helheim“, sagte Hildr, die ihn zu den Lebenden zurückbrachte. „Erhebe dich und genieße ein neues Leben ohne den Tod.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen und half ihm hoch. Ohne ein Wort zu verlieren ging er hinaus auf die Weizenfelder, wo andere Menschen ihn willkommen heißten.

„Warum kann sie die Toten erwecken, Hel?“ fragte Odin mit einem Ton der Eifersucht.

„Ich–Ich habe sie so erschaffen. Sie ist eine Wa–Walküre. (Hildr neigte respektvoll ihr Haupt) Sie bringt die Gefallenen.“

„Du wirst mehr von ihnen brauchen, Hel. Ich werde mehr von ihnen brauchen. Ich möchte die stärksten und kühnsten Menschen bei mir in Asgard haben. Hildr wird mir Aushelfen. Sie wird die Gefallenen wiederbringen.“

„A–a–a–aber sie ist meine Freu–“

Odin legte tröstend seine Hände auf Hels Schultern. „Hel, erschaffe dir einfach eine neue Hildr.“ Er sah nicht wie Hel hinter dem Schleier vor den Tränen stand. „Ich muss wieder zurück. Wer weiß, was dein Bruder und dein Vater zusammen anrichten vermögen.“

„O–o–“ Doch Odin war bereits mit Hilfe seines Mantels verschwunden.

„Heimdall, lass sie durch!“ befahl der Ase dem Wächter, der den Wolfsvater und seine Brut vor den Toren warten ließ. Kopfschüttelnd öffnete er die Tore nach Asgard. Fenrir quetschte sich durch die riesige Halle Himinbjörgs. Als er die erste Pfote auf Asgard legte, heulte er auf. Er war hier geboren, aber nie hatte er diesen Boden berührt. Der Wolf sprang und freute sich so sehr, dass er Loki von seinem Rücken warf. Er war ihm nicht böse. Im Gegenteil, er freute sich für sein Kind. Sleipnir kam ihnen entgegengerannt, dann hörten sie seine Hufen klappern. Das Pferd wieherte, der Wolf heulte, und dann rannten sie um die Paläste der Götter.

„Was wird Fenrir essen?“ fragte Loki Odin.

„Dasselbe wie wir. Er kriegt täglich eine Beere Iduns. Das sollte reichen“, antwortete der Ase. Loki blickte skeptisch, aber er wagte nicht Widerworte zu geben, nicht nach alldem, was Odin für seine Kinder getan hatte.

Heimdall gesellte sich den Beiden und flüsterte zu Odin: „Kvasir wollte dich sprechen. Er sagte nur, es sei wegen den Wanen.“

Odin erwartete bereits die Reaktion der anderen Götterrasse. „Wenn ihr Tyr seht, sagt ihm, er soll zu mir kommen“, sagte er zu Loki und zum Wächter, bevor er sich in seinen Mantel hüllte und im Thronsaal seines Palastes erschien. Der Vermittler der Götterrassen saß bereits an einem Tisch. Odin setzte sich auf seinen Thron und gestikulierte Kvasir, sich ihm zu nähern.

„Der Asen Armee wächst mit jedem Tag, es scheint ein neuer Krieg ist nah. Allvater, die Wanen haben ein Anliegen: Sie vermuten ihr Asen wollt sie bekriegen.“

„Ein neuer Krieg steht bevor, aber er ist nicht gegen das Wanengeschlecht.“

„Den alten Krieg dieses verlor, doch wer stürzt sich im Neuen ins Gefecht?

„Kvasir, sag den Wanen nur dies: Odin will euch nicht vor Gungnir haben, sondern daneben.“

„Wort für Wort, so soll ich es ihnen übergeben.“ Kvasir verbeugte sich und verließ den Thronsaal.

Nach einer Weile kam Tyr hereingestürmt: „Das Wolfskind ist hier!“

„Und hier wird Fenrir auch bleiben. Deshalb hab ich dich hergerufen. Ich werde den Bau zweier Paläste anordnen und werde mich nicht um ihn kümmern können. Ich vertraue, dass du ein Auge auf ihn hast“, sagte der Einäugige und zeigte auf den leeren Sockel.

Tyr schüttelte den Kopf, sein geflochtener Bart unison dazu. „Warum ich, Allvater? Es ist Lokis Brut!“

„Wenn ich Loki fähig denken würde, seine Kinder in Zaum zu halten, würde ich nicht dich fragen. Tyr, du bist der gerechteste von allen Asen. Fenrir hat keinem Asen Leid angetan–“

„Noch nicht.“

„Unterbrich mich nicht! Er ist ein Wolf, ja, und er wird Dinge tun, die ein Wolf nun mal tut. Aber wir müssen uns nicht fürchten. Er muss uns vertrauen, bring ihn dazu!“

„Ich werde es tun, für dich, Allvater. Aber ich verstehe nicht, warum“, sagte Tyr schulterzuckend.

Was Freund war, wird Feind. „Wir müssen unsere Freunde nahe halten“, und unsere Feinde näher.

Lokis Skepsis war bewährt: Sein Sohn hungerte nicht dank der energiereichen Beeren, die Idun von Yggdrasil pflückte, jedoch sättigten sie seinen Appetit nicht. Oft fand Tyr den Wolf bei den Hirschen pirschen. Tyr übernahm die Fütterung Fenrirs, weil Idun sich fürchtete, dem Wolf auch nur nahe zu kommen.

Odin ließ einen gigantischen Palast am Idafeld neben Gladsheim errichten. Das neue Gebäude war für seine Armee konzipiert worden, für die Menschen. Als die Wanen erfahren hatten, welches Ausmaß der Palast annehmen sollte, fühlten sie sich wieder von den Asen betrogen. Diesmal dachten sie, Kvasir würde sie betrügen. Sie verschonten sein Leben, verbannten ihn aber aus Wanenheim. Um einen Krieg zu vermeiden, erschien Odin persönlich zum Rat der Wanen. Unangekündigt teleportierte er sich inmitten der Ratsversammlung. Die Wanen rissen von ihren Sitzen, einige zeigten auf den Asen, andere riefen zu den Waffen. „RUHE!“ schrie Odin und klopfte Gungnir auf den Boden, sodass der Steinboden knackte. Die Wanen senkten ihre Waffen. „Ich bin in Frieden gekommen. Wir sind verbündet und so wird es weiterhin bleiben. Ihr habt Kvasir zu Unrecht verbannt.“

„Wie wissen wir, dass eure Armee nicht gegen uns ist?“ fragte die Wanin Malinar. Die anderen stimmten ihr zu.

„Euer Geschlecht erhält die Hälfte meiner Armee.“

„Die Hälfte?“ Die Wanen flüsterten untereinander. Odin ging ein Lächeln übers Gesicht.

„Wer ist der Feind?“ fragte Skrokt, als der Rat verstummte. Odin schwieg. „Na los, sag uns, gegen wen wir kämpfen? Die Joten? Muspels Kinder? Nicht doch die Zwerge?“ Odin schwieg weiterhin. „Haben Frey und die Alben dich angegriffen?“

„Ich weiß nicht, wer uns angreifen wird.“

„Du weißt nicht, wer uns angreifen wird?“ wiederholte die Wanin Treyma.

„Nein.“

Die Wanen verblieben einen Moment still, bis sie ihr Lachen nicht mehr verkneifen konnten. „Es gibt keinen Krieg ohne Feind“, unterrichtete Hirdt, „und ohne Krieg ist eine Armee nur ein sinnloser, fauler Haufen.“

„Dann wollt ihr mein Geschenk nicht?“ fragte Odin mit einem festen Halt an Gungnir.

„Doch. Wir wollen die Hälfte deiner Armee, so wie du es vorgeschlagen hast.“

„Ihr Wanen werdet es kriegen. Anführen wird die Armee die mächtigste Person eures Geschlechts.“

„Du gibst die Armee Frey?“ fragte Malinar verwundert.

„Fast“, grinste Odin.

„Njörd?“

„Freya!“ verkündete der Ase, bevor er wieder mit seinem Mantel nach Asgard in seine Schlafkammer verschwand. Er ließ nach seiner Frau rufen.

Als Freya sich ihrer Schlafkammer näherte, hörte sie bereits ihren Mann laut lachen. Sie öffnete die Tür. Odin lag im Bett, zwei Becher voll Met in den Händen. „Komm und setz dich! Wie geht es unseren Kindern?“

Freya nahm einen Becher und setzte sich zu ihrem Mann. Sie schaute skeptisch auf den Met. „Ihnen geht’s gut. Hermod versucht Hödur das Reiten beizubringen. (Sie schüttelte den Kopf) Hätte er wenigstens ein Auge, das Sehen könnte.“

„Was Hödur an Licht fehlt, macht er gut mit seiner Liebe zu den Runen.“ Odin nahm einen tiefen Schluck von Heidruns Eutersaft.

„Odin, du hast mich nicht hergerufen, um über unsere Söhne zu sprechen. Los, sag schon.“ Sie nahm ebenfalls einen tiefen Schluck des süßen Mets.

„Du erhältst die Hälfte meiner Armee (Freya verschluckte sich am Honigwein). Wenn die Walküren uns Krieger herbringen, wirst du die eine Hälfte aussuchen und ich die andere. Du bist eine Wanin: So sollte dein Geschlecht zufrieden gestellt sein und unser Bündnis bleibt weiterhin bestehen.“

„Ist deswegen der Wolf, dieses Monster, hier?“ fragte sie verekelt. „Willst du ihn auch in deiner Armee?“

„Wenn der Tag kommt, werden wir alle Monster sein. Fenrir wird uns zur Seite stehen.“

„Ein Wolf ist nicht zu zähmen!“ erwiderte Freya.

„Erzähl das mal Loki, der mir Freki und Geri schenkte“, sagte er und die zwei genannten Wölfe heulten jenseits der Schlafkammer.

„Dieser Jote bringt dich auf unmögliche Gedanken…“ Freya hob sich vom Bett und schüttete ihren Becher erneut voll. „Du willst alle zu deinen Verbündeten machen. Als nächstes werden wir Freunde mit der Schlange und diesem hässlichen Mädchen.“

„Hel ist ihr Name. Sie ist mit treu und zu klug, um gegen mich zu handeln. Was Jörmungand betrifft…ich fürchte, dass sie uns niemals verzeihen wird.“

Odin gab Freya seinen Becher, den sie ihm auffüllte. Bevor sie ihm den Becher zurückgab, sagte sie: „Der Palast ist für deine Armee, nicht? Ich will auch einen. Für meine Hälfte.“ Er nickte und erhielt dann seinen Becher.

Freya ging zur Tür. „Warte! Wie wäre es mit noch einem Sohn?“ fragte Odin mit einem Schmunzeln.

Sie schaute ihn an, von seinen goldenen Haaren hinab zu seinen enthüllten Lenden. „Du hast mir heute mehr als einen Sohn gegeben, Gott der Götter.“

Ragnarök

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